Satt trotz Stäbchen (17.08.2019)

5.August 2019: Die Reise ins Unbekannte beginnt. 11 Monate China liegen vor mir, 11 Monate neuer Begegnungen, 11 Monate neuer Erfahrungen, aber auch 11 Monate so unglaublich weit weg von Zuhause.

Über Hannover ging es nach Amsterdam und von dort aus nach China. Nach einigen Komplikationen mit meinem Reisepass und einem gestrichenen Flug kam ich schließlich nach 24 Stunden Flug und mit viel zu wenig Schlaf in Nanjing, China an. Das erste, was mir als ich chinesischen Boden betrat entgegenkam, war allerdings nicht das losgeschickte Begrüßungskommando, sondern die unglaubliche Hitze und Feuchtigkeit der Luft. Zusammen sind diese beiden eine wahrlich fatale Kombination! Nach kurzer Fahrt zum Hotel und einem kurzen Kennenlernen mit den anderen neun deutschen Freiwilligen, war dann der Moment gekommen, an dem ich das erste Mal die kulinarische Küche Chinas, zumindest in Teilen erleben durfte. Eine wahre Fülle an verschiedensten Speisen und Essgewohnheiten erwarteten mich. So bestellten unsere chinesischen Verantwortlichen verschiedenste Gerichte, welche, anders als in Deutschland üblich, in die Mitte des Tisches auf eine drehbare, kreisförmige Platte gestellt wurden und ein heiteres Gezanke um die besten, bzw. exotischsten Stücke auslöste. Dabei gab es neben allerlei fleisch- und fischhaltiger Gerichte auch diverse vegetarische Pendants. Neben verschieden zubereiteten Lotusblumen und diversen Reisspeisen waren auch bei uns in Deutschland verbreitete Gemüsesorten wie Kartoffeln oder Blumenkohl darunter. Auch das noch zuvor noch so kompliziert anmutende Essen mit Stäbchen war schnell in Ansätzen gelernt, sorgt allerdings nach wie vor für viele verstohlene Blicke und Kopfschütteln von den Nachbartischen.

Am gleichen Abend noch spazierten wir daraufhin durch den Stadtpark von Nanjing und waren schier sprachlos von den Menschenmassen, die sich um solch späte Uhrzeit (ca.21:00) noch auf der Straße vergnügten. Eine Beobachtung, die sich an den nächsten Abenden immer wieder machen ließ.

Anders als bei uns, fände das Leben, so erklärte man mir, in der Öffentlichkeit statt. Besonders die ältere Generation nutze dabei die Zeiten vor und nach dem normalen Tagesgeschehen, um die Zeit im Kreise ihrer Familien zu nutzen. In den eigenen vier Wänden verbringe man seine Zeit nur wenn es draußen zu kalt sei, bzw. zum Schlafen, so erklärte man mir.

 Im Park wurden gemeinsam Tea-Times abgehalten, Sheng-Fui praktiziert, zusammen getanzt oder auch unglaublich komplex anmutende Brettspiele praktiziert und das stets ohne Außenstehende auszugrenzen. Des Öfteren wurden wir zum gemeinsamen Tanz eingeladen, doch hielt ich mich zunächst noch sehr bedeckt, da ich erst meine Zeit benötigte, um wirklich in dieser völlig fremden Welt anzukommen. Ein jeder freute sich allerdings, wenn man sich als „Fremder“ in der Landessprache probierte und war hilfsbereit.

In den nächsten drei Tagen besuchten wir einige Einrichtungen unserer christlichen Organisation in China, Amity. Neben der größten Bibel-Druckerei Chinas, betreibt jene einige inklusive Bäckereien im Großraum von Nanjing und Shanghai, in welchen geistig beeinträchtigte in den Arbeitsprozess, als vollwertige Mitarbeiter eingebunden und ausgebildet werden – für mich als Rotenburger natürlich besonders interessant-. Wir wurden herumgeführt und man versuchte uns ein Bild vom Einsatz der NGO zu bieten, zu dem wir selbst als Teil von dessen „YAP-Programm zählen.

Nach vielen deliziösen Mahlzeiten flogen wir schließlich mit allen deutschen Freiwilligen und einigen Amity Mitarbeitern Richtung Norden in die Provinz Gansu, der eigentlichen Einsatzprovinz, in die Millionenstadt Jiuquan. Hier erhalten wir seit nunmehr 3 Tagen „Teachertraining“. Im sicheren Rahmen von Probeklassen, Schülern, die ihre Ferienzeit freiwillig aufgeben, um Kontakt zu Ausländern zu erhalten, die in dieser eher ärmlichen Regionen eine große Ausnahme darstellen. Anhand dieser Probeklassen sollen wir hier das Lehren lernen. Eine wahre Herausforderung!

Anders als noch in der recht internationalen Stadt Nanjing, ist man hier als „Ausländer“ eigentlich immer im Mittelpunkt der Öffentlichkeit. So wird man des Öfteren nach Fotos gefragt, oder einfach mit Blicken gelöchert oder auch heimlich fotografiert. Auch auf einem öffentlichen Festival in der Innenstadt, waren wir, nachdem uns ein Kameramann nach kurzer Zeit entdeckte, schnell auf den riesigen Leinwänden neben der Bühne zu sehen. -Hier ein wahres Zeichen von Prestige für ein Restaurant oder auch Festival, wenn man sich nachsagen lassen kann, international zu sein.- Nach einiger Zeit der Gewöhnung, begann es mir aber Freude, mit so wenig Aufwand den Menschen so viel Freude zu bereiten. Allerdings muss man sich stets dessen bewusst sein, dass es dabei primär um das eigene Äußere geht, was nun mal hier von dem gesellschaftlichen Standard abweicht und aufgrund dessen umso auffälliger ist. Aber zumindest in Ansätzen versuchte ein Großteil in gebrochenem Englisch, aber mit viel Mühe nach der Herkunft und den Motiven für den Aufenthalt zu fragen. Die nächsten Tage werden weiterhin sehr anstrengend und gefüllt sein, umso schneller wächst aber auch die Vorfreude endlich Anfang September an meine Schule und in meine Wohnung zu kommen.

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