Wasser und mehr


Anupama Hial während eines Brunnen-Workshops zum Thema „Ecumenical Dalit Encounter“

„Meine Wasserflasche ist leer! Wo ist das Wasser?“ Durstig und sorgenvoll  hielt meine Kollegin aus Indien die Flasche aus dem Begrüßungsbeutel in der Hand und betrachtete ihn von allen Seiten. Meine Antwort: „Wasser bekommst Du in der Toilette“, steigerte ihr Unverständnis zu Entsetzen. „Ich würde nie Wasser aus der Toilette trinken!“, rief sie aus.

Dieser kleine Kulturschock illustriert einen sehr ernsten Hintergrund. In Deutschland haben wir überall sicheres Trinkwasser. In Karlsruhe konnte man sich das Leitungswasser in die Flasche abfüllen, die jede*r im Begrüßungsbeutel erhielt. Dafür gab es ein spezielles Zelt mit Abfüllsäulen. In Indien gibt es an vielen Orten kein Wasser, Leitungswasser ist nicht trinkbar. Als Dalit, Unberührbare im indischen Kastensystem, ist es mir genauso wie dieser Besucherin der Vollversammlung aus meiner Heimat, untersagt, das Wasser aus dem Brunnen des Dorfes zu nehmen. Dalits müssen oft sehr weit laufen, um Trinkwasser zu bekommen. Es ist eine sehr reale tägliche Sorge, die durch den Klimawandel noch verstärkt wird.

Hier mit Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt

Auf die Situation der Dalit-Frauen aufmerksam zu machen und über ihre Rechte zu sprechen, war Thema des Brunnen-Workshops, den ich auf der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen angeboten habe. Unter dem Titel „Ecumenical Dalit Encounter“ sprachen wir miteinander über den Kampf der indigenen Frauen in Indien und um ihre Identität und Daseinsberechtigung. Ihre traditionellen Kenntnisse über die Natur lässt viele der Frauen regelrechte Naturärztinnen sein. In der aryuvedischen Medizin wird die Verwendung von Chemikalien und westlichen Präparaten vermieden. Das Wissen der Naturärztinnen ist sehr kostbar. Es ist ein Schatz. Wir müssen diese Kompetenz der Adivasi wertschätzen lernen. Klimagerechtigkeit bedeutet den Indigenen Gerechtigkeit zuteil werden zu lassen.

Die Vollversammlung war eine Plattform, auf der die ganze Welt zusammenkommen und sich treffen konnte, um sich zu verschiedenen Themen in vielen Workshops auszutauschen. Es gab auch ein Seelsorgeteam, das sich um persönliche Anliegen von Teilnehmenden gekümmert hat. Ich war auch als Teil dieses Teams unterwegs, habe Menschen zum Arzt begleitet usw.

Abschließend möchte ich sagen, dass wir durch die Liebe Christi vereint sind und dass wir berufen sind, einander zu lieben. Es besteht eine dringende Notwendigkeit zur Versöhnung mit der Natur. Wir müssen Gerechtigkeit und Frieden anstreben und in die Schöpfung integrieren und umsetzen.

Pastorin Anupama Hial, Ökumenische Mitarbeiterin aus Indien