Felix Rohkämper – Der letzte Blogeintrag

Auszug aus: Felix in Südafrika – Eine Zusammenfassung von Blogeinträgen aus dem Freiwilligendienst
Für mehr Geschichten, lest weiter auf: https://www.tumblr.com/blog/flix-r135

Der letzte Blogeintrag

Wie wahrscheinlich einige von euch es schon geahnt haben, bin ich mittlerweile seit einer Woche zurück in Deutschland. Verständlicherweise ploppen da ganz viele Fragen in einem Kopf auf, daher werde ich alles ruhig nach einander beantworten…

Es war der 15.03., an dem ich meine Freundin nach einem wunderschönen zweiwöchigen Urlaub durch Südafrika schweren Herzens zum Flughafen brachte. Es war eine so tolle Zeit und nun sollte ich sie 4 ½ Monate nicht sehen… Dies schein fast unfassbar und so rollte im Endeffekt das ein oder andere Tränchen, als wir verabschiedeten. Die News über das Corona-infizierte Deutschland konnten wir selbst während unseres Urlaubes nicht übersehen oder ausschalten, sodass ich doch sehr gut informiert war über diese doch große Krise. Sei es die Tagesschau-App, Freunde oder Verwandte, irgendwie wusste man stets Bescheid. Am nächsten Morgen saß ich in alter Frische wieder in unserem geräumigen Nissan mit den anderen drei Freiwilligen und wir sprachen über das Coronavirus. „Wusstet ihr schon über Italien Bescheid? Vielleicht müssen wir sogar früher nach Hause?! Ich will aber doch noch nicht gehen. Ach, das wird doch nicht so schlimm“ und vieles mehr wurde auf dieser Autofahrt gesagt. Ich kann mich sogar noch an meine Worte erinnern, dass wir Freiwillige sowieso keine Chance hätten, wenn Deutschland ähnlich wie Kanada etc. die Grenzen schießen würde. Mit einem etwas durchmischten Gefühl, dem Unwissen über unsere Zukunft ging es dann also zurück zur NWF, in der ich meine Arbeitskollegen über zwei Wochen nun nicht mehr gesehen hatte. Was ein schöner Tag, bis wir ein Meeting mit allen Mitgliedern der NWF hatten. Es ging über alles Mögliche, ich hörte zu Beginn mit Spannung zu, bis Ema zu mir rüberkam, mir ihr Handy in die Hand drückte und ich las: „Alle Freiwilligen werden so schnell wie möglich zurück nach Deutschland geholt…“ oder so ähnlich. Mein Herz stockte. Die Blase des Wohlfühlens, in der ich mich zuvor nach befand, platzte. Es fühlte sich alles kalt an, der Raum wurde um mich herum still, ich konnte es einfach nicht fassen. Durch meine Sitznachbarin wurde ich wieder zurück in die Realität geholt, ich ging aus dem Raum heraus und ließ alles erst einmal sacken. Und an dieser Entscheidung, die in dieser Sekunde meine ganze Zukunft veränderte, änderte sich nichts mehr. Meine Chefin versuchte Kontakt mit meiner Entsendeorganisation aufzunehmen, wir telefonierten und schluchzten doch nichts ließ sich machen. Gleich am Nachmittag wurde uns sogar das Abflugdatum mitgeteilt: Samstag, 0:30 Uhr sollte es für mich zurück nach Deutschland gehen. Aber was ist dieses Corona-versiffte Deutschland überhaupt? Möchte ich dahin? Nein, will ich eigentlich nicht, zumindest nicht jetzt… Die Menschen, Kultur, Freude, an die man sich in den vergangenen acht Monaten angepasst hat, sollte nun das Alles auf einen Schlag weg sein? Die traurige Antwort war: „Ja“.

Also was habe ich gemacht, wissend, dass ich noch 5 Tage in diesem wunderschönen Land bleiben würde… feiern? Besaufen? Alles machen, was ich nicht zuvor gemacht habe? Die Antwort sieht leider nicht so spannend aus… Ich habe die letzten Male den wunderschönen Ausblick von unserem Balkon genossen, Touristengeschenke für Familie und Freunde zu kaufen, alles mitzunehmen, was ich noch unbedingt aus Südafrika brauchte, Tschüss zu all den wichtigen Menschen zu sagen, denen man nicht in der NWF über den Weg laufen würde, die Meeresluft am Strand zu inhalieren und alleine „Totsiens“ zu Kapstadt zu sagen. Auch in der NWF gab es noch eine kurzfriste Abschlussfeier (wirklich zauberhaft, mit Reden, Musik und traditionellem Essen), genauso wie mit den Kindern. Ich kann euch sagen, dass einer der schwierigsten Momente darin lag, den Jungs und Mädels, die man zwei Wochen nicht gesehen hatte und die sich nun riesig auf einen gefreut hatten, sagen zu müssen, dass dies nun die letzte Woche von mir wäre. Einfach nur herzzerbrechend… Schneller als geahnt und gewollt kam es dann also zum Freitag, an dem ich mich zum Flughafen aufmachen würde. Alles ging so schnell und dann saß ich auch schon im ersten Flieger nach Amsterdam, unwissend, wie ich mich jetzt gerade fühlen sollte. Mein Flug vor dort nach Düsseldorf ging dann leider erst 9h später, doch kam ich dann spät abends gesund in Düsseldorf an. Und wow, es ist alles viel zu normal…

Aber erstmal die Frage, wieso musste ich jetzt eigentlich zurück?

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, welches auch „weltwärts“ gegründet hat, entschloss sich dazu, alle Freiwilligen zurückzuholen. 1.) Die exponentielle Ausbreitung von Corona wird unkontrolliert in vielen ärmeren Ländern fortfahren und man kann so den guten Gesundheitsstatus der Freiwilligen nicht garantieren. 2.) Wir haben alle Visa, die nur bis zu einem bestimmten Tag gültig sind, sodass wir dann als illegale Zivilisten in Südafrika gefangen wären. (oder so ähnlich…)

Es war absehbar, aber warum so früh? Einfach nur unfair… und somit kommen wir zur letzten großen Frage, die sich viele von euch gestellt haben/ haben werden. Felix, wie geht es dir?

So einfach und gewöhnlich die Frage normalerweise ist, so schwierig ist es auch momentan diese zu beantworten. Auf der einen Seite bin ich natürlich glücklich ich bin zurück bei meinen Eltern, bei meiner Freundin und meinen guten, alten Freunden. Obwohl dieses Deutschland mit Corona etwas verlassen und kaltherzig scheint, so ist es doch auch meine Heimat und ein Platz an dem ich mich wohlfühle. Vor allem aufgrund der nun in Südafrika umgesetzten Ausgangssperre, die nun drei Wochen andauert, bin ich sehr glücklich, die Zeit in Deutschland und nicht in Südafrika abzusitzen.

Auf der anderen Seite bin ich unfassbar traurig. Ich wurde innerhalb von 5 Tagen aus dem mir bekannten Leben herausgerissen. Ich konnte nicht angemessen „Tschüss“ sagen, hatte kaum Zeit emotional die ganze Situation zu erfassen. Kinder, mit denen ich tagtäglich zu schaffen hatte, sollten nun einfach aus meinem Leben verbannt werden. Das alles erstmal zu verstehen, war wirklich nicht einfach und ich brauchte dafür meine Zeit. Wieso musste all dies genau in diesem Jahr passieren…

So ärgerlich das Ganze jetzt auch ist, ich bin so unfassbar froh dieses Jahr angetreten zu haben. Ich bin mir sicher, dass ich in keiner Universität der Welt so viel über das Leben hätte lernen können wie in diesen acht Monaten. Ich bin einfach nur dankbar für diese Möglichkeit, für die vielen tollen Menschen, die ich kennengelernt habe und für die Erfahrungen und Fehler, die ich gemacht habe. Danke, Südafrika, NWF, WG-Mitbewohner und so viele mehr. Südafrika hat mir echt die Augen geöffnet. DANKE!

Ich verabschiede mich hiermit auch von euch, ihr, die immer gerne diesen Blog gelesen habt. Vielen Dank für euren positiven Support, die Anreicherungen und die Fürsorglichkeit. Es war mir zwar nicht immer die größte Freude, diesen Blog zu schreiben, doch bin ich nun sehr froh, dies über die letzten 8 Monate getan zu haben.

Vielen Dank für ein viel zu kurzes Jahr!

Liebe Grüße,

Felix aus Deutschland

4ter Quartalsbericht

„Und, wie fühlt es sich an jetzt wieder „nachhause“ fahren zu müssen?“
Diese frage wurde meinen Mitbewohnern und mir nun oft, und in vielen verschiedenen Varianten, gestellt. Meine Standardantwort ist: „Naja, ich hatte ja jetzt ein Jahr lang Zeit mich darauf vorzubereiten, die Info kam also nicht überraschend.“ Tatsächlich sind meine Gefühle gegenüber der Rückreise sehr ausgeglichen. Auf der einen Seite bin ich sehr traurig mein Projekt und die vielen Menschen, mit denen ich eine Bindung aufgebaut habe, auf einen zunächst unbekannten Zeitraum, zurück zu lassen. Andererseits freue ich mich sehr auf all die alten Gesichter, Freunde und Familie. Zu dem kann ich kaum erwarten meinen nächsten Lebensabschnitt zu beginnen, der mit dem Start meiner Ausbildung zum Tischler anfängt. Also gespaltene Gefühle über den Abschied und das Hallo. Vorerst freue ich mich auf den Flug. 🙂

Vulingqondo

Dem berühmtesten Mann Südafrikas zu Ehren, findet jährlich an seinem Geburtstag, dem 18. Juli, der internationale Mandela-Day statt. 67 Jahre seines Lebens hat Nelson Mandela den Zielen einer humanen, gerechten und freien Gesellschaft in Südafrika gewidmet. Um dies zu würdigen werden alle Menschen dazu aufrufen 67 Minuten eben diesen Zielen nachzueifern. Also entstehen im Zusammenhang des Mandela-Days viele Wohltätigkeitsprojekte, von denen unteranderem Einrichtungen wie die Vulingqondo-Preschool profitieren.

Zwei Firmen haben eine Spendenaktion für uns gestartet. Froggys, ein Schuhhersteller und Nando’s, eine Fastfoodkette aus Südafrika waren beide für jeweils einen Vormittag zu besuch und haben für die Kinder einen Fun-Day veranstaltet. Es gab viele kleine Spiele, Lieder und Spaß. Beide Firmen haben auch das Mittagessen für den Tag vorbereitet, den Kindern haben die Chicken-Streifen mit Pommes von Nando’s am Besten gefallen. Abschließend hat jedes der Kinder ein Geschenk erhalten. Freudestrahlend haben sie die neuen Rucksäcke, Malhefte, Brotdosen und vor allem unzählige Süßigkeiten entgegengenommen.

Aus meiner Perspektive waren diese beiden Tage eine hervorragende Abwechslung für die Kinder zum Alltag. Sie haben den ganzen Tag glücklich getobt und die

Aufmerksamkeit von so vielen Menschen genossen. Schade finde ich, dass für eine gute Tat so unglaublich viel Müll entstanden ist. Jedes Essen war einzeln verpackt. Das meiste Plastik ist bei uns im Projekt bereits in den Mülleimer gewandert. Diese n Verpackungsanteil hätte man sich also sparen können. Ich bin allerdings persönlich bereit hier ein Auge zu zudrücken, da der Soziale Gedanke im Mittelpunkt steht. Ich würde mir allerdings wünschen, dass auch der Umweltaspekt im Zuge solcher „Wohltätigkeitstage“ in Zukunft zusätzlich Thematisiert wird um ein generelles Bewusstsein zu erschaffen.

Weitere Unterstützung von außen haben wir innerhalb der letzten Monate vor allem von Studenten erhalten. Zu dieser Zeit des Jahres müssen studierende im Bereich Erziehung ihre „practicals“ machen, also praktische Erfahrungen sammeln. Ihre Aufgabe ist es in Kleingruppen für einen Tag in einem Kindergarten oder einer Vorschule freiwillige Arbeit zu leisten. Da sich eine kleine Universität in unmittelbarer Nähe zur Vulingqondo-Preschool befindet, kamen in letzter sehr viele helfende Hände zu uns.

Neben dem Schnuppern im Unterricht haben mir einige der Studentengruppen beim Umzug eines Klassenraumes geholfen. Kommende Wochen sollen die Bauarbeiten beginnen. Für den neuen Klassenraum werden Fenster, sowie ein WC und Waschbecken neu gebaut. Zusätzlich erhält das Büro Fenster und ein Waschbecken, damit dieser Raum in Zukunft auch als „Krankenzimmer“ genutzt werden kann. All diese Um- und Neubauten sind notwendig um die Schule anders Registrieren zu können, damit das Vulingqondoprojekt staatlich finanzielle Unterstützung erhalten kann. Hoffentlich gehen die Umbauten, sowie die Registrierung schnell von der Bühne. Das würde den Fortbestand dieses Projektes für einen deutlich längeren Zeitraum versichern, da es bis heute nur durch einen kleinen Teil Schulgebühren und hauptsächlich Spendengeldern aufrecht erhalten wird.

Yvonne, eine meiner Kolleginnen ist zwei Tage vor meinem Abschied aus dem Mutterschutz zurückgekommen. Ich bin sehr froh, dass sich unsere Arbeitszeit zum Ende nochmal kurz überschnitten hat, so konnte ich mich von allen Menschen in meinem Projekt gut und persönlich Verabschieden. Meinen Abschied haben wir mit allen Kollegen und dem Management mit einem langen Mittagessen gefeiert. Unser Hausmeister Rafael hat letztes Jahr noch in einem großen Restaurant Durban gearbeitet. Das haben wir uns zu Nutze gemacht und uns von ihm bekochen lassen. Zur großen Freude einzelner gab es zur Abwechslung nicht Hühnchen, Kürbis, Spinat und Chakalaka sondern selbstgemachte Pizza.

Zm Abschied habe ich allen ein Gruppenfoto von uns geschenkt und hatte einen guten Rahmen mich angemessen zu bedenken und verabschieden, da alle anwesend waren. Ein paar tränen der Rührung sind geflossen. Eines Tages komme ich aber zurück. Ich bin gespannt wen ich dann alles an der Vulingqondo-Preschool antreffen werde und wie sie sich verändert hat.

Freizeit

In Durban wurden in den letzten Monaten einige open air Festivals veranstaltet. Viele südafrikanische Künstler konnten wir so noch einmal live erleben. Das hat mir sehr viel bedeutet, weil wir in diesem Jahr sehr in die lokale Musik eingetaucht sind. Unter den Künstlern waren beispielsweise Nasty C und Busiswa.

Wie in den vorherigen Berichten erwähnt, haben mein Mitbewohner Nils und ich das Jahr über MMA1 trainiert. Für uns gab es die Option an einem Kampf teilzunehmen. Anders als ich hat Nils diese Möglichkeit wahrgenommen. Eine gute Chance das Trainingsjahr abzurunden. Ich habe mitgefiebert als stünde ich selbst im Ring. Für Amateurkämpfe war unser Gym gut besucht und es herrschte eine fröhliche und lebhafte Stimmung. Meine sportliche Aktivität hat in den letzten Monaten wegen kleiner Reisen im nordöstlichem Teil Südafrikas nachgelassen. Deshalb habe ich auch an diesem Kampf nicht teilgenommen.

Recht spontan hatte ich besuch von meinen Eltern und meinem älterem Bruder. Ich habe mich gefreut ihnen Durban und mein Projekt zeigen zu können. Jetzt ist es für sie einfacher sich unter meinen Erzählungen etwas vorzustellen. Gemeinsam mit meiner Familie bin ich durch die Provinzen Limpopo, Mpumalanga und Kwazulu- Natal gereist. Dabei hatte ich das erste mal in meinem Leben die Möglichkeit viele der afrikanischen Tiere in freier Wildbahn zu erleben. Wir haben ein paar Tage im Krüger Nationalpark verbracht und sind durch das Hluhluwe Game Reserve gefahren. Bis auf den Leoparden habe ich alle der „Big 5“ zu Gesicht bekommen. Mein Highlight war ein Nashorn-Junges mit seiner Mutter.

Um uns (Meine Mitbewohner und ich) von jedem unserer Freunde gut verabschieden zu können haben wir uns, anstatt einer großen Abschiedsfeier, mit jedem einzeln getroffen und noch ein letztes mal gemeinsam etwas unternommen. So hatten wir unteranderem die Möglichkeit abschließend ein sehr köstliches, hausgemachtes, indisches Curry zu essen, ein gemütliches Lagerfeuer am Strand zu machen, ein letztes mal ins Gym zu fahren und das noch nicht eröffnete Restaurant eines Freundes zu bewundern. Auch an allen Orten die mir wichtig geworden sind war ich dadurch ein letztes mal. Vom Strand und dem warmen indischen Ozean trenne ich mich fast so ungerne wie von meinen Freunden, Kollegen und vor allem den Kindern im Projekt. Ich bin aber hauptsächlich froh und dankbar, dies alles erlebt haben zu dürfen und so viele liebenswerte Menschen getroffen zu haben. Danke an alle Unterstützer, meinen Förderkreis, der dies ermöglicht hat und vor allem dem ZMÖ, das mich wunderbar auf dieses Jahr vorbereitet hat.

1 Mixed martial arts

Capetown at its best

„Goie middag, how gaan dit met jou?, Waat bedeken dit?“ Für mich einst unverständlich Sätze sind für mich hier in Kapstadt zum Grundvokabular geworden. Ohne Kommunikation kommt man halt in einem fremden Land nicht weit, daher sind Johann (mein Mitbewohner) und ich stets bemüht neue Wörter auf der Landessprache „Afrikaans“ aufzufassen. Abhängig von der Tageszeit grüßt man die vorbeigehenden Personen mit „Goie more, middag, oder nag“ und sollte man auf den kurzen, oft erwünschten Small Talk eingehen, so fragt man mit der Frage „how gaan dit met jou?“ nach dem Wohlergehen. Sollten wir beiden Sprachenkünstler aus unverständlichen Gründen eines der uns genannten Wörter nicht verstehen, so wechselt man entweder kurz ins Englische oder fragt „Wat bedeken dit?“, um das Fremdvokabular zu erfragen. Natürlich will ich euch nicht mit Afrikaansphrasen voll quatschen, daher beginnen wir mal mit dem Wesentlichen, meiner ersten Woche in Muizenberg und in der New World Foundation in Lavender Hill.

Muizenberg by night

Fußball, Fußball, Fußball. Glücklicherweise bin ich seit meinem 6. Lebensjahr im Fußballverein gewesen und habe in elf Jahren Fußballtraining vieles mitgenommen. Als ich nämlich das erste Mal in unser kleines „Office“ in der NWF (New World Foundation) kam, wurde ich direkt nach meinem Lieblingsfußballverein ausgefragt und keine halbe Stunde später ging es mit den Local volunteers (Freiwillige aus dem Township Lavender Hill, die zusätzliche Arbeitsqualifikationen brauchen, um sich für Jobs zu bewerben) auf den kleinen Indoor-Fußballplatz und wurde zu sechst erstmal eine Runde gekickt. Und eines kann ich sagen, die Südafrikaner sind keinesfalls untalentiert, zwar eher im offensiven qualifiziert, trotzdem macht es einen Riesenspaß mit ihnen Fußball zu spielen. Auch die kleinen Jungs und Mädels sind absolut fasziniert für den Sport, daher stelle ich mich schonmal darauf ein, in den nächsten Monaten eine Fußball-AG aufzumachen.

Aber was ist denn überhaupt die New World Foundation?

Die New World Foundation ist eine Organisation im Herzen des Townships (Slums) Lavender Hill. In diesem leben viele Menschen, die tagtäglich mit der absoluten Armut konfrontiert werden, sodass ihr Leben oftmals nur ein Überleben ist. Um diese Situation zu verbessern, wurde die New World Foundation gegründet. Diese Organisation versucht das Leben der Bewohner Lavender Hills durch die individuelle Hilfe in den Bereichen „Education for Work“, „Safe learning spaces & social cohesion“ und „Conflict resolution & Mediation“ zu verbessern. Wir vier Freiwilligen haben glücklicherweise die Möglichkeit, vormittags ein Programm auszusuchen, in welchem wir helfen möchten. Die Educare oder das IT-Programm sprechen mich bisher besonders an. Nachmittags sind wir allerdings fest im Aftercare Programm verplant und dürfen uns mit den 9-18-jährigen „Kindern“ herumschlagen. Jeder Tag untersteht hierbei einem anderen Thema. Morgens ist der Lesetag, Dienstags geht es um „Arts and Crafts“, Mittwochs geht es um „educational games“ (der Tag, an dem ich meine Fußball-AG anbieten darf), Donnerstags ist der BoysClub (Aufklärungsarbeit mit pubertierenden Jugendlichen, ich werde mich freuen) und Freitag macht man irgendwas mit den Seniors, also den 14-18-Jährigen. Mittags gibt es immer ein leckeres Gericht von Auntie Betty, damit wir in der Woche auch nicht verhungern.

Die Stimmung in der New World Fundation ist wirklich herzlich, man begrüßt sich, quatscht immer wieder ein bisschen und jeder hat Zeit um kurz zu helfen. Bisher fühle ich mich hier richtig Wohl und bin gespannt, wie die nächste Woche wird, wenn die ehemaligen Freiwilligen nicht mehr da sind, um für Ruhe und den nötigen Respekt zu sorgen. Ich werde euch aber gerne auf dem Laufenden darüber halten ?.

Wir müssen ca. 40 Stunden pro Woche arbeiten, das heißt, dass wir genügend Freizeit haben, um Kapstadt zu besichtigen. Und wir haben hier schon einiges gemacht. Oftmals wurden wir schon von Marius (unserem Mentor) zum Essen eingeladen und konnten so eine traditionelle, südafrikanische Gemüsesuppe und ein traditionelles Curry probieren. Wir saßen die letzte Woche zweimal im gemütlichen Wohnzimmer, haben ein Gläschen Spier Wein getrunken, und über Gott, die Welt und Kapstadt geplaudert.

Wer schonmal in der südlichsten Stadt Afrikas war, dem wird sicherlich die traumhafte Natur aufgefallen sein. Egal von welchem Punkt Kapstadts man in den Horizont guckt, man sieht entweder den traumhaften Ozean oder die atemberaubenden Berge. Daher sind wir schon zweimal zum Strand gegangen, haben einen Parc Run (samstags um 8:00 Uhr, in Ländern weltweit) inmitten Muizenbergs absolviert und haben direkt danach einen der Muizenberge bestiegen. Die Aussicht war wirklich unfassbar, man konnte ganz Kapstadt überblicken und konnte aus einer neuen Perspektive einen neuen Überblick gewinnen.

Muizenberg Mountains traumhafte Aussicht
Felix, Jan, Naomi, Leonie, Johann (v.l.) nach unserem ersten erfolgreichen Parc Run

Downtown an sich haben wir sogar auch schon echt gut kennengelernt. Am Freitag war ja der Weltfrauentag, hier in Südafrika ein offizieller Feiertag, deshalb mussten wir nicht zur New World Foundation, zumindest nicht arbeiten. In Kapstadt gibt es nämlich jährlich eine Demonstration zum Gedenken an die erreichten Frauenrechte sowie an die missliche Lage von Frauen überall auf der Welt. So ging es morgens um 7:00 Uhr trotzdem zur NWF und waren entgegen unseren Erwartungen die einzigen am Treffpunkt. Das Zeitgefühl der Südafrikaner entspricht nämlich nicht ganz dem deutschen (pünktlichen) Zeitgefühl. So kann es durchaus passieren, dass ein Südafrikaner das Wort „now“ (=jetzt) benutzt und dann trotzdem erst in 2-3 Stunden wiederkommt. Das Fehlen der Mitdemonstrierenden hat Auntie Shiela keinesfalls aufgehalten, da sie uns direkt herumkommandierte, sodass wir die am Vortag mühsam geschmierten Lunchpakete zu den Bussen tragen mussten. In Kapstadt City sind wir dann gegen 8:30 Uhr angekommen, genauer gesagt im Castle of Good Hope. Dies ist eine Burg, die von den Niederländern gebaut wurde und einerseits zur Herberge für die Adeligen und andererseits als Kontor benutzt wurde. In diesem haben wir uns mit gut 1000 weiteren Demonstrierenden getroffen und sind danach über die Straßen Kapstadts bis zum Artscape (Theater/Kino) gegangen. Auf dem Weg haben wir viele neue Ecken von Kapstadt kennengelernt und freuen uns nun umso mehr, die Stadt im nächsten Jahr zu erkunden.

Local Volunteers und ich im Castle of Good Hope

Im Artscape ging das Programm erst richtig los. Zu Beginn präsentierte die NWF ihr neues Buch zur Suchtprävention, durchaus interessant, jedoch wurde es danach erst temperamentvoller und emotionaler. Eine isizulu Opernsängerin (also eine Sprache mit „Klack“-Lauten) hat durch ihre Ballade jeden einzelnen im Artscape in Ekstase versetzt, danach kamen verschiedene Tanzgruppen, welche durch ihre temperamentvollen Choreographien die Zuschauer in ihren Bann zog. Ein wirklich unvergesslicher Nachmittag, an dem wir viel über die südafrikanische Kultur gelernt haben!

Am Ende des Programms wurden alle auf die Bühne zum Tanzen gebeten, phänomenal!

10 Tage bin ich schon hier in Kapstadt und bisher hatten wir nicht wirklich riesige Problem. Trotz alledem kommen hier zum Schluss noch ein paar lustige Erinnerungen/ Tipps/ Erfahrungen, die ich in den letzten Tagen gesammelt habe:

  1. Morgens immer 2 Stunden vor vereinbarten Zeiten aufstehen, um den Geyser anzuschalten. Der Geyser erhitzt in unserer kleinen Wohnung (wenn man Glück hat) das Wasser und brauch dafür mindestens eine Stunde, sodass man immer um 5:00 Uhr das erste Mal aufstehen muss. Ansonsten heißt es eiskalt zu duschen und das ist im Winter mehr oder weniger schön.
  2. Eine Wärmeflasche kann zur kalten Jahreszeit Wunder bewirken und das nicht nur, wenn man Bauchschmerzen hat. Da wir alle wahrscheinlich in Wohnungen ohne Heizung leben, kann eine Wärmflasche neben zahlreichen Decken sehr schnell das Wohlbefinden verbessern.
  3. Putzen! Wir haben am Anfang das Fegen etwas vernachlässigt und irgendwann wird es einfach eklig, daher: Immer schön aufräumen, nachdem man was dreckig gemacht hat und mindestens einmal pro Woche durch die Wohnung wischen!
  4. Du hast nicht die richtigen Zutaten, um dein Lieblingsrezept zu kochen? Einfach improvisieren! So wird schnell aus Spaghetti Carbonara, Penne mit einer Ei, Milch und Cheddar-Sauce.
  5. Mutig sein, Initiative ergreifen! Obwohl die Südafrikaner eine sehr offene Persönlichkeit haben, kann ich allen empfehlen, den Kontakt zu suchen und offen in Gespräche reinzugehen. So lernt man viel schneller neue Freunde kennen ?

So das war auch schon wieder der zweite Bericht aus Südafrika. Ich hoffe, dass er euch gefällt. Solltet ihr Fragen, Anmerkung oder Wünsche haben, könnt ihr mich gerne kontaktieren.

Bis dahin, liebe Grüße

Felix aus Capetown

Goie middag, kaapstad*

Das hier wird der erste vernünftige und etwas längere Blogeintrag von mir, da ihr euch bestimmt alle möglichen Fragen stellt. Ich bin ja jetzt tatsächlich schon zwei ganze Tage in Kapstadt und möchte euch ein kleines bisschen mit auf mein Abenteuer nehmen.

Wir waren glaube ich beim Landen stehen geblieben. Glücklicherweise haben wir 4 ziemlich schnell unsere Koffer gefunden und hatten auch keine Probleme beim Einreisen. Das ZMÖ (Zentrum für Mission und Ökumene) hatte uns detailreich auf diesen Prozess vorbereitet, so kamen wir ziemlich schnell mit unseren Visa weiter. Das erste Kennenlernen war entgegen meiner Erwartungen durchaus unspektakulär. Marius hatte uns mit seinem besten Freund und seinem Sohn Dylan am Flughafen abgeholt. Ich dachte es käme ein großes „Willkommen“ oder ein buntes Schild mit unseren Namen oder zumindest Fragen bezüglich unseres Wohlergehens, jedoch war es nur ein kleines, zerknittertes Schild mit den Buchstaben „NWF“ und ein kurzes Händeschütteln. Dann ging es aber auch schon direkt zu den Autos und zur Zimmerverteilung.

„Wieso denn das?“, werdet ihr euch bestimmt fragen. Uns vier Freiwilligen (Ema, Naomi, Johann und ich) wurde kurz vor dem Flug zuteil, dass wir nicht wie zuvor geplant in einer 4er WG, sondern in 2 separaten Wohnungen in einer „gated community“ wohnen würden. So wurde kurzerhand beschlossen, dass Johann und ich als Jungs-WG in eine Wohnung ziehen würden und die Mädels in die andere. Wer welche Wohnung bekam, musste ziemlich schnell und kurzfristig entschieden werden. Die eine Wohnung hat nämlich eine größere Küche, in welcher man besser kochen kann. So wurden kurz die Kochmotivation bei allen gecheckt und wir kamen zu dem Entschluss, dass Johann und ich die begeisterten Köche sind und so haben wir jetzt die tolle Küche ?.

Diese Stelle eignet sich super um eine kurze Wohnungsbeschreibung abzugeben. Wir wohnen ganz oben, also im dritten Stock des riesigen Gebäudes. Man kommt in die Wohnung hinein und sieht direkt unsere „tolle“ Küche. Wir haben zumindest einen großen Kühlschrank, ein kleines Eisfach, einen Herd, einen Ofen und einen Abzug, jedoch fehlt uns leider ziemlich viel Küchenausstattung (ein gutlösbares Problem). Nach der Küche kommen wir ins provisorische Ess- und Wohnzimmer. Die Ausstattung war am Donnerstag noch ziemlich lückenhaft (wir hatten 4 Stühle), nach heutigem Stand haben wir zumindest noch einen Tisch und eine Südafrikakarte (ok, ich stimme zu, super heimisch sieht es noch nicht aus, aber wir sind auch erst zwei Tage hier). Geht man einen Schritt weiter, steht man auch schon fast auf unserem Balkon. Ja, wir haben tatsächlich einen Balkon, mit einer wirklich traumhaften Aussicht auf die von Johann getauften Muizenberge. Stühle und Tische lassen sich fast ohne Probleme raustragen, daher können wir bei gutem Wetter auch sehr gut draußen Essen. Gehen wir in der Wohnung weiter, kommen wir zu unseren Zimmern. Größtes Problem ist hierbei neben den sehr stark knarzenden Betten, dass ich keinen Schrank habe. Die ersten beiden Tage habe ich daher aus dem Koffer heraus gelebt, bis ich auf die Idee kam, all meine Anziehsachen einfach in die riesigen Schränke von Johann zu stecken. Trotz alledem ist mein Zimmer noch ziemlich leer, ein weiteres Problem, das ich demnächst beheben müsste. Johann und ich haben uns dazu entschieden, dass wir die Zimmer nach 6 Monaten tauschen wollen, da er momentan die wirklich schönere Aussicht hat. Kommen wir zum Schluss zum Badezimmer. Auf ein paar Quadratmetern haben wir dort unsere Dusche (am Anfang noch ohne Duschvorhang) und eine kleine Toilette. Auch noch verbesserbar, da ich noch absolut keine Ahnung habe, wo mein Kulturbeutel hinsoll, aber naja, wäre alles perfekt, wäre es wohl langweilig. Aber was ist denn eigentlich passiert in den letzten Tagen?

Um 10:00 Uhr wurden wir von Jan-Niclas (der Freiwillige, der das letzte Jahr in der New World Foundation arbeitete) abgeholt und zur Blue Route Mall gebracht. Dort haben wir uns erstmal um die wirklich überlebenswichtigen Sachen gekümmert, nämlich die SIM-Karte. Das läuft in Südafrika nämlich ein bisschen anders ab, als bei uns in Deutschland. Wir müssen uns „Geeks“ (GB) immer wieder auf unsere Karte herunterladen. Neben Geeks gibt es auch noch „Air Time“ (Telefonie-Zeit), „Nite Data“ (von 24Uhr-6Uhr) und „All time Data“(quasi für den normalen Verbrauch). Gar nicht so billig tatsächlich, daher muss ich mal schauen, wie ich das das nächste Jahr über mache. WLAN habe ich leider auch nicht, daher bin ich äußerst gespannt, wie ich abseits der sozialen Medien überlebe ?.

Danach ging es zum ersten großen Grocery Shopping und wir haben uns mit allem überlebenswichtigen Nahrungsmitteln eingedeckt. Johann ist übrigens Vegetarier, daher schaue ich mal, wie gut ich das nächste Jahr auf Fleisch verzichten kann. Der Supermarkt ist aber wirklich super, da er so riesig ist, dass wir an alles fast problemlos herankommen zu vernünftigen Preisen.

Erstes gemeinsames Frühstück bei traumhafter Aussicht

Nach dem ersten richtigen Nachmittag in der eigenen Wohnung ging es abends in die Street Food Garage, und wow, dort wird man von leckeren Gerüchen übermannt. So viel traditionelles Essen war wirklich genial, daher habe ich mich direkt für das „Spicy Cape Food“, eine Mischung aus Curry, Rooti, Reis und anderem (weiß nicht genau, was es war) entschieden. Die Stimmung in dieser riesigen „Garage“ ist wirklich phänomenal. An langen Tischen sitzen die verschiedensten Menschen und plaudern über die Wellen (Muizenberg ist DER Ort für Surfer) oder das Wetter. Abends haben wir dann nochmal Marius (unser Mentor für die kommenden 4 Monate) mit seiner Familie getroffen und die „ehemaligen“ Freiwilligen (also Jackey, Leonie und Jan-Niclas). Und so ging der erste Tag auch schon zu Ende. Was mir bisher schon besonders auffällt ist das südafrikanische, langsame Zeitgefühl und die südafrikanische Mentalität. Die Menschen hier sind so viel offener und freundlicher und genießen die schöne Natur und ihr Leben. Man grüßt sich, redet ein paar Sätze mehr als Small Talk. Eine wirklich schöne Mentalität, wie ich bisher finde.

Food Garage, es gibt alles, was das Herz begehrt

Am Samstag ging es dann ab 10:00 Uhr mit Marius und Luca (seiner netten, aber auch etwas neckenden Tochter) nach Capetown Downtown. Zuerst hat er uns die Longstreet, eine Haupteinkaufsstraße von Capetown, gezeigt, danach folgten wir unseren Ohren und trafen auf eine Gruppe von Mädchen, die ihre kulturellen Tänze präsentierten. Dort brannte mal wieder eine Diskussion zwischen uns vieren auf, die ethische Vertretbarkeit solcher Präsentationen ging. „Handelt es sich hierbei um eine Kommerzialisierung oder das Teilen der eigenen Kultur?“ Man sieht, wir sind nicht die unkommunikativsten und diskutieren immer wieder gerne.

Danach sind wir zum Green Square Market gegangen, hatten uns zwischendurch was zu essen geholt, und sind anschließend mit dem Auto zur Blue Waterfront gefahren. Diese Mall ist das Tourismuszentrum von Kapstadt. Neben den zahlreichen Geschäften in der Mall kann man sich draußen den Hafen anschauen. Dort gibt es schöne Restaurants, Geschäfte für Touristen, Statuen von Südafrikas Premiers und die tollen Markthallen. Leider hatten wir nicht allzu viel Zeit, daher werden wir innerhalb des nächsten Jahres noch das ein oder andere Mal wiederkommen müssen.

Am Abend wurden wir von Marius zum Essen eingeladen. Einerseits wirklich schön, dass man sich immer wieder „gratis“ den Bauch vollschlagen kann, andererseits hatten wir bisher noch keine wirkliche Gelegenheit zum Kochen. Neben dem sehr leckeren, traditionellen Gemüseeintopf, haben wir ein bisschen Klavier gespielt. Luca hat uns zunächst etwas auf ihrem Keyboard vorgespielt, danach durften Johann und ich dran. An dieser Stelle muss ich leider gestehen, dass der gute Johann als Pianist um Weiten besser ist, als ich. Danach haben wir uns gemütlich mit einem Spier Wein (Grüße an meine Eltern an dieser Stelle) ins Wohnzimmer gesetzt und noch ein paar Stunden gequatscht. Ein wirklich schöner Abend, bei dem wir die Familie Blümel besser kennengelernt haben.

Und jetzt sitze ich hier in meinem kleinen gemütlichen Bett und schreibe diesen Blog. Bisher bin ich von Kapstadt und den Menschen fasziniert und habe eine Menge Spaß. Morgen früh geht es in die Kirche, mal schauen wie dieser Gottesdienst wird. Unser Afrikaans verbessert sich auch von Tag zu Tag und wir hoffen, dass wir das zum Ende der 12 Monate halbwegs flüssig sprechen können.

Grüße an alle, die diesen Blog lesen, ich hoffe, dass ich diesen Blog regelmäßig weiterschrieben kann.

Liebe Grüße aus Kapstadt von Felix ?

P.S.: Um den Blog direkt mitzuverfolgen, könnt ihr auf https://flix-r135.tumblr.com gehen, mich würde es freuen 🙂

Wir vier Südafrikafreiwilligen am Amsterdamer Airport (Felix, Naomi, Emanuela und Johann v.l.)

*Copyright Emanuela B.

Neues von Vulingqondo

Die positiven Eindrücke aus meinem ersten Bericht, konnten in den letzten Monaten nur bestätigt werden. Die tägliche Routine hat sich seither nicht verändert. Abgesehen davon hat sich in meinem Projekt allerdings viel getan. Wir haben zwei neue Mitarbeiter, da unser ehemalige „Hausmeister“ zum neuen Jahr in den Ruhestand gegangen ist und eine der beiden Küchenkräfte schwanger ist. Ab nächster Woche wird sie zuhause alles für das neue Kind vorbereiten. Aus dem Projekt wurde sie für die Zeit des Mutterschutzes mit einer Baby Shower verabschiedet. Die beiden neuen Kollegen haben sich bereits gut eingearbeitet und passen ins Team.

Den Großteil des Jahres 2018 war die Kirche für die Restaurierungsarbeiten geschlossen. Die Gottesdienste wurden daher in der großen Halle der Schule abgehalten. Seit der Einweihung stehen nun alle Kirchbänke wieder neben an und die Halle kann wieder vollständig von uns genutzt werden. Nicht nur an regnerischen Tagen findet das tägliche Toben hier statt, auch für unsere Jumblesales (Flohmärkte) haben jetzt wieder viel mehr Platz um die Spenden übersichtlich vorzuführen.

Da Sandra, unsere Managerin, aus Gesundheitsgründen nicht immer bei den Jumblesales dabei sein kann, freue ich mich jedes Mal um so mehr, dass Leonie mich unterstützt. In meinen Augen kann auch sie nur davon profitieren, da sie immer wieder ihre Freude am Ver- aber auch Einkaufen hat. Trotz aller Hilfe falle ich nach den zwei Tagen auf und abbauen, sortieren, zusammenlegen und verkaufen, sofort ins Bett. Tagsüber lasse ich gerne mal eine Tafel Schokolade ihre Wirkung tun.

Zum Ende des letzten Jahres, wurde uns ein großes grünes Netz gespendet. Anstatt dieses bei unserem Jumblesale zu verkaufen (ich glaube das wäre ohnehin schwierig gewesen), haben wir dem Netz einen Rahmen anfertigen lassen. Heute fungiert es als zusätzliche Klettermöglichkeit auf unserem Spielplatz und ist wirklich eine große Bereicherung. Von den Kindern wird es geliebt. Heute hat mich der ruf „Hey lass uns Spiderman spielen“ von ganz oben aufs Neue davon überzeugt.

Besagtes Klettergerüst

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Zusätzlich zu dem im letzten Bericht beschriebenen Tages, beziehungsweise Wochenprogramm, machen wir mit der gesamten Schule etwa monatlich einen Ausflug. Beispielsweise waren wir bereits zweimal am Strand und haben die an der Promenade liegenden Pools für uns in Anspruch genommen. Bevor alle sich abduschen mussten, hatten wir noch großen Spaß im Sand. Sowohl ein bis zwei Lehrer/innen als auch ein gutes Dutzend Kinder wurden bis zur Hüfte eingebuddelt und hatten Spaß beim Rauskommen. Die Sandburg ist leider nur ein Haufen geworden, da der Sand zu weich und trocken ist, für unsere Zwecke allerdings mehr als genug.

Die Natur durften wir passend zu den Themen Hören, Sehen, Riechen, Fühlen und Schecken im botanischen Garten von Durban besichtigen. Das Schmecken haben wir allerdings ausgelassen und fühlen durfte man nur, was bereits nicht mehr an der Pflanze ist.

Der für mich bedeutendste Ausflug war, verbunden mit Weihnachten, zur Reddam-School in naheliegendem Umhlanga. Diese ist ein riesiger Kontrast zum Vulingqondo Literacy Centre, da sie eine der teuersten Privatschulen ist. Wie die Kinder mit ganz unterschiedlichem Background, ohne Hemmungen oder Zweifel, sich sofort angefreundet und gespielt haben, hat mir so deutlich wie nie zuvor gezeigt, dass ein Miteinander so unterschiedlich man sich auch vorkommen mag, immer möglich ist. Wir sind schließlich alle Menschen. Hass, Angst und Abneigung gegenüber Mitmenschen sind nicht angeboren, sondern Phänomene, die von der Gesellschaft erschafft wurden.

Alles in allem bin ich nach wie vor mehr als glücklich meine Erfahrungen hier in Durban machen zu dürfen. Beim letzten überfliegen, ist mir aufgefallen, dass dieser Bericht fast ausschließlich von positiven Dingen handelt. Das liegt nicht daran, dass immer alles glatt läuft, sondern eher wie wir alle mit Schwierigkeiten umgehen. Im Moment ist nichts ungeklärt und alle bisherigen Abs wurden durch viel wichtigere Aufs überspielt und haben daher für mich in diesem Bericht keine Rolle gespielt. Hoffentlich bleibt das so J

Begegnungen

Ein halbes Jahr sind Leonie, Nils und ich nun hier. Bergfest könnte man sagen.

Ob wir uns wohl fühlen? Definitiv! Ob das unter anderem an unserem sozialen Umfeld hier in Durban liegt? Absolut!

Viele unserer Anschlüsse haben wir Annika zu verdanken. Ihr erinnert euch: Annika war die Vorfreiwillige von mir und für uns ein Türenöffner für Letztendlich das gesamte Freiwilligenjahr. Über sie haben wir den Kontakt zu Kayla, Zamani und Sensei erhalten.

Kayla war die erste lokale Person, die wir kennen lernen durften. Sie fungierte vor allem als „Vermittlerin“ für uns, da über sie auch der Kontakt zu vielen weiteren Freunden kam. Unter anderem Gareth und eine nette Gruppe deutscher Austauschstudenten aus Stuttgart. Kayla flog jedoch Anfang September für zwei Jahre nach China, um dort, ähnlich wie wir in Südafrika, ein Freiwilligendienst abzuleisten.

Mit Gareth treffen wir uns weiterhin regelmäßig. Er ist weißer Südafrikaner, spricht Afrikaans und seine Wurzeln liegen im transvaalschen nördlichen Südafrika. Mit Gareth verleben wir eine lebendige Zeit, da er uns immer über aktuelle Sport- und Musikevents auf dem Laufenden hält. So waren wir mit ihm z.B. kürzlich bei dem Cricket-Spiel Südafrika vs. Sri Lanka hier in Durban.

Zamani haben wir bis jetzt leider nur selten treffen können, da er sehr in sein Studium eingebunden war und ist. Nichts desto trotz verabreden wir uns so gut es geht an Wochenenden. Anfang Februar trafen wir uns auf einem lokalen Streetmarket in Durban, direkt neben dem WM-Stadion, auf dem lokale Mode Start-Ups, Secondhand-Händler und Foodtrucks ihre Ware zur Schau stellten. Er selbst versucht momentan mit einem Freund seine eigene Sonnenbrillenkollektion online auf den Markt zu bringen. Dieses Vorhaben passt sehr gut zu Zamani, da wir ihn als sehr modebewusst kennengelernt haben. Er selbst ist schwarzer Südafrikaner und in der Zulu Kultur daheim. Passend dazu brachte er bei unserer ersten Begegnung einen Zulu Burger1 (bzw. Vetkoek) mit.

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1 Frittierter runder Teig, vom Geschmack zwischen Brot und Kuchen, variabel mit Käse und Wurst zu verzehren

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von Links: Nils, Zamani, Ich

Auf unserem Weg zur zweiten Trainingseinheit, aber des ersten MMA-Trainings saßen Justus und ich im South Beach-Taxi. Nils in der Vorderen reihe, ich ganz hinten. Auf einmal werde von der Seite von einem Rasta Mann angesprochen. Schnell stellte sich heraus, dass dieser unser zukünftiger Trainer ist. Nach unserem ersten Training, bei dem wir tatsächlich nur zu dritt waren (Sensei, Nils und ich), hatten wir eine sehr besondere Konversation, in der er uns sagte er sei ein großer Bruder für uns und hilft uns gerne in jeder Situation, wir können ihn auf alles ansprechen und er zeigt uns Gegenden, die wir sonst nicht sehen würden. Ein Mentor. Nils und ich gehen nach wie vor, äußerst gerne zu den Kampf- und Verteidigungseinheiten, ab April sogar in einem neuen Fitnessstudio. Apropos: Sensei arbeitet anderweitig noch als Trainer in seinem Township. Er hat seit etwa vier Jahren Dreads und ist ca. 1,5 Köpfe kleiner als ich.

Nun ist es ja kein Geheimnis mehr, dass Südafrika für seine offenen Persönlichkeiten bekannt ist. Das haben wir uns als WG-Gruppe zu Nutzen gemacht und auf einer öffentlichen Feier Sailen kennengelernt. Er selbst bezeichnet sich immer wieder als den „Minister of Fun and Entertainment“. Wahrscheinlich auch der Grund, weshalb wir ihn auf einer Feier kennengelernt haben und nicht bei einer ruhigen Tasse Tee. Ähnlich wie Gareth hält er uns immer wieder mit aktuellen Ereignissen jeglicher Art auf Trab und spielt dabei auch gerne den Animateur. Jedoch anders als unsere bisher vorgestellten Freunde, liegen Sailens Wurzeln in Indien. Genauer gesagt, seine Eltern sind indischer Herkunft. Er ist Hindu mit Afrolook. Wenn ihr euch selbst ein Bild von Sailen machen wollt, sucht bei YouTube nach der Coca-Cola Werbung „Share a Coke with Norika & Sailen“, wo er mit seiner Schwester der Protagonist ist. Darüber hinaus gewährt er uns immer wieder Einblicke in seine hinduistische Religion.

Ibraheem haben wir über sehr viele Ecken kennen gelernt. Tatsächlich über eine Studentin aus Deutschland, welche die oben benannte Studentengruppe kannte. Er ist unser Mann für die Action. Aktuell befindet er sich mit seinen 19 Jahren mitten in seiner Pilotenausbildung für South African Airways. Somit ist er auch der Jüngste in unserem engeren Freundeskreis. Er liebt das Wasser wie der Hund seinen Knochen und lässt kein Gewässer in Kwazulu-Natal ungebadet. Ein Grund, weshalb wir 90% unserer Strandbesuche mit ihm verbringen. Gerne auch mit der Wasserpfeife. Er hat wie Sailen seine Roots in Indien. Anders als er ist er jedoch Moslem.

Mir persönlich ist es hierbei wichtig gewesen, euch einen groben Überblick über unser soziales Umfeld hier in Durban geben zu können. Wie nicht zu verkennen ist, prägt der indische Einfluss in Durban automatisch auch unseren Freundeskreis, was auf keinen Fall als negativ zu werten ist. Ganz im Gegenteil: Ich genieße regelrecht die Kulturvielfalt hier in Durban. Sie ermöglicht uns auf verschiedenste Art und Weise Einblicke in unterschiedliche Kulturkreise.

TGIF #10

Kurzer Rückblick: Am Anfang meines Freiwilligendienstes habe ich mir vorgenommen, alle zwei Wochen ausführlich zu berichten, was hier, auf der anderen Seite der Welt, so vorgefallen ist.

Sprung in die heutige Zeit: *nervöses Lachen, Kratzen am Kopf, Themenwechsel bitte*

Das mit der Disziplin und dem konsequenten „Durchziehen“ eines Vorhabens muss ich wohl noch einmal üben.

Andererseits habe ich mich irgendwann gefragt: Warum schreibst du diese Blogeinträge? Meine Familie halte ich sowieso immer auf dem Laufenden, die Freunde, die es interessiert, melden sich zwischendurch, die, von denen ich Interesse erwarte, belästige ich mit meinen Updates via Sprachnachrichten auf WhatsApp, die im Durchschnitt 7 Minuten lang sind. Diese Einträge hier, die schreibe ich vor allem für mich.

Ich weiß nicht, was mich daran hindert, einfach ein Tagebuch zu schreiben, aber das, was du, liebe*r Leser*in hier liest, stünde wahrscheinlich in jemand anderes Tagebuch, darum: Willkommen in meiner Gedankenwelt!

Wann genau ich den letzten Eintrag geschrieben habe, weiß ich nicht mehr. Das ist mir auch ziemlich egal, denn aktuell sind die tatsächlichen Ereignisse verglichen mit den Gedanken und Gefühlen, die mich umtreiben, unwichtig.

Trotzdem zur Übersicht eine kleine Timeline (ehrlich gesagt, brauche ich die fast schon selber):

8.-18. Februar: Urlaub und Zwischenseminar in Durban

16. Februar: Deadline Zweiter Quartalsbericht

18. Februar: Erstes Mal Volleyball-Training mit der Mannschaft der UCT

24. Februar: Besuchstag Chrysalis

28. Februar: Book Launch „Lavender Hill – Healing from Addiction”

2. März: Cape Town Pride

3. März: Lion’s Head Hike zum Sonnenaufgang

9. März: UCT-Volleyball-Social

14. März: Erstes Bewerbungsgespräch zum greenpop-Praktikum

16. März: Besuchstag Chrysalis

17. März: Mein Geburtstag

18.-29. März: Schulferien

22.-24. März: greenpop „Reforest Fest“ im Plasbos Forest

Zu den meisten Dingen werde ich eine Kleinigkeit sagen, vor allem, um ein paar Gedanken und vielleicht Hinweise niederzuschreiben, die wichtig sein könnten. Das Ganze wird nicht unbedingt chronologisch verlaufen, eher werde ich schauen, was mir so in den Sinn kommt.

Reflektion und Planung

Das Zwischenseminar in Durban war seit den Weihnachtsferien und unserem Roadtrip die erste richtige Pause für uns. Das neue Jahr hatte hektisch begonnen, viele neue Kinder haben sich in unserem Programm angemeldet (wir reden hier von 50 Juniors im Alter von 9 bis 13 Jahren und gut 30 Seniors, 14 bis 18 Jahre als). Inzwischen kann ich alle Namen, es ist wieder eine eingespielte Dynamik in der Aftercare entstanden und alles läuft. Im Januar war das Ganze aber noch deutlich chaotischer und anstrengender, weshalb die anderthalb Wochen Auszeit zeitlich sehr passend daherkamen.

Die Stadt Durban, in der auch Justus vom ZMÖ gerade als Freiwilliger arbeitet, gefiel mir beim ersten und zweiten Anblick wenig. Sie ist weniger von westlich-europäischen Einflüssen geprägt, man sieht mehr Hochhäuser als in Kapstadt, es gibt keine Berge, die das Landschaftsbild prägen und ich bezeichne „den Vibe“ gerne als einen anderen. Dazu kam in unserer kurzen Zeit dort auch das sehr schwüle und regnerisch-graue Wetter, das dem Flair der Stadt sicherlich nicht geholfen hat.

Ich muss zugeben, bei Kapstadt zu wohnen ist ein unglaubliches Privileg. Besonders, wenn man auf Dinge wie Landschaft, Natur und Stadtbild achtet. In gewissem Sinne wurde ich monatelang verwöhnt und war (hoffentlich verständlicherweise) enttäuscht. Gerne würde ich mal etwas mehr Zeit dort verbringen, die aktuellen Freiwilligen aus Justus‘ WG schwärmen nämlich davon, wie es ist, dort zu leben.

Das Seminar selber hat etwas außerhalb von Durban stattgefunden, in der Nähe des Valleys of a thousand hills. Es waren wunderschöne fünf Tage. Wir haben Volleyball auf dem Rasen und im Regen gespielt, waren umgeben von wunderschöner Landschaft, das erste Mal abgeschieden vom Großstadtleben und wurden fabelhaft versorgt. Es wurde sich viel ausgetauscht über die Einsatzstellen, das Leben in den unterschiedlichsten Teilen Südafrikas und Namibias und allgemein die verschiedenen Erfahrungen, die bereits gemacht wurden.

Dabei wurde offensichtlich, wie unterschiedlich dieses Jahr für jeden von uns sein kann. Natürlich ist der Kern derselbe, aber das Drumherum ist wie Tag und Nacht. Zu unserem Glück muss ich eingestehen, dass wir als Freiwillige der New World Foundation einige Vorteile haben, verglichen mit Mitfreiwilligen. Das festzustellen und dann auch noch zu akzeptieren, ist nicht unbedingt leicht. Natürlich wurde immer schon im Rahmen des weltwärts-Programms viel über Privilegien gesprochen, aber dies geschah immer nur im Kontext mit der lokalen Bevölkerung und im Vergleich mit den Mitarbeitenden und/oder Teilnehmenden in den Projekten. Nun realisierte man, dass auch wir untereinander, unterschiedliche Standards genießen dürfen und das kann sehr belastend sein, gerade wenn man aus der Gemütlichkeit gerissen wird, Dinge einfach hinzunehmen, bevor man aufgeklärt wird. Aber dieses Gefühl ist zum Glück kein Neues, sollte es zumindest nicht sein.

Abgesehen davon war das Zwischenseminar vor allem dazu da, zu reflektieren, darüber nachzudenken, wie die letzten Monate verlaufen sind, was man erreicht und geschafft hat und dann den Blick in die Zukunft zu wagen und zu schauen: Was möchte ich noch erleben, machen, umsetzen?

Ich persönlich sehe mich nicht als jemanden, der einen Plan hat. Weder fürs Leben noch für die Zukunft oder nur den nächsten Tag. Von daher war es sehr interessant, mehr oder weniger gezwungen zu werden, sich Gedanken zu machen, was denn eigentlich die Ziele für diese Zeit sind und was es braucht, um diese zu erreichen. Ich war, sagen wir, semi-erfolgreich.

Und nach diesen nachdenklichen Tagen ist zu meinem großen Bedauern etwas tragisches mit mir passiert.

Unbewusst habe ich die hier entwickelte Angewohnheit, To-Do-Listen zu schreiben, aufgegeben. Langsam wurde ich immer inkonsequenter, bis ich es irgendwann gelassen habe.

Doch dazu braucht es ein wenig Hintergrundgeschichte:

Schon in der Schulzeit, fand ich den Gedanken daran, solche Listen zu führen, reizend und interessant. Dieses Strukturierte und Geplante hatte etwas, dass mich faszinierte, aber wirklich ausprobiert hatte ich es nie. Die Begeisterung für die Idee einer To-Do-Liste war meist nach wenigen Stunden wieder verflogen. (Wir ignorieren an dieser Stelle einfach mal, dass ich vor wenigen Absätzen noch meinte, dass ich kein Mensch für Pläne sei).

Dann kam mein Freiwilligendienst und die New World Foundation. Am 21. November 2018 habe ich meine erste To-Do-Liste geschrieben. Danach gab es für zwei Monate fast täglich eine.

Schon nach den ersten Tagen konnte ich feststellen, wie sehr mich diese Listen beim Fokussieren und produktiven Arbeiten unterstützten. Ich habe konkret sehen können, was ich an einem Tag geschafft habe und was nicht und wusste somit sogleich, was morgen erledigt, nachgeschaut, geklärt werden musste. Richtig motiviert saß ich abends noch daheim und habe niedergeschrieben, was morgen anstand. Und hin und wieder konnte ich stolz auf einen Tag zurückblicken und sagen, dass ich viel geschafft hatte. Bis dahin hatte ich diese Wirkung der To-Do-Liste immer für einen Mythos gehalten, aber es ist wahr!

Und dann kam der Bruch und ich wurde zu demselben faulen Sack Kartoffeln, der ich gefühlt immer war. Das ist vielleicht eine kleine Übertreibung, aber seit ich keine Listen mehr schreibe, fühle ich meine Produktivität den Bach runtergehen, ich kann mich kaum aufrappeln für wichtige Aufgaben, lasse Dinge unbeendet liegen und ärgere mich eigentlich nur selber darüber.

Darum, ganz offiziell, erkläre ich die Wiederaufnahme dieser guten Angewohnheit zu meinem nächsten, persönlichen Ziel! (Denn jetzt gerade, denke ich noch, dass das hier irgendwelchen Druck auf mich ausübt, aber wie zu Beginn bereits erläutert: Tut es nicht wirklich! Aber zumindest werde ich mich in ein paar Monaten beim Nachlesen drüber ärgern.)

Gleichzeitig mit den To-Do-Listen ist allgemein ein wenig die Motivation geschwunden (abgesehen von gelegentlichen Schüben, üblicherweise sind diese aber nur von kurzer Dauer). So hatte ich zum Beispiel große Pläne und Ideen für die Monate nach dem Zwischenseminar und jetzt sind anderthalb davon rum und ich bin nicht wirklich zu irgendetwas gekommen. Und das Schlimmste ist, die einzige Entschuldigung ist meine eigene Faulheit.

Vielleicht hängen beide Phänomene zusammen, ziemlich sicher tun sie das. Nun muss ich selbst schauen, wie ich aus diesem Loch wieder rauskomme. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass dieser Blogeintrag ein guter Anfang ist. Denn auch hierfür musste ich mich echt aufrappeln. Kann ich eine Runde Applaus bekommen? Danke im Voraus.

Aller Wirbel findet mal sein Ende… bevor es wieder los geht

Was passiert mit deinem Körper, wenn du dein Zuhause verlässt und in eine neue Umgebung eintauchst?

Er wird mit Adrenalin geflutet. Du spürst die Motivation. Überall willst du was sehen, jeden Tag etwas machen, keine Nacht mehr schlafen, denn wehe du verpasst etwas.

So habe ich es oft schon auf Kongressen, Seminaren, Klassenfahrten, etc. erlebt. Und so war es auch hier.

In den ersten Wochen gab es für uns keine ruhigen Wochenenden. Immer wurde etwas unternommen, eine Tour hierhin gemacht, dieses Museum besichtigt, dieser Teil der Stadt erkundet. Selbstverständlich war das jedoch kein Alltag, den man ein Jahr lang durchhalten könnte.

Inzwischen ist Ruhe eingekehrt (wer die vorigen Einträge durchliest, hat das wahrscheinlich schon des Öfteren gehört).

Die Arbeit läuft sehr routiniert ab, die offensichtlichen Dinge in Kapstadt haben wir (fast) alle gesehen. Das resultiert darin, dass wir uns immer öfter mal „ein ruhiges Wochenende“ gegönnt haben. Damit habe ich dann auch realisiert, dass mein Leben hier eigentlich fast nur aus der Arbeit besteht, es sowas wie einen richtigen Freundeskreis nicht gibt, „nur“ einige teilweise sehr gute Bekanntschaften, aber nichts zu festes und das einzige Hobby unser Fitnessstudio auf dem Rückweg von der Arbeit war.

Auf einmal gab es nicht mehr diesen aufregenden Trubel und die Fragen „Wo wollen wir heute hin? Was wollen wie an diesem Wochenende machen?“ Es wurde nicht direkt langweilig, aber doch sehr ruhig.

Ein erster Schritt, um dies zu ändern, war mein Einstieg beim Volleyball-Team der der UCT, der University of Cape Town. Volleyball war seit sechs Jahren mein Hauptsport zuhause in Deutschland und in all dem Durcheinander habe ich es nicht geschafft, mich hier darum zu kümmern, weiter zu spielen.

(Unnötige Info am Rande: Eine der Leiterinnen unseres Zwischenseminares in Durban ist die Verlobte des neuen Trainers meiner Mannschaft von zuhause! Diese Welt ist so klein…)

Also habe ich mich meiner Mitfreiwilligen Leonie am ersten Montag nach dem Seminar angeschlossen und bin mit ihr zum Campus gefahren, auf zu unserem ersten Training nach vielen Monaten.

Und es war wie das Wiedersehen mit einem Freund nach lange, langer Zeit. Das Gefühl des Balles in den Händen, das Pritschen und Baggern… nur wer einen Sport wirklich liebt und dann für einige Zeit nicht praktizieren konnte, wird verstehen, wovon ich rede.

Inzwischen gehe ich konsequent zwei Mal die Woche für zwei bis drei Stunden zum Training. Zu Beginn gibt es immer eine kleine Fitnesseinheit, meistens ein Lauf über das Uni-Gelände und durch die Umgebung mit kleinen Übungen und Drills. Ich kann nicht sagen, dass ich zufrieden mit meiner sportlerischen Leistung bin, aber ich merke, wie ich mit wieder verbessere, ein gutes Level erreiche und wie gut mir der Mannschafts- und Ballsport im Allgemeinen bringen. Es ist einfach doch etwas anderes, als ins Fitnessstudio zu gehen.

Auch in das Team habe ich mich (glaube ich) gut eingelebt. Die Namen sind zur Hälfte drin und das unangenehme Gefühl des „Neuen“ vom Beginn ist größtenteils verschwunden. Nur wenn es dann wirklich ans Spielen geht, wird es manchmal noch kompliziert, denn da hat jede Mannschaft ihre Eigenheiten, gerade wenn es um Positionen, Spielsysteme, Rufe und Ähnliches geht, aber das ist alles Übungssache.

Gemeinsam mit dem Frauenteam haben wir am achten März auch unser erstes so genanntes „Social“ veranstaltet. Unsere beiden Mannschaften haben an dem Abend zusammen Pizza gegessen, Musik gehört und getanzt, ein Quiz gespielt und sich besser kennengelernt. Es war nur eine kleine Sache, aber trotzdem etwas, das ich sehr schön fand, da solche Abende in meinen Augen viel zu selten stattfinden. Auch habe ich so einige Teamkollegen betrunken erleben dürfen: Es war ein Fest, sag‘ ich euch!

„This is me!“

Mich persönlich hat vor meiner Ausreise die Frage nach der Identität sehr beschäftigt. Wer bin ich eigentlich? Was ist eigentlich meine Bestimmung? Mein Ziel? Sicherlich große Fragen, auf die schon seit vielen Jahren Antworten gesucht werden, von diversen Menschen auf diesem Planeten. Und ich erinnere mich noch an eine Situation mit meiner Mutter beim Essen, als ich meinte, dass diese Erfahrung, die ich hier machen werde, bei der Selbstfindung eine ganz entscheidende Rolle spielen wird. Sie meinte darauf nur, dass ich der Letzte sei, der sich selbst finden müsse. Bis heute würde ich ihr da gerne widersprechen.

Ich bin mir nicht sicher, ob irgendwer jemals eine hundertprozentige Sicherheit über die eigne Person erlangen wird. Es wird immer offene Fragen geben. Und diese gilt es zu klären.

Für mich stachen bisher vor allem folgende Dinge diesbezüglich heraus:

Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen als Betreuer/Vertrauensperson/Berater/Lehrer gefällt mir. Ich habe sehr viel Spaß an meiner Arbeit, besonders wenn es darum geht, Einheit für die Kids vorzubereiten. Klar, die Anstrengung darf nicht vergessen werden. Es kommt nicht unbedingt selten vor, dass ich nach der Arbeit am liebsten tot ins Bett fallen würde. Doch dann laufen die Kinder am nächsten Tag schreiend und grinsend auf mich zu und wollen wir unbedingt eine Umarmung geben. Da ist jede Müdigkeit zumindest kurz vergessen. Darum kann ich mir vorstellen zumindest für eine Weile auch in Zukunft auf ähnliche Weise zu arbeiten.

Was mir nicht unbedingt neu war, aber doch eine kleine Wiederentdeckung war meine Liebe zum Schreiben. Nicht, dass ich inzwischen ganze Romane schreibe, schön wär’s. Aber es ist doch auffällig, wie beruhigend und entlastend es sich anfühlt ein paar Absätze zu tippen und die Worte aus den Fingern fließen zu lassen. Für mich hat das Ganze eine beinahe therapeutische Wirkung. Zumeist kommt dann nicht gerade das neuste Werk der Bestsellerlisten zustande, aber kleine Texte oder Passagen, die mir sonst tagelang durch den Geist wandern würden. Wäre da doch nur nicht Netflix, der ultimative Motivationsstopper, wenn es um produktive Arbeit geht.

Weiter vertiefen und entdecken konnte ich hier in Südafrika meine Liebe zur Natur und unserem Planeten. Langsam passe ich mein Leben einem nachhaltigeren Stil an, versuche bewusster zu leben und zu konsumieren. Beispielsweise esse ich daheim nur noch vegetarisch, außer es gibt einen wahren Anlass, doch mal wieder Fleisch zu servieren. Dazu kommen Dinge wie eine neue Bambuszahnbürste, der Verzicht auf herkömmliche Shampoos und Duschgels aus der Flasche oder selbst gemachte Aufstriche (danke, Mama, für das Rezept). Nebenbei bilde ich mich natürlich auch immer weiter, informiere mich über bestimmte Themen genauer, wie neulich bei einem Workshop über Zero Waste und versuche aktiv diese Entwicklung zu einem umweltschonenderen Leben weiter voranzutreiben. Das kann oft auch sehr frustrierend sein, zum Beispiel wenn man Leute beobachtet, die leere Chipstüten dem Wind überlassen oder ihren Müll am Strand auch auf Nachfrage einfach stehen lassen. Es würde sich ja schon wer drum kümmern. Aber auch diese Momente, in denen man an den positiven Auswirkungen des eigenen Engagements zweifelt, dürfen kein Grund sein, nicht mehr weiter zu kämpfen. Dafür mache ich mir viel zu viele Sorgen, besonders wenn ich daran denke, in was für einer Welt ich mein Kind aufwachsen sehen möchte.

Passend zu diesem letzten Thema habe ich auch meine vorläufige Zukunft gestaltet. Irgendwann im März habe ich meine Bewerbung für ein „kreatives Schreiben“-Praktikum hier in Kapstadt eingereicht, bei einer NGO, die sich mir Wiederaufforstung, Umweltbildung und Nachhaltigkeit beschäftigt, namentlich greenpop.

Wer jetzt noch einmal einen kurzen Blick auf die zwei vorherigen Absätze werfen mag wird feststellen: „Wow, das klingt doch nach einem Traumjob für dich!“

Genau das habe ich mir auch gedacht. Und jetzt warte ich nur noch auf eine Rückmeldung der Organisation, nachdem das erste Bewerbungsgespräch mit einer Frau der Vermittlungsagentur für greenpops Praktika sehr gut gelaufen war.

Wenn dann alles glatt läuft würde ich im Januar 2020 zurück nach Kapstadt kommen, hier für sechs Monate arbeiten und wahrscheinlich nie wieder nach Deutschland zurückkehren. Das ist jetzt vielleicht ein wenig übertrieben, aber ich liebe es hier wirklich sehr!

Meine Leidenschaft für die Rettung unseres Planeten durfte ich auch vor zwei Wochen sehr dreckig ausleben. Mitten im Nirgendwo in einem uralten Wald habe ich ein Wochenende lang gecampt, getanzt, gefeiert und… Bäume gepflanzt. Beim Reforest Fest im Platbos Forest kamen mehrere hundert Menschen zusammen, um an einem Tag 7.500 Bäume in die Erde zu setzen. Wer sich das jetzt vorstellt wie folgt: „Schaufel, Loch, Baum rein, Loch zu, fertig“, der liegt gehörig falsch.

Zuerst wurde in der Form eines Cs ein ein Meter langer Wall aufgeschüttet, sodass eventuell ablaufendes Wasser aufgefangen werden kann. Die Öffnung dieses Cs war dabei immer hangaufwärts gerichtet. In der Öffnung des Cs galt es dann ein rechteckiges Loch auszuheben und mit Mulch zu füllen. Danach konnten zwischen Mulch und Wall im Halbkreis fünf bis sechs Bäume gepflanzt werden.

Ich war glaube ich seit meiner Zeit im Waldkindergarten nicht mehr so dreckig.

Im Endeffekt hatte ich eines der schönsten, spannendsten und aufregendsten Wochenenden seit Langem!

Abgesehen natürlich vom ersten Märzwochenende.

Es war Pride.

(Wem das nichts sagt… … …)

Am Samstagnachmittag haben wir uns mit zwei Bekannten zusammengeschlossen und uns der Parade durch die Stadt angeschlossen. Für mich war es das erste Mal, die letzten Jahre habe ich es leider nie zum CSD nach Hamburg geschafft außer zur Afterparty 2018.

Um es kurz zusammenzufassen: Ein bunter, lauter, lustiger Nachmittag mit Musik, Tanz und (wer schon wollte) Alkohol. Nach ein paar Stunden im Greenpoint Park haben wir uns einen Uber nach Hause geleistet. Dort hieß es dann Umziehen im Eiltempo, alle nötigen Sachen packen und weiter ging’s, zurück in die Stadt zum Zer021, dem bekanntesten queeren Club der Stadt.

Und es war voll.

Und es war lustig.

Und es war einfach herrlich von so vielen LGBTIQ+-Menschen umgeben zu sein, besonders an einem Wochenende wie diesem. Ich glaube ich hatte selten so viel Spaß beim Feiern. Meine Mitbewohnerinnen haben nach ein paar Stunden dann auch recht zügig das Feld geräumt und sind nach Hause ins warme Bett geflüchtet, während ich bis halb fünf eine perfekte Nacht hatte.

Nach einer guten Dreiviertelstunde vorm Club wurde ich dann eingesammelt. Gemeinsam mit Leonie und ein paar Bekannten ging es in der Dunkelheit (und in meinem Fall ohne eine Minute Schlaf in den Knochen) den Lion’s Head hinauf.

Die Aussicht war unfassbar. Kapstadt ist sehr weitläufig. Sprich man hatte Ausblick auf einen Ozean aus flackernden Lichtern, während am Horizont langsam die Sonne über die Berge kletterte.

Oben angekommen habe ich erst einmal ein Nickerchen gemacht und den eigentlichen Sonnenaufgang verpennt, aber ich habe es echt nicht mehr ausgehalten…

Und ja. Ich lag zwei Tage danach krank im Bett. Aber gelohnt hat es sich trotzdem.

Ich denke, nach über sechs Seiten Getippe ist dann auch mal gut. Hier ist es jetzt 01:07 Uhr, am Samstagmorgen. Also technisch gesehen nicht mal mehr Freitag. Jetzt wollte ich eigentlich noch ein paar Bilder einfügen, aber warum das nicht geht, erzähle ich vielleicht beim nächsten Mal.

Nun brauche ich meinen wohl verdienten Schlaf. Ansonsten verpenne ich in ein paar Stunden noch die Landung, wenn meine Eltern und meine Schwester mich besuchen kommen,

hier,

auf der anderen Seite der Welt.

TGIF #9

Mit einem Monat Verspätung sage nun auch ich: Willkommen 2019!

2018 ging unfassbar schnell rum und das obwohl so vieles passiert ist.

Ich bin volljährig geworden, habe meinen Führerschein gemacht, gleichzeitig das Abitur bestanden, die Vorbereitung für meinen Freiwilligendienst absolviert und im August meine Reise nach Kapstadt in Südafrika angetreten. Dort habe ich meinen ersten Vollzeitjob angefangen, mir einen neuen Alltag aufgebaut, viele neue Menschen kennengelernt, man kann fast sagen: Ich habe ein neues Leben angefangen.

Dieses letzte Jahr hat mich unglaublich stolz gemacht. Ich habe persönlich viel erreicht und geschafft, zum Beispiel konnte ich das Thema Nachhaltigkeit in meiner Schule in die Diskussion bringen, woraus dann ein paar Projekttage entstanden sind, leider erst nach meinem Abschluss dort. Meinen Alltag habe ich ebenfalls begonnen umzustrukturieren, ganz im Interesse unseres Planeten, und diese Veränderung ist noch längst nicht abgeschlossen. Außerdem habe ich hier bei der New World Foundation eine  Arbeit begonnen, die mich jeden Tag trotz der Müdigkeit und der Anstrengung erfüllt und zum Lächeln bringt und genau diese Dinge habe ich mir immer erhofft, wenn ich an meine Zukunft nach dem Abitur dachte. Dazu kommt mein erster richtiger Urlaub hier in Südafrika, eine Pause, die genau zum richtigen Zeitpunkt kam:

Mit meiner Mitfreiwilligen habe ich mich einer Gruppe von circa 15 anderen deutschen Freiwilligen angeschlossen. Gemeinsam ging es auf unserem Roadtrip zuerst von Durban aus die Ostküste runter und dann die berühmte Garden Route längs heimwärts nach Kapstadt.

Auf dieser gut drei Wochen langen Reise konnte ich dieses atemberaubend schöne Land kennenlernen. In Port St. Johns haben wir auf einer mehrstündigen Wanderung einen Wald, ähnlich meiner Erwartungen von einem Dschungel, durchquert, waren in einem See baden und sind einen (leider etwas kleinen) Wasserfall hinunter gesprungen. Im Addo Elephant Park konnten wir eine Vielzahl der auf dem afrikanischen Kontinent beheimateten Tiere vom Nahen beobachten, sogar ein Löwen-Pärchen hat sich vor die Fernglas-Linsen gewagt. In der Nähe des Tsitsikamma National Parks haben wir beim Bungyjump von der Bloukrans Bridge die Natur mal aus einer anderen Perspektive genossen. Nebenbei hatten wir auf den Autofahrten stets eine Aussicht, die mich die Welt und ihre Probleme vergessen ließ.

Dank dieser verrückten aber sehr unterhaltsamen Truppe waren dann auch die Feiertage in Jeffrey’s Bay weniger vom Vermissen der Heimat geprägt, sondern wurden mit einem großen Essen und Wichteln verbracht. Wie wir das ohne funktionierenden Gasherd hinbekommen haben ist mir immer noch ein Rätsel, aber das Wichtige ist: Ich hatte wunderschöne Weihnachten mit richtig tollen Menschen!

Aber diese Reise war auch sehr ermüdend. Gemerkt haben wir das an Sylvester, als ich den ganzen Tag krank im Bett lag und dann gegen Abend auf einmal vier neue Leute dabei waren und aus dem ganzen keine große Party wurde, wie wir das in Kapstadt eigentlich erwartet hatten, sondern ein lustiger, entspannter Abend mit Aerobic im Garten, Planschen im Pool und selbstgemachten Burgern.

Als es für mich dann am 7. Januar wieder zur Arbeit ging, konnte ich auf drei wunderbare Ferienwochen zurückblicken und freue mich seitdem darauf, alle wiederzusehen.

Und dann kam der Stress.

Alle, die schonmal mit 44 drei- bis vierjährigen, die noch nie länger als einen halben Tag von zuhause weg waren, gleichzeitig klarkommen mussten, verstehen vielleicht ein wenig, was ich in den ersten drei Tagen mit den neuen Kindergartenkindern durchmachen musste. Für die, die sich das noch nicht denken konnten: Diese Kinder weinen ununterbrochen. Sie wollen nach Hause, zu Mummy oder Daddy, wenn wir ihnen zu nahe kommen, werden sie entweder noch lauter oder klammern sich an einen, ohne jemals wieder loszulassen. Dazu kommt, dass wir hier vier solcher Klassen haben, sprich insgesamt circa 180 kleiner Kinder, die nicht aufhören wollen zu weinen. Ganz zu schweigen von der Problematik mit den Namen. Wie kriegt man aus einem Haufen Kinder ein bestimmtes raus, wenn man keinen Namen zu Hand hat, weil das Namensschild natürlich längst nicht mehr auf dem Shirt klebt sondern vermutlich irgendwo auf dem Boden, wie?

Nach ein paar Tagen hörten wie durch ein Wunder auch bei den letzten die Tränen auf zu rollen. Jetzt habe ich jeden Tag das unfassbare Glück mich mit diesen strahlenden, kleinen Wesen zu umgeben, mich ihren Umarmungen zu ergeben und mit ihnen wieder zum Kind zu werden. Nur das mit den Namen wird nicht wirklich besser…

Kurz nachdem unten im Kindergarten alles wieder losging hat auch unsere Aftercare wieder ihre Pforten geöffnet. Zum Glück ist da das Heimweh weniger das Thema, sodass wir relativ entspannt unserer Routine nachgehen konnten.

Gleich in der ersten vollen Woche mit den Schulkindern gab es dann auch das erste Highlight. Jackies Bruder aus Deutschland war zu Besuch und hat am Donnerstag und Freitag den Juniors und Seniors ein paar Schritte des Krump-Tanzstils beigebracht. Wer das noch nie gesehen hat, sollte es sich angucken, es lohnt sich. Am Ende dieser Workshops konnten wir uns dann schon eine kleine Choreo zeigen lassen und danach hatten die Kids Zeit, ihr eigenes Talent zu zeigen. An diesen Tagen wurde deutlich, was für ein Potential sich in unserer kleinen Gruppe hier bei der New World Foundation verbirgt.

Am Montag danach war unsere Youth Hall, in der das Programm stattfindet dann plötzlich doppelt so voll, zumindest kam es mir so vor. Neues Jahr heißt hier auch neue Kinder. Womit wir wieder bei der Problematik mit den Namen wären. Jeden Tag müssen wir ein Attendance Register ausfüllen, welches dann genutzt wird um in den Monthly Reports zu zeigen, wie es sich mit der Anwesenheit in unseren Programmen verhält. Bei mindestens zwei Dritteln der zwanzig Neuen muss ich aber auch heute, nach fast zwei Wochen noch jeden Tag nachfragen, wie er oder sie denn nochmal hieß. Und das ist mir dann ehrlich gesagt auch immer ein wenig peinlich, aber zum Glück, weiß ich, dass das in zwei Wochen schon wieder ganz anders aussehen wird, hoffentlich.

So langsam laufen aktuell auch die Planungen für die kommenden Monate an. Dazu gehören Ausflüge, Camps und Sessions in den Boys und Girls Clubs. Worauf ich mich persönlich sehr freue, ist, meine Pläne zu Einheiten über verschiedene Themen im Bereich Nachhaltigkeit umzusetzen. Dazu war ich vor einer Woche auch bei einer NGO in der Stadt zu Besuch und habe in deren Garten, wo Gemüse, Fynbos und viele mehr wächst, ausgeholfen. Das war eine wunderschöne Aktion, denn ich liebe Gartenarbeit, Unkrautzupfen, Kompost anlegen, Pflanzen umtopfen oder in Beete einsetzen. Ich vermisse meine dreckigen Hände, mit denen ich in Deutschland gerne rumgelaufen bin, wenn ich mal wieder Gemüsebauer gespielt habe. Aktuell laufen die Planungen, mit unseren Kindern in diesen sogenannten Eco Education Hub zu fahren und einen Workshop zu veranstalten, um ganz nah an der Natur über unseren Einfluss auf sie zu sprechen. Also, Daumen drücken, dass das klappt.

Was steht noch so an und was haben wir noch vor?

Jetzt im Februar, steht erst einmal unsere Zwischenseminar an. Dazu fliegen wir am 8. Februar nach Durban, zu unserem Mitfreiwilligen Justus, wo wir das Wochenende vorher unterkommen dürfen. Danach heißt es, eine Woche lang mit anderen Freiwilligen über unsere Erfahrungen zu reden, über die letzte Hälfte des Freiwilligendienstes zu reden, der auf dem Seminar für die meisten von uns Halbzeit hat, und viele Dinge zu erleben, wie das auf Seminaren halt so ist.

Dann möchten wir mit unseren Seniors im Februar auch über das Thema Gender sprechen, damit haben sich meine Mitbewohnerinnen bisher aber mehr auseinander gesetzt, deswegen kann ich noch nicht genau sagen, was da auf uns zukommt. Inspiration dafür wollen wir aus „A Gender Conversation“ nehmen, einem Guide, der fertige Aktivitäten und Ähnliches rund um das Thema gesammelt hat.

Im März läuft dann für vier Wochen ein Computer-Kurs für die ältesten in unserem Programm. Dort werden sie lernen, am Computer Präsentationen zu entwerfen, Texte zu verfassen und vieles mehr, was hoffentlich später hilft, Arbeit zu finden oder sich am College zu behaupten. Außerdem gibt es danach ein Zertifikat, welches dann zum Beispiel dem Lebenslauf beigefügt werden kann.

Dazu kommt dann noch das Ferienprogramm in den letzten beiden Märzwochen, in denen ich hoffe, das Gelernte aus meinem Art in Youth Development Training, umsetzen zu können, um ein wenig über Identität, Selbstbewusstsein und Sexualität zu reden, alles verbunden mit Arts & Crafts.

Und natürlich das Reforest Fest, veranstaltet von greenpop, der gleichen Organisation, die ich besucht habe, um eine eventuelle Zusammenarbeit zum Thema Umwelt und Nachhaltigkeit zu planen. Bei diesem Festival geht es darum, gemeinsam in einem Gebiet etwa zwei Stunden von Kapstadt circa 8000 Bäume zu pflanzen und somit reforestation (Wiederaufforstung) zu betreiben, daher der Name. Für uns heißt das zwei Nächte zelten, gute Musik, veganes Essen, viele Ökos und Gutmenschen und somit ein hoffentlich perfektes Wochenende.

Dann kommt der April. Und ich bekomme Besuch. Für eine Woche werden meine Eltern und meine jüngste Schwester sich Kapstadt, meine Arbeit und die Umgebung anschauen. Die Woche darauf heißt es dann Family-Reunion und geplant ist eine gemeinsame Reise ohne Plan. Einfach ins Auto setzen und losfahren, und anhalten, wenn es uns passt. Insgeheim hoffe ich, die Garden Route vom Roadtrip wieder längs zu fahren, um die ganzen schöne Orte, die wir verpasst haben, nachzuholen. Aber eigentlich, ist egal, was wir machen, ich freue mich einfach nur, meiner Familie, diesen wunderschönen Flecken Erde zeigen zu können und sie endlich wiederzusehen. Ich vermisse euch nämlich!

Dann habe ich allmählich den Überblick verloren, wann nun welche Camps oder Ausflüge stattfinden sollen… lassen wir uns einfach mal überraschen.

Fest steht, dieses neue Jahr bietet schon jetzt so viel Aufregendes, dass ich eigentlich nur noch anfangen und durchziehen möchte. Lieder liege ich gerade zuhause, mal wieder krank, diesmal mit einer Mandelentzündung. Dafür habe ich genug Zeit, ein paar Dinge für die kommenden Monate zu recherchieren und vorzubereiten, mal sehen wie gut das ohne Wlan läuft. Oder ich gehe zum Strand… oder an den Pool…

Nun ja, ganz sicher wird mir auf jeden Fall nicht langweilig werden, bis ich dann wieder zur Arbeit darf. Wie ich nämlich in diesem ersten halben Jahr hier feststellen durfte: Ein Freiwilligendienst hat nicht viel mit Urlaub und Entspannung zu tun. Es gehört dazu, aber lediglich als Teil der Freizeit, von der wir nicht mehr haben, als die anderen Angestellten hier. Zum Glück kann ich sagen, dass ich diese Stadt liebe, meine Arbeit jede Tag mit einem Lächeln angehe und mit Motivation auf meine Ziele hinarbeite, auf dass dieses Jahr eines der besten meines Lebens wird, denn keiner weiß, wie oft ich diese Möglichkeit noch bekommen werde, zu leben, zu arbeiten und an mir selbst zu wachsen,

hier,

auf der anderen Seite der Welt.

P.S.: Ich werde sicherlich einmal eine Sammlung von Bildern aus den letzten Monaten hochladen, aber da erstmal die besten rauszusuchen, gerade nach diesem Urlaub… Sorry, aber das ist echt viel Arbeit 😉

TGIF #8

Der nächste Meilenstein ist fast geschafft.

In drei Tagen ist Heiligabend, mein erstes Weihnachtsfest ohne Familie, mit dreißig Grad und Sonne, auf einem anderen Kontinent.

Weihnachtszeit bedeutet, dass man eine Pause einlegen und zur Ruhe kommen kann. Für drei Wochen schließt die New World Foundation ihre Türen und wir haben unseren ersten richtigen Urlaub. Jetzt sind wir mittendrin.

Doch bevor dieser beginnen konnte, mussten ein paar sehr stressige Wochen auf der Arbeit überstanden werden. Neben den schon angesprochenen zu schreibenden Berichten mussten auch eine Party für die Jüngsten des Programmes und dafür eine Krippenspiel vorbereitet werden. Dank einer perfekt gelegten Fortbildung konnte ich mich aus den Proben und Vorbereitungen dafür weitestgehend raushalten. Aber auch ich habe erleben dürfen, wie es ist, mit einer Gruppe von dreißig bis vierzig Kindern und Jugendlichen ein Theaterstück auf die Beine zu stellen, während der Großteil dabei ist sich zu unterhalten und einige nur wenig Motivation zeigen. Aber wir haben es geschafft, eine schöne Aufführung für die Jüngsten und ein paar Kolleg*innen auf die Beine gestellt.

Dies und der Tag danach waren ein schöner Abschluss im Aftercare-Programm. Gemeinsam mit den Juniors und Seniors sind wir nämlich nach Zandvlei gefahren, ein großes Parkgelände zum Braaien (Grillen) und Genießen und Entspannen. Von dort bin ich mit den meisten zum Strand gelaufen. Die ganze Gruppe beisammen zu halten war nicht die leichteste Aufgabe, aber ich war doch überrascht, wie gut die Kinder und Jugendlichen den ganzen Tag über auf uns als Team gehört haben. Vielleicht lag das aber auch nur daran, dass sie wussten, was für ein gutes Essen auf jeden wartete, Malany, unsere „Chefin“, ist hinter dem Grill nämlich genauso begabt wie in der Youth Hall auf der Arbeit.

Ebenfalls einen „Abschluss“ hingelegt habe ich im Rahmen meiner Fortbildung. Entwickelt wurde das Programm für das Butterfly Art Project. Es besteht aus acht Einheiten rund um das Thema Kunst und wie diese Kindesentwicklung unterstützen und in Fällen von Misshandlung helfen kann. Mit einer kleinen Gruppe von engagierten Menschen aus der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen konnte ich an diesem Testlauf teilnehmen und habe nicht nur viel über meine Arbeit und meine Rolle in dem Aftercare-Programm gelernt sondern auch über mich als Mensch und Person, was mich dazu inspiriert hat, solche Erkenntnisse auch für andere möglich zu machen, mit den dort gelernten Tools und Aktivitäten. Abgesehen davon sind wunderschöne Kunstwerke entstanden und eine erkenntnisreiche Reise in die eigene Gefühlswelt hat stattgefunden.

Durch diese Dinge konnte ich diese Woche zufrieden und erschöpft abschließen und meinen Urlaub antreten. Dazu haben Jacky und ich am Sonntagabend einen späten Flug nach Durban genommen und befinden uns nun auf einem Roadtrip mit einigen anderen Freiwilligen aus Deutschland. Wir haben bereits drei Nächte in Port St. Johns geschlafen, uns mit reinigendem und heilendem Matsch eingerieben, eine mehrstündige Wanderung zu einem gar nicht so spektakulären Wasserfall hinter uns gebracht, dafür aber einen Wald durchforstet, der wie ein Dschungel daherkam, ein Lagerfeuer am Strand gemacht und insgesamt fünfzehn Stunden Autofahrt auf dem Zähler. Nun sind wir seit gestern Nacht in Port Elizabeth, einer wunderschönen Hafenstadt am indischen Ozean. Viel gesehen haben wir noch nicht, die Müdigkeit hat uns alle fest im Griff an diesem ersten Tag, aber es kommen ja noch zwei bis drei Tage, bevor es für die Weihnachtstage weiter geht nach Jeffrey’s Bay. Inzwischen sind wir eine richtig lustige und nette Truppe geworden, da machen selbst ewige Touren im Auto Spaß und zur Not hat man fast überall wunderschöne Natur, die man bewundern kann.

Das Wertvollste dieser letzten Zeit für mich war und ist die Erkenntnis, wie glücklich ich aktuell bin. Ich habe eine Arbeit, die ich wirklich liebe, auch trotz der damit verbundenen Anstrengungen, ich lebe in einem atemberaubenden Land und habe unbeschreiblich tolle Menschen kennenlernen dürfen, ich erlebe Dinge, die ich mir sonst nie habe vorstellen können, ich erweitere täglich meinen Horizont und diese Entwicklung hat eine sehr befreiende Wirkung.

Damit einher geht, passend zur Weihnachtszeit, eine große Dankbarkeit und ich möchte die Zeit hier auf die bestmögliche Art und Weise nutzen. Dazu gehört jetzt auch diese längere Pause zum Kraft tanken um die gesammelten Ideen und Vorstellungen im nächsten Jahr umsetzen zu können. Gleichzeitig will ich dieses abgefahrene Land noch besser kennenlernen, viele neue Kontakte knüpfen und Erfahrungen sammeln.

Doch jetzt wird entspannt, in der Sonne gelegen und runter gefahren. Ich habe aber auch schon von Paintball-Plänen für heute Nachtmittag gehört…

 In jedem Fall sind wir alle gespannt, was uns noch so erwartet (besonders zu Weihnachten und Sylvester), hier,

auf der anderen Seite der Welt.

TGIF #7

Thank God, it’s Friday! Und das meine ich auch so.
Wir bewegen uns mit rasender Geschwindigkeit auf den Jahreswechsel zu, auf Instagram beschwert man sich wie kurz es war oder was man alles nicht geschafft hat oder man liest Dinge wie: „2018? Was bitte war das?“
Ich kann nur sagen, ich hatte ein herausragendes Jahr!
Führerscheinprüfung im ersten Anlauf bestanden, ein richtig gutes Abi eingesackt (plus einer Abirede, die mega Spaß gemacht hat. Danke Julia :*), mein erster Besuch in München und mein erstes Bier, das mir geschmeckt hat, vier wunderschöne Tage in Paris und das Beste: Die ersten dreieinhalb Monate in Südafrika.
Es ist wahr, das erste Quartal ist rum. Drei kommen noch.
Vor meiner Abreise hörten sich drei Monate nach viel Zeit an. Jetzt sitze ich hier und frage mich, wie das so schnell an mir vorbeirasen konnte. Ich habe noch längst nicht alles gemacht, was auf meiner To-Do-Liste steht, gleichzeitig reicht das Erlebte aus der Zeit hier, um ein ganzes Jahr mit Spannung und Aufregung zu füllen (für Genaure Infos einfach mal durch die vorherigen Blogeinträge schauen).
Auf der Arbeit hat sich das Klima in den letzten Wochen merklich verändert. Auf einmal hat man den ganzen Tag Stress. Nicht, dass wir vorher nichts zu tun hatten, aber es war alles ganz entspannt. Man hat sich die Arbeit aufgeteilt, jeder hat ein bisschen was getan und dann war man durch. Jetzt, zum Jahresende müssen ein Monthly Report, eine Annual Review und ein Operational Plan geschrieben werden, sowie unsere Einschätzung der geleisteten Arbeit abgegeben werden, gleichzeitig gilt es, in kurzer Zeit ein Krippenspiel einzustudieren, die Geschichte eines Teilnehmers aufzuschreiben und mit Fotos aus seinem Leben auszustatten, um sie dann an deutsche Unterstützer*innen der New World Foundation (NWF) zu schicken, die Halle musss dekoriert, eine Party organisiert und ein Ausflug geplant werden. Gleichzeitig hat meine Mitfreiwillige Geburtstag und ich muss zwei Wichtelgeschenke besorgt bekommen, eines für eine Kollegin und das Fertigwerden des zweiten in Deutschland muss ich über WhatsApp koordinieren. Hinzu kommt eine Art Training oder Fortbildung über Kunst in der Kinderentwicklung, eine Reihe von acht Seminaren, für die dann auch noch Hausaufgaben aufgegeben werden.
Nennt mir eine Person, die da nicht in Stress käme.
Beklagen darf ich mich aber eigentlich nicht, denn die komplette letzte Woche davor war ich krank geschrieben, sowie je drei Tage in den zwei Wochen davor. Ach, ich vermisse diese Zeit…
Seit ich nun wieder auf der Arbeit bin, geht alles drunter und drüber. Liegt vielleicht an meiner längeren Abwesenheit, offensichtlich läuft da ohne mich nichts. Nein, Spaß, aber müssen diese ganzen Berichte und Pläne alle zur selben Zeit geschrieben werden?
Aber lasst uns von den schöneren Dingen reden.
Mit das Beste an der Zeit, in der ich nicht auf der Arbeit war, war die Rückkehr zur NWF. Die Gesichter und das Kreischen der Kinder im Kindergarten, die Freude bei den Kolleg*innen, Aunty Bettys Strahlen, als ich sie in der Küche besuchte, das Schreien der Kinder am Nachmittag. Es ist immer schön zu wissen, dass man vermisst wird.
Vor einigen Wochen war es dann so weit: Gefühlt die gesamte Community versammelte sich in der Kirche neben der NWF. Der Anlass war das jährliche Konzert der Kindergarten-Kinder. In einem langen Programm präsentierten diese eingeübte Tänze, Lieder und Gedichte. Auch wenn nicht alle alles einwandfrei auswendig konnten, war es sehr süß und herzerwärmend und zum Dahinschmelzen. Daneben durften auch die Mädchen unseres Junior Girls Clubs etwas aufführen.
Eigentlich unfassbar spät, dafür dass wir schon über drei Monate hier sind, waren wir dann auch bei unserem ersten Braai. So nennen es die Südafrikaner, wenn sie grillen. Da die das in etwa alle zwei Tage tun, ist es eigentlich unverzeihlich, dass wir das erst jetzt geschafft haben. Es war trotzdem sehr lecker!

Eine andere, aufregende Erfahrung in der letzten Zeit war auch meine zweite Wanderung. Unter strahlendem Himmel, brennender Sonne und einer stetig wehenden Brise ging es den Lion’s Head hinauf. Der unglaubliche Ausblick über die Stadt, das Meer, die Buchten, die anderen Berge war einmalig und es steht nicht zur Diskussion, dass ich da nochmal hochlaufen werde. Neben einer Schar von Schmetterlingen haben wir dann auf der Bergspitze auch Miley und Noah Cyrus getroffen, die zum Arbeiten nach Kapstadt gekommen sind. Offensichtlich ist deren kleine Gruppe die ganze Zeit direkt vor uns gewandert und wir haben es nicht bemerkt.
 

Ebenfalls ein schöner Ausflug in die Natur war meine Fahrt
nach Boulder’s Beach. Dort kann man freilebende Pinguine beobachten. Geschützt durch den National Park lebt dort eine riesige Kolonie an der Küste, sonnt sich und ignoriert die zahlreichen Besucher. Um ganz nah ran zu kommen, hätte man umgerechnet circa neun Euro zahlen müssen, das habe ich mir dann doch lieber gespart. Aus der Ferne waren diese Tiere nämlich genauso schön.
Um die Entstehung und die Geschichte Lavender Hills und der anderen Townships besser zu verstehen sind wir außerdem in das District Six Museum gefahren. Dieses befindet sich in einer alten Kirche und erzählt die Geschichte des gleichnamigen Stadtteils, nicht weit vom Stadtzentrum entfernt. Unter dem Apartheid-Regime, wurde er zu einem „weißen“ Stadtteil erklärt, das hatte zur Folge, dass alle Menschen, die nicht als „weiß“ angesehen wurden, umgesiedelt wurden, in die besagten Areale, die heute Townships oder Capeflats genannt werden. Mitgenommen werden durfte, was auf die Transporter, die die Menschen abholten passte, der Rest blieb zurück.
Als Folge entstanden große Gebiete ohne ausreichend Arbeit, mit wenig Eigentum, Geld und Sicherheit. Dass sich viele den Drogen zuwandten, Gangs gebildet wurden und die Kriminalität extrem hoch wurden, ist da nicht verwunderlich. Dank einer Führung durch eine Frau, die selbst aus District Six verbannt wurde, konnten wir diese Zusammenhänge sehr persönlich und emotional näher gebracht bekommen.
Dieser Ausflug hat uns gezeigt, dass es eine Erklärung für die heutige Situation in Lavender Hill gibt. Dass die Probleme nicht von irgendwoher kommen. Klar gemacht hat uns das auch, wie wichtig und einflussreich unsere Arbeit hier sein kann. Denn vielleicht helfen wir einigen Kindern, gute Arbeit zu finden und sich und der Familie ein besseres Leben zu bieten.
 
Doch was kommt jetzt? Wie sieht die Zukunft aus?
Bis zu den Ferien ist erstmal noch einiges zu tun. Wir werden eine kleine Party für die Jüngeren veranstalten und mit den Älteren schwimmen gehen. Das gibt es noch eine Weihnachtsfeier mit den Angestellten und dann haben wir Urlaub. Für mich und Jackie bedeutet das, dass wir am 16. Dezember den Flieger nach Durban nehmen, uns dort mit Freunden treffen und die nächsten zwei Wochen die Ostküste hinunter, zurück nach Kapstadt fahren werden. Dabei werden wir Port Elizabeth und Plettenberg besuchen und die wunderschöne Natur dieses Landes sehen. Und feiern… Über Sylvester bleiben wir dann in Kapstadt und für die erste Woche des Jahres 2019 muss ich mir noch eine Beschäftigung suchen.
Dann kommen die neuen Kinder. Anmeldungen werden ausgefüllt, Programme geplant und natürlich das Wiedersehen gefeiert.
Irgendwann möchte ich dann noch surfen lernen und mit Haien tauchen. Dazu kommen noch einige geplante Wanderungen, Museums-Besuche, Märkte die es zu erkunden gilt und vieles mehr.
Im März feiere ich dann meinen ersten Geburtstag ohne irgendwelche Familie, bevor genau diese mich dann im April hoffentlich besucht.
Aber bis dahin ist noch lange Zeit! Jetzt kommt erstmal der Sommer und der Jahresabschluss, bevor wieder Kräfte getankt und all diese Vorhaben Realität werden können, hier,
auf der anderen Seite der Welt.