Die Unendliche Geschichte

„Damals, als ich im Ausland war-„

„Während meines Freiwilligendienstes-„

„Das erinnert mich an eine Erfahrung was ich in meinem Auslandsjahr gemacht habe-„

Was haben alle diese Sätze gemeinsam?
Die Antwort: In 80% der Fälle folgt ein Kommentar der anderen Gesprächsparteien darüber, dass man doch bitte mal über etwas anderes als seine Auslandserfahrungen reden soll.

Ich mag vorurteilsbelastet sein, war ich ja selbst im Ausland. Logischerweise, was hätte ich sonst auf diesem Blog verloren?

Aber nun beantwortet mir bitte ganz ehrlich: Was ist so schlimm daran von dieser einen Sache zu erzählen, die einen so sehr verändert und wachsen lassen hat?

Ich sehe das so: Mir wurde schon so oft gesagt, dass ich aufhören soll immer so viel von einem einzigen Thema zu reden. Egal was es ist. Wenn ich für etwas brenne, rede ich viel darüber. Und anscheinend sind einige Leute davon genervt.
Was ich tatsächlich kaum nachvollziehen kann. Ich hatte schon oft die Situation in der eine Person, mit der ich befreundet bin, überenthusiastisch über etwas berichtet oder schwärmt, was mich beim besten Willen nicht interessiert hätte.
Aber ist nicht allein diese Emotion etwas wunderschönes? Enthusiasmus, Lebensfreude, Leidenschaft. Das Glitzern in den Augen wenn man von etwas erzählt was einem am Herzen liegt.
Mich für meinen Teil macht das ziemlich glücklich wenn ich sehe dass mein Gegenüber im Gespräch aufblüht. Aber nun, nicht jede*r muss so denken wie ich, das ist mir natürlich auch bewusst.

Aber dann erkläre mir doch mal bitte jemand, weshalb sich in solchen Situationen dann darüber lustig gemacht werden muss, wenn Lisa wieder zu viel über Australien redet.
Menschen zu zeigen, dass sie ihre Passion zu Themen nicht ausdrücken können, das ist psychisch gesehen so ziemlich der größte Mist den man machen kann. Es resultieren Menschen die unsicher sind, das Gefühl haben durch ihre Leidenschaften invalide oder lächerlich zu sein. Es dauert Jahre bis man aus diesem Denken wieder heraus kommt und sich keine Vorwürfe mehr macht, dass man gerade doch tatsächlich länger als anderthalb minuten über ein Thema geredet hat.

Davon einmal abgesehen, natürlich gibt es viel zu erzählen!

China waren für mich sieben Monate meiner Lebenszeit. Ich bin doch nicht nach Asien gereist um ohne Geschichten und persönliches Wachstum im Koffer zurück zu kommen.
Und da erwartet man wirklich von mir, dass ich mein restliches Leben davon schweige?

Einige Situationen sind ja nicht einmal China-spezifisch. Ob mir diese Anekdote in einem Nachtzug von Yinchuan nach Lanzhou oder in einem ICE von Hamburg nach Hannover passiert, das spielt doch nicht mal eine Rolle. Aber natürlich, allein mit der Einleitung „Während meines Auslandsaufenthalts“ ist alles hinterhergesagte invalide, denn „Jetzt erzählst du ja schon wieder davon, ja, wir wissen dass du in China warst und dass es dich für dein Leben geprägt hat.“

Natürlich hat es das. Wer als Freiwillige*r ins Ausland geht ohne sich zu verändern zu wollen, hat den Sinn dahinter nicht verstanden. Das waren kostbare Erfahrungen die ich gemacht habe, und die soll ich nun nicht teilen dürfen?

Das ganze soll natürlich nicht übertrieben verstanden werden. Ich renne nicht auf wildfremde Personen zu und brülle ihnen ins Gesicht „Hey ich war in China, willen Sie wissen was ich alles gelernt habe?!“
Aber meine Güte, es wird doch wohl nicht zu viel verlangt sein wenn ich mir nicht jedes mal sobald das Schlagwort „Ausland“ fällt, ein Witz á la „Bestellst du in Restaurants jetzt auch nur noch auf Chinesisch“ um die Ohren geschlagen wird.

Denn im Endeffekt sehe ich es so:
Niemand zwingt einen sich mit einer rückgekehrten Person zu unterhalten. Wer keine Lust hat, möge aufstehen und gehen.

Weil, naja. Wer genervt davon ist, dass ich mit Freude und Erinnerung von Momenten erzähle, die mein Leben bereichert und verändert haben, der ist vielleicht meine Zeit auch gar nicht wert.

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