Corona-Pandemie verändert das religiöse Leben in Norddeutschland

Kirchlich gebundene Menschen haben sich bereits auf die durch das Virus Covid 19 veränderte Lage einstellen können. Gottesdienste finden nur im virtuellen Raum, im Radio und im Fernsehen statt, Beerdigungen sind auf den engsten Familienkreis begrenzt und Taufen und Konfirmationen sind auf unbestimmte Zeit verschoben. Das ist neu, aber der Kontakt zur vertrauten Gemeinde wird telefonisch und postalisch gehalten und zahlreiche kirchliche Unterstützungsangebote machen christliches Leben auch jetzt möglich.

Schwere Situation für muslimische Gemeinden

Etwas anders sieht die Situation für unsere muslimischen Glaubensverwandten aus, darauf weist der Beauftragte für christlich-islamischen Dialog in der Nordkirche, Pastor Dr. Sönke Lorberg-Fehring hin: „ Die aktuellen Regelungen zur Religionsausübung treffen die Moscheegemeinden schwer. Insbesondere kleine Moscheen sind akut in ihrer Existenz gefährdet, da die laufenden Kosten im Wesentlichen durch die Spendensammlungen bei den Freitagsgebeten finanziert werden.“
Seit zwei Wochen steht auch das muslimische Gemeindeleben still. Alle Moscheen sind geschlossen, öffentliche Freitagsgebete, der Koranunterricht, religiöse Eheschließungen und familiäre Trauerfeiern sind ausgesetzt. Auf ihrer Website und auf Facebook bietet die Schura, der Rat der islamischen Gemeinden in Hamburg, jeden Freitag Predigten in verschiedenen Sprachen an. „Das ist eine wichtige Unterstützung für alle Gläubigen“, erklärt Lorberg-Fehring: „Aber jeder religiöse Mensch weiß, wie wichtig der Kontakt mit anderen Glaubensgeschwistern ist – umso mehr, wenn die religiösen Traditionen ein Zuhause in der neuen Heimat bilden.“ Deswegen sei die Unterstützung der Moscheen auch durch Christen ein Zeichen der Solidarität, da sie wichtige Stimme im religiösen Klang der Hansestadt seien.

Dialogbeauftragter unterstützt Spendenkampagne für Moscheen

„Ohne die gute Zusammenarbeit von Christen und Muslimen hätte beispielsweise die Versorgung der 2015 am Hamburger Hauptbahnhof gestrandeten Flüchtlinge nicht so gut geklappt“, erinnert Sönke Lorberg-Fehring: „Und auch die gemeinsamen christlich-muslimischen Bemühungen im Bereich der Seelsorge können viele Situationen des Zusammenlebens entspannen.“
Der Beauftragte für den christlich-islamischen Dialog der Nordkirche unterstützt daher die breit angelegte Spendenkampagne „Moscheen in Not“. Damit sollen muslimische Gemeinden zunächst etwas Zeit gewinnen, in der Hoffnung, dass die Beschränkungen bald gelockert werden können: „Bei einem weiteren Anhalten der Krise, besonders über den Ende April beginnenden Fastenmonat Ramadan hinaus, droht nicht wenigen Gemeinden die Schließung“, so Lorberg-Fehring, „und das würde die religiöse Vielfalt auf schmerzliche weise ärmer machen.“

Hintergrundinformationen

Die Schura, der Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg, bietet über die Spendenkampagne hinaus den Muslimen vielfältige Unterstützung an. Es gibt jeden Freitag digitale Freitagsansprachen auf Deutsch, Türkisch, Bosnisch, Arabisch, Persisch, Kurdisch und Albanisch. Auf der Website der Schura können Informationen von muslimischen Ärzten, Freizeitideen für unterschiedliche Altersgruppen, Angebote für Nachbarschaftshilfe speziell für ältere Menschen abgerufen werden. Die Schura ist bestrebt, diese Angebote weiter auszubauen. Als ein Zeichen der Solidarität schließen sich zudem einzelne muslimische Gemeinden dem christlichen Vorbild an, die in den Kirchen während der Krise jeden Abend die Glocken läuten, und lassen den muslimischen Gebetsruf erklingen.