Geballte Frauenpower trotz schlechter Voraussetzungen – Frauen in Tansania

Das Staatsoberhaupt Tansanias ist weiblich: Die tansanische Präsidentin Samia Suluhu Hassan kam 2021 an die Macht, als der vorherige Amtsinhaber, Präsident Magufuli, überraschend gestorben war. Mama Samia, wie die Präsidentin vielfach liebevoll und respektvoll zugleich genannt wird, ist die erste Präsidentin Tansanias. Sie ist Muslima und stammt aus Sansibar. Auch im tansanischen Parlament sind Frauen gut vertreten: Der Frauenanteil liegt bei 37,4% und ist damit höher als im deutschen Bundestag (35%).

Samia Suluhu Hassan, Präsidentin von Tansania

Trotz dieser offensichtlichen Frauenpower an der Spitze des Landes haben Frauen und Mädchen in Tansania eine Reihe von Herausforderungen zu meistern. Ein Großteil der täglichen Hausarbeit liegt auf ihren Schultern, und das ist eine Menge, denn viele tansanische Haushalte v.a. in ländlichen Regionen, haben nach wie vor weder Strom noch fließend Wasser. Die Frauen müssen das Wasser zum Teil von weit entfernten Brunnen holen und nach Hause transportieren – entweder auf dem Kopf oder mit Hilfe von Fahrrädern oder Eseln. Zum Kochen wird Feuerholz oder Holzkohle benötigt, auch die wird meist von den Frauen nach Hause gebracht.  Und auch die Arbeit auf der shamba, dem kleinen Feld, auf dem viele Familien für den Eigenbedarf Gemüse anbauen, ist in der Regel Frauensache.

Bei der Bildung bevorzugen viele Eltern noch immer die Söhne, denn das traditionelle Rollenbild, wonach die Frau für den Haushalt und die Kinder zu sorgen hat, während der Mann einer bezahlten Tätigkeit nachgeht, beeinflusst nach wie vor das Denken. Hinzu kommen weitere Probleme, die den Mädchen den Zugang zu Bildung erschweren: Viele Mädchen haben keine Möglichkeit, an Hygieneartikel zu kommen, außerdem mangelt es vielen Schulen an Toiletten. So sind viele Mädchen jeden Monat gezwungen, während ihrer Menstruation zu Hause zu bleiben und verpassen wichtigen Schulstoff. Verhütungsmittel sind, wenn überhaupt, nur für verheiratete Frauen zugänglich. Außerdem sind Vergewaltigungen ein großes Problem.

Die Zahl der Teenager-Schwangerschaften nimmt zu, und für minderjährige Mütter ist es besonders schwer, nach der Geburt ihres Kindes die eigene Schulbildung fortzusetzen. Immerhin hat Präsidentin Samia die Eltern der Teenager-Mütter ausdrücklich dazu aufgefordert, die jungen Frauen nach der Entbindung wieder in die Schule zu schicken. Ihr Vorgänger Präsident Magufuli hatte dies noch verboten, was weltweit große Empörung ausgelöst hatte. Die unterschiedlichen Bedingungen beim Zugang zu Bildung spiegeln sich in den Alphabetisierungsraten: So sind 24% der tansanischen Frauen Analphabeten, unter den Männern sind es dagegen nur 15%.

Frauen in Tansania bei der Feldarbeit

Trotz der Last an Hausarbeit und der geringeren Bildungschancen tragen viele Frauen in Tansania in erheblichem Maße zum Familieneinkommen bei, nicht wenige sorgen allein für den Unterhalt der Familie, weil der Vater der Kinder alkoholabhängig ist oder sie im Stich gelassen hat. Viele Frauen verkaufen selbst angebautes Gemüse auf dem Markt, betreiben eine kleine Garküche am Straßenrand, wo sie z.B. Chipsi-Mayai (Bratkartoffeln mit Eiern) oder geröstete Maiskolben verkaufen, andere arbeiten als Schneiderinnen oder Friseurinnen oder schaffen es, sich einen kleinen Laden aufzubauen.

Schülerinnen in Tansania

Die lutherische Kirche in Tansania spielt eine wichtige Rolle beim Empowerment der Frauen. Sie kämpft gegen die in manchen Ethnien noch immer praktizierte Genitalverstümmelung an. In Seminaren und Workshops klärt sie die Frauen über ihre Rechte auf und hilft ihnen dabei, sich gegen geschlechtsspezifische Gewalt zu wehren. In kirchlichen Berufsbildungszentren bekommen Frauen die Möglichkeit, ein Handwerk zu lernen, um die beruflichen Chancen zu verbessern.

Der Girls Club auf Sansibar ist etwas ganz Besonderes, weil sich hier muslimische und christliche junge Frauen über die Religionsgrenzen hinweg gegenseitig beraten und helfen und dabei Freundschaften fürs Leben schließen können. Und sehr oft stellen sie fest: Die Schwierigkeiten, mit denen sie zu kämpfen haben, egal ob als Muslima oder als Christin, sind dieselben. Wie gut, Freundinnen zu haben, die verstehen, wie es mir geht!

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