Es hochzeitet im Hindu Stil

Helge und ich wurden von unserer guten Freundin Sonal zu unserer ersten vollständigen indischen Hochzeit eingeladen, bei der wir bei allen 5 Tagen der Hochzeit teilnehmen durften.

In den Wochen vor der Hochzeit gingen bereits die Vorbereitungen los und wir sind mit ein Paar Freunden shoppen gegangen, um festliche traditionelle Kleidung zu kaufen. Bezahlen durften Helge und ich am Ende aber nicht, Sonal bestand darauf für uns zu bezahlen. Nachdem ich mit einem wunderschönen lilafarbenen Saree und Helge mit einer neuen blauen Kurta ausgestattet wurden ging es noch daran festliche Schuhe zu kaufen, was sich auf meiner Seite als richtige Herausforderung entpuppte, da ich für indische Verhältnisse mit einer Schuhgröße 40 weit über dem Durchschnitt liege. An einem anderen Tag bin ich bin Sonal erneut losgefahren, Ziel war der belebteste Teil Nagpurs um passende Armreifen zu meinem Saree, ein Petticoat und noch ein Paar andere Besorgungen zu kaufen.

Der erste Tag der Hochzeits-Zelebrierung begann am Sonntag damit, dass sich die enge Familie (ca. 50 Personen) Zuhause bei Sonal Zuhause trifft um sich von Henna Künstlerinnen das traditionelle Mehendi auf die Hände malen zu lassen. Damit das Design besonders intensiv wird muss das Henna erstmal 15 Minuten antrocknen bevor man seine Hände wieder bewegen kann. Danach sollte man das Henna am besten über Nacht auf der Haut lassen. Nachdem alle ihr Mehendi aufgetragen bekommen haben wurde noch gemeinsam gegessen. Die meisten von Sonals Verwandten werden über die Hochzeitstage bei ihr Zuhause untergebracht, das Haus wurde für die Hochzeit nicht nur schön geschmückt, sondern auch frisch gestrichen.

Mehendi

Für zwei der fünf Tage der Hochzeit hat mir Sonal Kleider geliehen, denn an diesen Tagen hieß es auch „dress to impress“ -und Prinzessinnen-Abendkleider standen nicht auf meiner Packliste. Für den Montagabend, an dem sich der Großteil von Sonals Familie bei ihr Zuhause offiziell zum Dinner trifft hat sie mir ein langes dunkelrotes Abendkleid und passenden Schmuck geliehen. Wir kamen an dem Abend fast eine Stunde nach dem offiziellen Beginn bei Sonal zuhause an, und trotzdem haben wir den Beginn des Essens nicht verpasst – das nennt man „Indian-standart-time“.

Sonal, ihre grosse Schwester, Swarup (die Braut)
beim Dinner (Montag)

Am Dienstag Morgen, dem Tag vor der Hochzeit kamen wir schon um 10uhr zu Sonal nach Hause um Haldi zu zelebrieren. Dieses Event war mein persönliches Highlight der ganzen Hochzeit, da es eine perfekte Mischung aus Tradition und Spaß ist. Am Tag des Haldi feiern die Familie der Braut und die des Bräutigam meist getrennt die Zeremonie die daraus besteht die Hindu Gottheit Haldi zu ehren. Hier wird zuerst die Braut von ihren Familienmitgliedern mit einer Kurkuma Paste im Gesicht und am Körper eingerieben, dieser Moment war für alle Angehörigen sehr emotional. Danach geht jeder der möchte einzeln zur Braut und darf sich gegenseitig ebenfalls Kurkuma Paste auf die Wangen schmieren. Wenn der traditionelle Teil des Events vorbei ist, geht der spaßige Teil los. Es wird laute Musik gespielt, getanzt und sich gegenseitig mit Kurkuma Paste beschmiert und mit Wasser übergossen. Am Ende des ganzen sahen wir alle aus wie Minions, gelb gefärbt durch Kurkuma und von Wasser getränkt. Es hat uns mehrere duschen und Gesichtswaschungen gebraucht und trotzdem blieben unsere Hände gelb gefärbt und unser Gesicht behielt einen Gelb film. Später gingen dann alle außer die Braut zusammen zum Haus des Bräutigams, die separat ebenfalls Haldi gefeiert haben. Die Frauen der Familie der Braut haben zahlreiche Leckereien vorbereitet die wir mitnahmen um einen weiteren Teil der Tradition zu feiern. Das Essen wird zuerst vor dem Bräutigam präsentiert, dann beginnt das spiel in dem jede Frau so tut als würde sie den Bräutigam füttern, dann im letzten Moment aber wieder zurück zieht. Dieses Spiel geht dann immer weiter, am Ende muss der Bräutigam mindestens einen Bissen von allem probieren was die Frauen mitgebracht haben.

Am Mittwoch, dem Tag der offiziellen Hochzeit musste ich schon sehr früh bei der Location sein, denn ich traf mich mit Sonal, ihren Schwestern, Tanten und ihrer Mutter zum Fertigmachen. Das war ebenfalls ein sehr schöner Moment zwischen Frauen, den ich so schnell nicht vergessen werde. Ich konnte dabei zusehen wie die anderen Frauen herausgeputzt wurden, mit dem vollen Programm; Frisur, Makeup, traditionellem Saree und natürlich Schmuck… – alles muss perfekt sein! Auch mir wurde geholfen in meinen ersten eigenen Saree zu schlüpfen, meine Haare wurden traditionell im Marathi Style hochgesteckt und mit Blumen verziert und ich wurde lieh mir ebenfalls Schmuck von Sonal. Ich wurde wie ein Teil der Familie behandelt und habe mich sehr zugehörig gefühlt. Auch wenn das Makeup für meinen Geschmack viel zu stark war, fühlte ich mich trotzdem wunderschön und werde diesen Moment in Erinnerung behalten. Bevor die Braut in den Saal eingezogen kommt wird der Bräutigam, der auf einem weißen Pferd angeritten kommt, von seiner Familie mit lauter Musik und Tanz begrüsst. Dies zieht sich so lange, bis die Braut bereit ist. Wenn die Braut fertig ist, zieht sie, unter einem Dach aus Blumen in den Saal bis zur Bühne ein. Hier wird sie vom Bräutigam in Empfang genommen und es finden zahlreiche Rituale statt, wie zum Beispiel, dass sich das Brautpaar gegenseitig Reis auf den Kopf tut und Mantras in Sanskrit gesprochen werden. Diese Rituale führen dann zur offiziellen Einigung des Brautpaars. Danach bekommt jeder die Chance auf die Bühne zu gehen und das Ehepaar zu beglückwünschen, Geschenke zu überreichen und natürlich Fotos zu schießen. Jeder der damit fertig ist kann sich dann am ausgiebigen Büffet bedienen. Später finden dann noch weitere Rituale statt, manche sind sehr emotional für die Angehörigen, da ihre Tochter nun offiziell in das Elternhaus des Ehemanns ziehen wird und somit ihre Verantwortung bei der Familie des Ehemanns liegt. (In Indien zieht man traditionell erst aus dem Elternhaus aus, wenn man heiratet- dann zieht man als Frau bei der Familie des Ehemanns ein, man wohnt also nie alleine)

Hochzeit

Das letzte Event der Hindu Hochzeit ist die „Reception“, welche am Donnerstag Abend in einer separaten Location abgehalten und von der Familie des Ehemanns organisiert wird. Die einzigen Programmpunkte ist ein weiteres Fotoshooting und ein riesiges Büffet. An diesem Abend trug ich ein weiteres geliehenes Kleid von Sonal, welches mir meinen Kindheits-Prinzessinnentraum erfüllte. Ich hatte die Chance mich gut mit einigen Verwandten und Freunden von der Familie zu unterhalten.

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