1. Quartalsbericht

Buenos días,

für alle an meinem Freiwilligendienst in Argentinien Interessierten möchte ich gerne meine Erlebnisse aus diesem Land schildern. Ich arbeite hier in der 300.000 Einwohner Stadt Paraná knapp ein Jahr lang im Kindergarten Yardin Caminito.

Der Weg aus Hamburg hierher startete für mich am 13 Oktober: Über Amsterdam flog ich innerhalb von 14 Stunden auf die andere Seite der Welt. Ich finde das trotz 2019 doch beeindruckend. Am Flughafen in Buenos Aires bin ich von der Freiwilligen Referentin Theresar in Empfang genommen worden, eine Exfreiwillige aus bei Nürnberg die nach Argentinien zurückgekehrt ist und jetzt bei der örtlichen evangelischen Kirche IERP arbeitet. Dort habe ich erst zwei Nächte geschlafen um noch einige Infos zu erhalten bevor ich meinen neuen Alltag antreten sollte. Ich bekam so auch die Möglichkeit einen kleinen Teil von der riesigen Stadt Buenos Aires zu sehen, mit weiteren Freiwilligen (ua. auch Jenny), Leuten von der IERP und zwei Pastoren aus Halle. Buenos Aires: Hohe Häuser, Avocado Bäume, kreative Ansätze beim Verhalten im Straßenverkehr, Menschen, Hunde, allesamt im Fußballtrikot, Autos, Autos und Sonne. Ich will auf jeden Fall noch einmal mit mehr Zeit und Füßen (Flugzeug nix Beinfreiheit) Buenos Aires etwas besser kennenlernen.

Schließlich nach Parana fuhr ich mit dem Bus, in Argentinien gibt es kein Bahnstreckennetz. Ich hatte einen der obigen Plätze ganz vorne und somit die kommenden sieben Stunden argentinisches Panorama. Es zeigte weites flaches Land mit grünen Wiesen, Kühen und Pferden, am Rand immer wieder elende Hütten neben gigantischen Werbetafeln und vor allem ohne Ende Müll. Als ich ankam wurde ich bereits von meinem Mentor Juan und noch zwei Freunden erwartet. Er hat 2016 einen Freiwilligendienst in Mühlhausen gemacht und sich seitdem dafür engagiert, die Stelle in seiner Stadt nach 15 Jahren wieder besetzen zu lassen. Dass er Deutsch spricht erleichterte es mir sehr hier anzukommen, mein Spanisch war noch nicht. Mit seinem Auto konnten wir gleich zum Yardin fahren.

Hier wohne ich jetzt seit 3 Monaten in einem der 10 Zimmer die über dem Kindergarten vermietet werden, mit eigenem Badezimmer, Gasherd und Kühlschrank. Meine Nachbarschaft besteht aus jungen Lehrern, Pärchen und Studenten. Von allen wurde ich sehr nett aufgenommen und konnte mit 3 Studentinnen auch leicht weitere Kontakte in Paraná knüpfen. Man ist in Argentinien allgemein schnell amigo o amiga. An der Stadt selbst wirklich schön sind beispielsweise die Plazas mit Springbrunnen unter Palmen, die vielen Sportplätze, der Rio Paraná oder auch die riesige Kathedrale. Paraná ist als Hauptstadt der Provinz Entre Rios der Standort vieler Universitäten und hat so ein sehr junges, alternatives und belebtes Stadtbild. Luft, Häuser und Straßen gehören hingegen zu den weniger schönen Dingen die mir hier begegnen. Hinzu kommt immer und überall der Müll, auf den Straßen, den Grünflächen, in den Flüssen wie angelegte Staudämme. Bei Bier und Pizza, hier gibt es viel Pizza, lernte ich abends noch Juan’s Mutter und meine neue Chefin Mirta kennen, eine etwas schroffe aber herzliche und witzige Señora. Mirta hat wolgadeutsche Vorfahren, Argentinien ist stark von früherer Einwanderung aus Europa geprägt, und da sie zur älteren Generation gehört spricht sie noch etwas Deutsch, wie auch Juans Mutter, das alles damals sehr zu meinem Glück.

Mein erster Arbeitstag begann am nächsten Morgen um 7:30 Uhr. Je nach nach Wetterlage kommen bis zu 40/50 Kinder von 0 bis 5 Jahren hier in den Kindergarten. Zu meinen Hauptaufgaben, dem Beaufsichtigen und Bespaßen der Kinder, kommt auch noch ganz Allgemeines. Abwaschen, Müll und hausmeisterliche Tätigkeiten, wie Reinigung der Abflussrohre oder die Reparatur von Kapputtgespieltem. Neben Mirta habe ich noch 6 weitere Kolleginnen: Vier Maestras, eine Köchin und eine für den Kampf gegen die Kleinkind Hinterlassenschaften auf Böden, Wänden und in Bädern. Die Letztere ist weit aus über zehn Jahre hier und damit „die Neue“ der Gruppe, zum Teil sind die anderen schon seit über 30 Jahren ein eingespieltes Team. Entsprechend routiniert ist der Ablauf des Tages: Fernsehen, 9 Uhr Frühstück mit Keksen, Saft und Joghurt, Spielen, Hände waschen, 11 Uhr warmes Mittagessen plus Nachtisch, Spielen und Fernsehen. Vor dem Essen wird gebetet, an manchen Tagen außerdem nach dem Frühstück die argentinische Flagge von einem der Kinder gehisst und dazu gesungen. Zum Spielen werden manchmal Sachen wie Knete oder Bauklötze rausgegeben. Meist sind die Kinder aber sich selbst überlassen, im Voraus geplantes Programm seitens der Maestras gibt es leider nicht. Schade ist auch, dass man relativ wenig in Kontakt mit den Eltern kommt, da die Kinder stets nur schnell an der Tür, welche ich nicht öffnen darf, abgegeben werden, die danach sofort wieder verriegelt wird. Sich von außen in diese über so viele Jahre gewachsenen Strukturen einzufügen fällt nicht immer leicht, auch deswegen weil es kein großes Bedürfnis nach Abwechslungen zu geben scheint. So sind wir in den Garten vor dem Yardin, mit den Wippen und Schaukeln, seit ich hier bin noch nicht einmal gegangen, sondern nur in den betonen Innenhof, den sich der Kindergarten mit der IERP Kirche nebenan teilt. Auf Fragen meinerseits dazu,und  auch bei anderen Themen wie Ernährung, Medienkonsum oder Konfliktlösung, folgt dann ein höfliches „Si Si“, oder Erklärungen die ich nicht aufgrund meiner bescheidenen Spanisch Kenntnisse nicht verstehe. Persönlich komme ich aber gut mit meinen Kolleginnen klar und auf diese Weise habe ich auch Connections zu den besten Fünfzigsten Partys in Paraná.

Ich hoffe bis hierhin konnte ich einen ersten Überblick von meinen neuen Lebensumständen vermitteln. Nähere Auseinandersetzung mit den schon angeschnittenen Themen und meine Erlebnisse hier will ich gerne in den folgenden Texten teilen.

Wer will, gerne bis dahin. Chau!

 

Comments:

Lena Peerebooms
22.08.2019

Hallo Felix, ich habe deinen Blog gelesen und frage mich, ob du immer noch in dem Kindergarten arbeitest. Ich und ein anderer Mitfreiwilliger werden ab Montag auch in diesem Projekt arbeiten. Zurzeit leben wir in Buenos Aires und haben ein Seminar in der IERP. Wir freuen uns auf deine Antwort. Liebe Grüße, Jakob und Lena

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