„Wie wir mit der Erde umgehen ist keine Privatangelegenheit“

Der Umweltaktivist Priya Ranjan Acharya engagiert sich in Indien für Klimagerechtigkeit und erklärt, warum er dies vor allem in der christlichen Kirche tut. Denn obwohl sie politisch immer stärker an den Rand gedrängt wird, hat sie eine wichtige Bedeutung. Besonders wenn es um die großen Fragen der Zukunft geht.

Welche Bedeutung hat die Religion für Sie als Klima- und Umweltaktivist? 

Für mich ist sie zentral. Wie gesagt, es geht im Leben um mehr als nur darum, Reichtum anzuhäufen und dafür zu sorgen, dass die Wirtschaft reibungslos funktioniert. Das ist nun wirklich nicht alles im Leben. Es geht doch nicht nur für uns als Christ*innen um die Frage: Wie wollen wir leben? Wie können wir gute Menschen sein?  Es ist vollkommen unerheblich, welchen gesellschaftlichen Status wir haben, ob wir etwas darstellen oder wie viel Geld wir haben. Wichtiger ist doch die Frage: Welchen Beitrag können wir zum Wohl anderer Menschen leisten? Wie können wir unser Leben gestalten, damit wir für andere Menschen da sein können? Deshalb sind mir in der Theologie alle Themen wichtig, in denen es um Werte geht. Dabei erfahre ich immer wieder: Gott gibt uns nicht das, was wir uns wünschen, sondern dass was wir brauchen.

Sie haben sich zum Ziel gesetzt, dass sich Menschen in ihrer Kirche mit dem Thema Klimakrise und Umwelt auseinandersetzen. Wie erreichen Sie das?

Mir geht es bei dem Thema vor allem darum, Menschen in den Dörfern zu erreichen. Ich möchte sie zunächst einmal für die Problematik sensibilisieren. Dabei will ich sie nicht wie ein Lehrer nur mit Fakten konfrontieren, sondern setze bei den  Alltagserfahrungen der Menschen an.

Wie sieht das konkret aus? 

Das gelingt am besten, indem ich einfach Fragen stelle. Wenn ich in ein Dorf komme, frage ich zum Beispiel: Wie empfindest Du das Wetter heute? Wenn dann die Antwort kommt: Oh, es ist wirklich sehr heiß, frage ich: War das schon immer so? Dann kommen die Leute ins Nachdenken und es folgt ein Gespräch. Sie erinnern sich zum Beispiel, dass die Bäche früher mehr Wasser hatten und man als Kind nicht so weit zur nächsten Wasserstelle laufen musste, dass Wälder früher dichter waren und die Pflanzen nicht so früh vertrocknet sind und überhaupt die Dürreperioden viele kürzer waren. Diese Beobachtungen stelle ich dann in einen größeren globalen Zusammenhang und erkläre mit Hilfe von Filmmaterial und anderen Medien, dass das  Folgen einer globalen Klimakrise sind. Wenn dabei deutlich wird, dass es eine von Menschen verursachte Krise ist, sind sie weniger bereit sie einfach hinzunehmen. Sie  wollen etwas tun. So geht es dann in einem weiteren Schritt darum, wie man die Situation verbessern kann, indem man zum Beispiel mehr Bäume pflanzt als abholzt, Wassersysteme ausbaut oder Solarenergie stärker nutzt.         

Warum machen Sie Du diese Arbeit in der Kirche?

Wie wir mit der Erde umgehen, ist nicht nur unsere Privatangelegenheit. Wir müssen als Teil des Ökologischen Systems begreifen, wir sind alle ein Teil der ganzen Schöpfung. Gott hat uns nicht beauftragt, die Erde auszubeuten, sondern hat uns beauftragt füreinander zu sorgen und Verantwortung für seine Schöpfung zu übernehmen.

Was gibt Ihnen Hoffnung?

Ich liebe das Wort Hoffnung. Es hilft mir, nicht aufzugeben. Es hilft, den langen Atem zu behalten, wenn es darum geht, meinen Beitrag zur Veränderung der Gesellschaft zu leisten.

Priya Ranjan Acharya (30) ist Umweltwissenschaftler und Journalist und als Umwelt- und Klimaaktivist in der Evangelisch-Lutherischen Jeypore-Kirche im Rahmen der Dorfentwicklungsprogramme aktiv. (Das ungekürzte Interview ist nachzulesen in der nächsten Ausgabe von weltbewegt, die im April erscheint.)