Geeintes China und „Black Forest Cake”


Erst zehn Tage vor Beginn der ÖRK Vollversammlung entschied sich der Chinesische Christenrat (CCC), eine siebenköpfige Delegation nach Karlsruhe zu schicken. Darunter den Präsidenten der 38 Millionen Mitglieder umfassenden Kirche und andere hochrangige Personen. Dafür gab es zwei aktuelle Gründe. Die Corona-Auflagen für Rückkehrende aus dem Ausland hatten sich überraschend gelockert und der Brunnen-Workshop der Presbyterianischen Kirche Taiwan (PCT) sollte nicht ohne Gegendarstellung bei diesem internationalen Forum bleiben. Wie konnte der ÖRK es zulassen, dass die PCT die Versammlung als politische Bühne zur Agitation gegen China missbraucht?

Abendessen mit der Delegation des Chinesischen Christenrates. Rechts neben Eckhard Zemmrich der Präsident, Rev. WU Wei, vorne links der Vizepräsident, Rev. SHEN Xuebin. Martin Krieg, Ute Hedrich von der EKD und Annette Mehlhorn, die neun Jahre in Shanghai als Pfarrerin der deutschsprachigen Gemeinde tätig war,

Als Leiterin der China InfoStelle war ich schon in die Bemühungen um eine Express-Visaerteilung durch die deutsche Botschaft in Shanghai involviert. In Karlsruhe habe ich Begegnungen und Gespräche zwischen Personen der CCC-Delegation und deutschen Kirchenvertretern in der Ostasienarbeit vermittelt. Durch die anhaltende Null-Covid-Politik der Volksrepublik sind Besuche aus oder in das Land seit Anfang 2020 unmöglich. In der EKD und im Evangelischen Missionswerk gab es zwischenzeitlich Neubesetzungen in den für die Partnerschaftsarbeit zuständigen Stellen. Die Möglichkeit des persönlichen Kennenlernens in Karlsruhe war insofern ein großer Glücksfall. Gemeinsames Essen ist die beste Methode, entspannt und vertrauensvoll mit chinesischen Menschen ins Gespräch zu kommen. Eine Einladung der EKD zum Abendessen war der Höhepunkt des Miteinanders. Vier Stunden lang haben wir über die Wiedervereinigung von China und Taiwan versus Ost- und Westdeutschland diskutiert, über die Bedeutung von Sinisierung und die Entwicklungen in unseren Kirchen. Trotz kontroverser Meinungen war die Atmosphäre sehr herzlich. Einladungen zu Besuchen und Zusammenarbeit im theologischen Bereich wurden wiederholt ausgesprochen.

Mit anderen chinesischen Teilnehmenden an der Vollversammlung habe ich in Einzelgesprächen sehr viele Informationen über die aktuelle Situation in ihren Kirchen, ihre Sorgen und Hoffnungen erhalten. Eine Pfarrerin wünschte sich, einmal ein Stück „Black Forest Cake“ zu essen. Im Café fotografierte sie die Torte, sich und uns mit großer Befriedigung, Auftakt zu einem ausgiebigen Plausch in chinesischer Sprache über Gott und die Welt, gemeinsame Bekannte und die konkrete Situation in ihrer Gemeinde in Shanghai, die Zeit im Lockdown und ihre persönlichen Ansichten.

Der Ökumenische Rat der Kirchen ist in China und Hong Kong kaum bekannt. Bei uns werden die Menge der Christ*innen und die Lebendigkeit der evangelischen Kirche in China kaum wahrgenommen. Die Vollversammlung war ein sehr wichtiger Ort, um aufeinander aufmerksam zu werden und Interesse zu wecken. Beides sind notwendige Voraussetzungen für die Partnerschaftsarbeit.

Übrigens hatten sich sechs der sieben Delegierten aus China in Karlsruhe mit Corona infiziert und mussten in Frankfurt in Quarantäne gehen. Der siebte Delegierte wurde erst in Shanghai positiv getestet und war eine Woche im Krankenhaus. Nach einer Pflichtfrist von zwei Wochen nach dem negativen Test werden die restlichen Delegierten im Oktober nach China zurückkehren. Wir haben die Gelegenheit für weitere gemeinsame Unternehmungen und vertiefende Gespräche über zukünftige Möglichkeiten der Zusammenarbeit genutzt.

Isabel Friemann, Ostasienreferentin