Der Pazifik – Eine Region im Spannungsfeld globaler Interessen


Fotos: Jan Pingel

Diesem Thema widmete sich das jüngste Pazifik-Länderseminar in Breklum, das vom Pazifikreferat des Zentrums für Mission und Ökumene (ZMÖ) ausgerichtet wurde. Lange Zeit stand Ozeanien im Schatten anderer Weltregionen und spielte für die deutsche oder europäische Politik nur eine sehr untergeordnete Rolle. So wurde z.B. die einzige deutsche Botschaft in den Pazifikstaaten in Port Moresby (PNG) vor einigen Jahren geschlossen. Erst seit jüngster Zeit scheint nun eine Kehrtwende einzusetzen, die Ozeanien wieder stärker in den Fokus der politischen Aufmerksamkeit rückt.

Diese Entwicklung hat auch mit der zunehmenden Einflussnahme Chinas auf die Pazifikstaaten zu tun. So bewegte China einige der Inselnationen zur diplomatischen Abkehr von Taiwan und zur Hinwendung zu China. Für die Amerikaner (wie auch für Australien) war es ein Schock, als im Mai 2022 publik wurde, dass der Inselstaat der Salomonen ein Sicherheitsabkommen mit dem großen Rivalen China abgeschlossen hatte. Spätestens seit diesem Ereignis konzentrieren sich auch die USA wieder stärker auf die pazifischen Länder, die gleichsam in ihrem Vorhof in Sichtweite ihres Rivalen Chinas liegen. Neue Botschaften werden eröffnet und die militärische Präsenz erhöht. Vizepräsidentin Kamala Harris reiste in die Region ebenso wie weitere US-amerikanische Politiker*innen.

Und hier ziehen nun auch die Europäer nach. Deutschland hat bereits 2020 die Indo-Pazifik-Leitlinien verabschiedet. In Kürze wird eine neue Botschaft in Fiji eröffnet werden. Die EU folgte 2021 mit einer Indo-Pazifischen Strategie, mit der dieser für den globalen Seeverkehr, internationale Lieferketten und Sicherheitsfragen so wichtige Raum wieder stärker in den Blick genommen werden soll. Zeitgleich entwickelt sich der Indo-Pazifik zum Schauplatz der geopolitischen Rivalität zwischen den USA und China mit entsprechenden Folgen. So rücken also Ozeanien und mit ihm die Pazifiknationen wieder stärker in den Fokus der großen Weltmächte.

Die Motivation hierfür ist durchaus vielschichtig. Zum einen geht es um die Ausweitung von Lieferketten und Handelsbeziehungen, um langfristig die Abhängigkeit von China zu reduzieren. Zum anderen spielen handfeste wirtschaftliche Interessen eine Rolle: besonders Fischerei, Rohstoffe wie Holz oder Tiefseebergbau sind hier an erster Stelle zu nennen. So gibt es seit kurzem wieder starke Bestrebungen, den Abbau von Manganknollen und anderen Bodenschätzen in der Tiefsee voranzutreiben, was den Einstieg in das größte Bergbauprojekt aller Zeiten bedeuten würde. Allein Kiribati verfügt über eine ausschließliche (maritime) Wirtschaftszone, die größer als Indien ist. Derzeit gibt es Verhandlungen zwischen Kiribati und China, Fischereirechte in ehemals geschützten Meeresgebieten auszuweisen.

Für die Pazifiknationen ist diese Entwicklung ambivalent. Ihre Interessenslagen sind durchaus sehr heterogen und keineswegs einheitlich. Gemeinsam ist die Klage darüber, dass ihre Anliegen auf internationaler Ebene nicht ausreichend gehört und beachtet wurden. Die Angebote, die ihnen nun die unterschiedlichen Player wie China, USA, Australien oder Europa machen, eröffnen Alternativen, die es ihnen erlauben, die für sie besten Optionen zu wählen und neue Spielräume auszuloten.

Andererseits ist zu befürchten, dass die Interessen der Pazifikvölker und -staaten im Wettlauf der großen Mächte um Einfluss und Dominanz in der Region ins Hintertreffen geraten. Wichtig wäre hier, den Stimmen unserer Partner Gehör zu verschaffen und sich solidarisch auf die Seite derer zu stellen, die unter den Folgen eines erhöhten ökonomischen Drucks, der Plünderung natürlicher Ressourcen, aber auch unter den Folgen des Klimawandels leiden würden. Auch gilt es, bei allen Initiativen auf die Einhaltung ökologischer Standards, Transparenz und demokratische Prozesse zu achten.

Das Zentrum für Mission und Ökumene ist einer der Träger des Ozeanien-Dialogs mit Sitz im Evangelischen Missionswerk Deutschland in Hamburg, der die Kampagne gegen den Tiefseebergbau unterstützt, der die bislang intakte Tiefseeökologie nachhaltig zu zerstören droht. Auch die Initiativen der Lutherischen Kirche in Papua-Neuguinea gegen einige Minenprojekte hat das Pazifikreferat des ZMÖ in der Vergangenheit gefördert und wird es auch weiterhin tun.

Jörg Ostermann-Ohno, Referent für Papua-Neuguinea / Pazifik und Indien