Erfahren, was verloren gegangen ist


Hanna Lehming (li.) und Anne Gidion, neue Bevollmächtigte des Rates der EKD, bei der Kranzniederlegung In der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau.

„Jüdisches Krakau und Gedenkstätte Auschwitz“ war der Titel des Kurses, zu dem sich eine 17-köpfige Gruppe von Pastorinnen und Pastoren in der letzten Augustwoche in Polen traf. Der Kurs unter Leitung von Pastorin Hanna Lehming begann in der Kleinstadt Oświęcim. Mehr als die Hälfte der Einwohner der Stadt, die von den Deutschen Auschwitz genannt wurde, waren bis 1939 jüdisch. Die junge Polin Gabriela führte die Gruppe über den jüdischen Friedhof, in die letzte noch erhaltene Synagoge und ins jüdische Zentrum. Das große Engagement, mit dem sie die jüdische Geschichte ihrer Heimatstadt erforscht, beeindruckte alle Beteiligten.

Auch in Krakau traf die Gruppe mit vielen polnischen Gesprächspartnerinnen und -partner zusammen, die sich für die jüdische Geschichte und Gegenwart ihres Landes engagieren. Janusz Makuch wuchs in der Stadt Puławy auf, die vor dem 2. Weltkrieg fast zur Hälfte jüdisch war. „Ich wollte herausfinden, was uns verloren gegangen ist“, erklärte er. Im Jahr 1988 gründete er das Jüdische Kulturfestival Krakau, heute eines der größten Festivals dieser Art auf der Welt. Auch Sebastian Rudol, stellvertretender Direktor des Jüdischen Kulturzentrums Krakau, ist nicht jüdisch, viele Besucherinnen und Besucher des Zentrums aber sind es. „Manche wissen nichts über ihre Herkunft oder haben Angst, sich als Juden zu erkennen zu geben. Die Unterdrückung in kommunistischer Zeit steckt ihnen noch in den Knochen.“ Im Zentrum können sie alle jüdischen Feste feiern, an Kochkursen teilnehmen, Tanzen oder Kurse zum Judentum besuchen. Derzeit ist allerdings das größte Projekt des Jüdischen Zentrums Hilfe für geflüchtete Menschen aus der Ukraine. „Die meisten unserer Besucherinnen und Besucher wissen, was Flucht bedeutet. Die Flüchtlinge brauchen uns“, erklärt Sebastian.

Hanna Lehming, Beauftragte der Nordkirche für den Christlich-Jüdischen Dialog