Ein ganz normaler Tag

Zwischen 5 und 6 Uhr wecken mich die ersten Sonnenstrahlen. Ich krieche aus meinem Schlafsack in die morgendliche Kälte. Es gibt durchaus Tage an denen man froh ist, dass der kleine Spiegel im Flur nicht alt zu viel Auskunft über das eigene Aussehen gibt. Heute bekommen wir im Büro Besuch vom vorherigen Distriktpräsidenten, weshalb ich mich für die gute Hose und ein Hemd entscheide. Die Jogginghose ist mir zwar lieber, kommt aber an solchen Tagen nicht besonders gut an.

Um 7 Uhr kommt mein Kollege und guter Freund Win mich abholen. Ich fange also an Frühstück zu machen. Dafür gebe ich 4 Eier in ein Glas, möchte Milch hinzufügen, stelle aber schon am Geruch dieser fest, dass es heute eher Milchpulver und Wasser in mein Rührei schaffen. Mit genug Paprika, frischen Zwiebeln, von den Nachbarn und den Nudeln von gestern, wird das trotzdem ein Genuss.

Ich nehme die Pfanne vom Herd, setze Abwaschwasser auf und fange an zu essen. Pünktlich um 6:45Uhr bin ich fertig und hab noch genug Zeit zum Abwaschen und Zähne putzen. Beim Polieren der Backenzähne fällt mir ein, dass ich ja heute meinen USB-Stick mitbringen wollte, um Tande ein paar Bilder zu überspielen. Ich fange also an zu suchen. Als ich ihn um 7:10Uhr finde, ist von Win noch keine Spur. War zu erwarten. Ich schleppe also noch eben den Generator vor die Tür und pumpe Wasser aufs Dach, damit ich am Nachmittag nicht auf dem Trockenen sitze. Kaum fängt der Generator an zu brummen und das Haus durchzuschütteln, kommt auch schon Win um die Ecke und drängt, da es schließlich schon 7:20Uhr ist. Gemeinsam schleppen wir die Maschine wieder ins Wohnzimmer und machen uns anschließend auf den Weg zur Arbeit.

Es hat die ganze Nacht geregnet, weshalb die breiten Lehmwege wie eine Schlittschuhbahn fungieren. Mit ach und krach schaffe ich es, die hüglige Strecke bis zum Highway ohne Sturz hinter mich zu bringen. Hier herrscht zwar keine Rutschgefahr mehr, jedoch ist, durch die hektischen PMV’s, dennoch Vorsicht geboten. Unterwegs trifft man unzählige Freunde aus dem eigenen und den benachbarten Dörfern. Es wird sich freundlich gegrüßt und die Tagespläne ausgetauscht.

„Last two! Last two!“, schreit einer der PMV-Fahrer Richtung Ialibu. Win und ich schnappen uns die angepriesenen Plätze und schon geht die 20-minütige Fahrt los. Eine Frau hat einen Sack voller Ferkel als Handgepäck, die sich nun durch schreien und Gestank bemerkbar machen. Ich schaue durch die gesprungene Scheibe auf die Straße, auf der sich Schulkinder, Betelnussverkäufer*innen und Straßenhunde tummeln. Da das Radio nicht geht, habe ich die Ehre, die Fahrgemeinschaft mit Musik aus meiner Bluetoothbox zu versorgen. Win macht über Umwege klar, warum er kein Geld für den PMV mithat, aber dennoch eingestiegen ist. Ich übernehme die 2 Kina für ihn, unter der Bedingung, dass er heute das Mittagessen besorgt.

In Ialibu angekommen, kämpfen wir uns durch das Gedrängel auf dem Marktplatz Richtung Büro. Es geht vorbei an kleinen Läden, der Polizeistation und einer Schule. Das Büro liegt abseits der Stadtmitte, in der Nähe des Waldrandes. Distriktpräsident Tande muss wieder hier übernachtet haben, denn er ist mal wieder vor uns da. Gemeinsam betreten wir das Büro und besprechen die Pläne für den heutigen Tag.

Es gilt ein Formular zu erstellen, in welchem die einzelnen Pastoren aufschreiben können, wie viele Kirchenmitglieder ihre Gemeinde zählt. Ich entwickle einen Entwurf, während mir Win und ein mir fremder Pastor immer wieder neue Ideen um die Ohren schleudern. Nach einigen Streitereien einigen sie sich schließlich auf eine Version und wir fragen die langsam eintrudelnden Pastoren wie viele Seiten Tabelle sie denn ungefähr brauchen. Kaum haben wir genaue Zahlen, fällt auch schon der Strom aus und der Traum vom Drucken platzt.

Kein großes Problem für die Anwesenden. Die Pastoren lassen sich auf der Wiese vor dem Büro nieder und es wird erstmal gewartet. Während dieser Zwangspause trifft auch der vorherige Distriktpräsident ein und gesellt sich zu den anderen. Tande schafft es zum Glück die Situation in das sowieso geplante Meeting umzubauen und damit die verloren geglaubte Zeit zu nutzen. Da viele der Anwesenden die Ortssprache nutzen anstatt Tok Pisin und mich das Thema des Meetings auch nicht brennend interessiert, entscheide ich mich mir eine andere Beschäftigung zu suchen.

Da wir im Moment an ein paar Gebäuden arbeiten, die als Besprechungs- und Lagerräume gedacht sind, kann ich mich in der Baugrube etwas austoben. Ich glätte also mit dem Spaten eine Fläche am Hang, auf der später ein Gebäude stehen soll. Nach einiger Zeit höre ich Win’s Jubeln, das auf eine Rückkehr des Stromes schließen lässt. Gerade rechtzeitig, denn ich kann nicht mehr.

Also Formulare ausdrucken und an die Pastoren verteilen. Win hat in der Zwischenzeit sein Versprechen eingehalten und sorgt mit ein paar Süßkartoffeln für ein verspätetes Mittagessen.

Nach der Stärkung fragt einer der Pastoren, ob ich mir mal seinen Laptop angucken könnte. Ich willige ein und werfe einen Blick auf das Museumsstück. Das Problem ist, dass er den Laptop günstig, dafür aber ohne Akku gekauft hat. Überraschender Weise, geht er beim Anschließen ans Stromnetz an und wir können Windows einrichten.   

Nun ist es schon 16 Uhr und ich muss mich langsam auf den Weg nach Hause machen. Ich packe also meine Sachen und lasse mich von Win bis zur Bushaltestelle bringen, da man in Ialibu nicht unbedingt alleine unterwegs sein möchte. Gerade noch rechtzeitig schaffe ich es in den PMV, denn nur Sekunden später fängt es zu regnen an. Zum Glück hält das die Leute auf dem Markt nicht davon ab ihre Waren zu verkaufen. Ich kann also noch ein paar Karotten und einen Brokkoli ergattern, bevor ich die letzten Meter nach Hause beschreite.

Nach dem ich die Einkäufe verstaut habe, ziehe ich meine Badehose an, schnappe mir ein Handtuch und mache mich auf den Weg zur Quelle. Ich habe zwar eine Dusche, aus der plätschert jedoch nur spärlich Wasser und dieses ist in den meisten Fällen eiskalt. Also die 10 Minuten zur Quelle laufen und Wasser sparen. Ich schlage mir den Weg durchs dichte Grasland und stelle fest, dass es sich ein Schwein im Eingang, zur Waschstelle gemütlich gemacht hat. Es rennt zum Glück weg, als es mich kommen sieht und ich begebe mich in den knöcheltiefen, kalten Teich, an dessen Ende ein Schlauch aus dem Hang ragt, der den Teich mit frischem Quellwasser versorgt. Ich muss mich bücken um ganz von dem Strahl getroffen zu werden und halte die kalte Dusche auch meist nur für ein paar Sekunden aus. Danach seife ich mich ein, wasche mich ab und begebe mich so schnell es geht zurück in meine warme Hütte.

Aller höchste Zeit, für ein herzhaftes Abendessen. Da ich der Sorte Mensch angehöre, die nicht mal Wasser kochen kann und die mit so vielen frischen Zutaten meist vollkommen überfordert ist, reicht es nur für eine auf Tomatenmark basierende Soße, in der Brokkoli und Karotten Platz finden.

 Als ich um 20 Uhr mit dem Abwasch fertig bin ist es bereits dunkel. Ich nutze die ruhigen Abendstunden, um die Fotos der letzten Tage zu bearbeiten und ein wenig zu lesen. Aus der Kirche ist zwar noch eine einzelne Gitarre zu hören, die wohl vom Sohn meines Nachbarn gespielt wird, ich bin jedoch zu müde um nochmal raus zu gehen und entscheide mich stattessen fürs Zähne putzen und bett fertig machen. Um 21 Uhr liege ich Bett und höre noch ein wenig Podcast, bis ich einschlafe.

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