Vor 80 Jahren überfielen deutsche Truppen die Sowjetunion

Der 22. Juni 1941 markiert einen Tag, mit dem deutsche Truppen, SA und SS unendliches Leid, unvorstellbare Verbrechen, Zerstörung und Vernichtung in die Sowjetunion gebracht haben. Der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strom, notiert dazu in einem aus diesem Anlass verfassten Brief an den Leiter der Auslandsabteilung der Russisch-Orthodoxen Kirche, Metropolit Hilarion: „Fassungslos sehen wir auf diese tiefsten Abgründe, die menschliches Denken und Planen hervorbringen können. Voller Trauer gedenken wir der unzählbar vielen Menschen, die durch dieses unaussprechliche Verbrechen ihr Leben verloren haben, ihrer Freiheit, ihrer körperlichen und seelischen Unversehrtheit oder ihrer Lebensgrundlage beraubt wurden. Wir bekennen die Schuld und historische Verantwortung, die wir als Angehörige des deutschen Volkes angesichts unserer Geschichte tragen.“

Die Gedenkstätte in Sologubovka Foto: F. Lotichius

Umso erstaunlicher ist, was bereits in den fünfziger Jahren begonnen hat: Eine Annäherung der Kirchen, der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Russisch Orthodoxen Kirche. Es war Pastor Martin Niemöller, in der Nazizeit engagiert in der Bekennenden Kirche, der mit einer Reise im Januar 1952 in die Sowjetunion der Einladung einer Kirche folgte, von der man im Westen glaubte, sie gebe es gar nicht mehr. Diese Reise fand im Höhepunkt des kalten Krieges statt – gegen heftigsten Widerstand bis in den Bundestag hinein. Dieses Zeichen, den Christen in der Sowjetunion in so schwerer Zeit, bedrängt durch Stalin, die Hand zu reichen, wurde zu einem Wegbereiter von vielen Begegnungen, Dialogen und Zeichen der Versöhnung.

Das Zentrum für Mission und Ökumene der Nordkirche pflegt seit vielen Jahren Partnerschaften und Kontakte nach St. Petersburg – Partnerstadt von Hamburg – nach Kaliningrad. Über den Gräben der Vergangenheit, die mit dem heutigen Datum in besonderer Weise in Erinnerung gebracht werden, konnten auch hier besondere Zeichen der Versöhnung entstehen. Dazu gehört ganz besonders der Soldatenfriedhof in Sologubovka, ca. 60 Km südwestlich von St. Petersburg gelegen. Es ist der vermutlich mittlerweile größte Friedhof für die sterblichen Überreste deutscher Soldaten in Russland. Bis zu 80.000 Gräber sind hier vorgesehen. Es ist genau der Ort, von dem aus in der Zeit der Belagerung Leningrads deutsche Truppen ihre Angriffe auf Leningrad flogen. In der Kirche, im Zusammenhang der Errichtung als Gedenkstätte für deutsche Soldaten von deutscher Seite wieder aufgebaut, befanden sich im Keller die Folterkeller der Gestapo. Russische Partisanenkämpfer, die zunächst die Errichtung eines deutschen Soldatenfriedhofs ausgerechnet an dieser Stelle vehement bekämpften, konnten durch eine Reise nach Deutschland umgestimmt werden, bei der sie die von Deutschen gepflegten Kriegsgräbergedenkstätten besichtigt haben. Also ein wirkliches Zeichen der Versöhnung, das hier entstanden ist. Es ist ein Zeichen dafür, dass über alle Gräben hinweg Versöhnung möglich ist, eine Versöhnung, zu der uns der Apostel Paulus gerufen hat: „Aber das alles ist von Gott, der uns mit sich selber versöhnt hat durch Christus und uns das Amt gegeben, das die Versöhnung predigt.“ (2. Kor. 5,18).