2 Monate in Argentinien

Seit zwei Monaten lebe ich nun Argentinien. Im Folgenden werde ich genauer auf Veränderungen, Neuigkeiten und Gemeinsamkeiten zu meinem ersten Bericht eingehen.

Zuerst einmal: Vieles hat sich nicht geändert. Meine Arbeitszeiten sind gleichgeblieben, immer noch wünsche ich mir jeden Morgen, der Kindergarten möge doch erst ein oder zwei Stunden später öffnen, damit ich noch etwas schlafen kann. Meine Aufgaben sind auch gleich, oder eher ähnlich, denn in Argentinien hat der Frühling angefangen, weshalb es nun öfter regnet. Das bedeutet, wie im letzten Bericht angedeutet, dass nur ein Bruchteil der Kinder im Kindergarten erscheint. Der Hintergrund ist, dass viele der Eltern kein Auto besitzen, wodurch sie den Weg bei schlechtem Wetter nicht auf sich nehmen können/ wollen. Nur die Kinder, deren Eltern arbeitstätig sind, kommen jeden Tag. Durch die verdünnte Anzahl Kinder werden auch die Aufgaben weniger, und ich fühle mich, als hätte ich auch gut zu Hause bleiben können. Oftmals sitze ich nur daneben, wenn die wenigen Kinder in ihren Gruppen spielen. Mit hervorkommender Sonne kommen dann aber auch wieder die Kinder in den Kindergarten, und es gibt wieder mehr zu tun.

Der Frühling hat aber auch etwas Gutes, denn ich durfte einen Garten im Innenhof anlegen, in dem Gemüse für den Kindergarten wachsen soll. Dafür musste ich zuerst die alte Sandkiste von sämtlichem Unkraut befreien, was sich, auf Grund der langen Zeit, in der die Sandkiste nicht in Benutzung war, zu einem Kraftakt entwickelte. War das geschafft, wurde der Boden mit Planen ausgelegt und eine Art Dach aus Netz zum Schutz vor mutwillig zerstörenden Katzen gespannt. Die Erde wurde aber nicht wie erwartet einfach auf die Planen geschüttet und eventuell mit Steinen oder Holz zu kleinen Beeten geformt. Diese Aufgabe erledigen alte Autoreifen. Der Anblick war für mich erst noch etwas gewöhnungsbedürftig. 

Außerdem wurde ein Frühlingsfest gefeiert, wozu Lena und ich Blumen und Tiere aus Pappe bastelten. Zum Fest kamen dann fast alle Kinder verkleidet und für die Erzieherinnen und uns Freiwillige lustige Hüte, es wurde getanzt und gespielt und zum Mittagessen gab es eine Auswahl aus herzhaften Dingen wie Pizza oder Blätterteigkreationen und salzigen und süßen Snacks, die die Kinder von zu Hause mitbrachten.  

Außerhalb des Kindergartens ging das Leben natürlich auch weiter. So besuchten wir manchmal mit und manchmal ohne argentinische Hilfe das Zentrum Paranas. Beispielsweise wird hier in der Woche vor dem Kolumbus Tag ein Tag zur Erinnerung an die vielen Verbrechen der „Entdecker“ an die indigenen Völker gefeiert. Dazu gab es eine Feria (Markt), organisiert von Studenten, eine Parade aus Musik und Tanz eben dieser Völker, und Veranstaltungen zur Aufklärung des Geschehenen. All dies war sehr eindrucksvoll und hat zum Nachdenken angeregt, dass tatsächlich immer noch einen Tag gibt, der die Entdeckung und Eroberung Südamerikas feiern soll. Fairerweise muss ich hinzufügen, dass dieser Tag in Argentinien seit 2010 „Tag des Respekts vor der kulturellen Diversität“ heißt und auch in den meisten anderen Ländern Latinoamerikas umbenannt wurde.

Die Veranstaltung bot auch Raum für politische Statements. Kaum zu übersehen war die Vielzahl von grünen und orangenen Tüchern an den Ständen und den Menschen, die für die Legalisierung der Abtreibung aufmerksam machen (grüne Tücher) und sich für die Idee der Trennung von Kirche und Staat im Parlament stark machen sollen (orangene Tücher). Leider erfuhr ich aber zu wenig zu dem letzteren Thema, als eine eigene Meinung bilden zu können, was schade war. Der Legalisierung der Abtreibung stehe ich positiv gegenüber, ehrlich gesagt ist es eine ziemliche Umgewöhnung für mich, dass Argentinien ein überaus katholisch geprägtes Land ist. Man hat uns bereits komisch angeschaut, als erfahren wurde, dass wir mit der protestantischen Kirche hier in Argentinien sind.

Den Kolumbus Tag, oder Tag des Respekts vor der kulturellen Diversität, konnte ich leider nicht miterleben, da ich das erste Mal etwas gereist bin. Ich habe ein Wochenende lang andere Freiwillige in der Hauptstadt der Provinz Cordoba, Cordoba Capital, besucht. Diese Erfahrung war schön und auch neu für mich, da ich nun das erste Mal allein in Argentinien unterwegs war. Ich bin am Freitag nach dem Kindergarten in einen Reisebus gestiegen und sechs Stunden nach Cordoba gefahren, was viel klingen mag, aber für argentinische Verhältnisse recht wenig ist. Die Stadt war sehr schön, und als zweitgrößte Stadt Argentiniens auch erheblich größer als Parana. Durch eine Stadtrundfahrt und einige Besichtigungen von Kirchtürmen glaube ich aber, wenigstens das Zentrum gut erkundet zu haben. Außerhalb Cordobas habe ich La Cumbre besichtigt, wo eine Rio-ähnliche Jesusstatue steht, die zwar viel kleiner als das brasilianische Vorbild, aber doch sehr eindrucksvoll ist.

Dieses Erlebnis hat den zweiten Monat in Argentinien beendet und bildet auch nun den Schluss für meinen zweiten Bericht. Ich hoffe, auch er konnte darüber berichten, wie ich hier lebe und was ich erlebe. In einem Monat, wenn der nächste Bericht fällig wird, ist schon fast Weihnachten; ich bin bereits gespannt darauf, wie ich es verbringen werde. Vielleicht bietet es ja ein bisschen Motivation für die Regentage, die aber auf jeden Fall auch daher kommt, die kleinen Kinder größer werden zu sehen – sehr beeindruckend! 

Bis zum nächsten Bericht, Jakob

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