So habe ich Ramadan auf Sansibar wahrgenommen

Vor ein paar Wochen hatte ich noch kaum eine Vorstellung von Ramadan. Im Groben war mir bewusst, worum es sich dabei handelt, jedoch hatte ich zuhause in Deutschland kaum Berührungspunkte damit. Doch nun wohne ich auf einem Insel-Archipel auf dem 98% der Bevölkerung dem Islam angehören. Dadurch ist Sansibar sehr geprägt von islamischen Einflüssen und das merkte ich nochmal mehr während der Ramadan-Zeit.

So beschloss die Regierung von einem Tag auf den anderen, die Kindergärten, Vorschulen und die ersten zwei Klassen der Grundschule für die Ramadan-Zeit zu schließen. Statt also nur 2 Wochen Oster-/Eid al-Fitr-Ferien gab es ganze 5 Wochen Ramadan-Ferien (25. März-29. April) für die Kinder und somit auch für mich. Das heißt nicht, dass ich in der Zeit nicht arbeiten war, denn ich besuchte jeden Tag das Upendo-Projekt. Und ich fand es spannend, den Ramadan bei Upendo zu verbringen. Manche Kolleginnen sind Muslima und auch der Guard ist Moslem. Durch Gespräche und auch durch das Beobachten von Verhaltensweisen, konnte ich manche Einblicke vom Ramadan erhalten. Sie fasteten, das heißt sie verzichteten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang u.a. auf Essen und Trinken. So kam es ganz automatisch, dass auch ich während der Arbeitszeit kaum aß oder trank. Es war mir durchaus erlaubt dies zu tun, denn auch die christlichen Kolleginnen fasteten nicht. Dennoch wollte ich niemanden mit meinem Verhalten verletzen und trank nur heimlich oder ging dafür in das Büro mit den beiden christlichen Chefinnen. I

m öffentlichen Raum hingegen ist es nicht gern gesehen. Zwei Tage fastete ich dann auch ganz. Ein muslimischer Kumpel, der auch gefastet hat, ermutigte mich es mal auszuprobieren. Er fastet weniger aus Glaubensgründen, sondern sieht es vor allem als eine Möglichkeit zum Steigern des Durchhaltevermögens und so als einen Energieschub. Er ist Marathon-Läufer und machte daraus eine Art Diät. Die meisten Muslime, die ich traf fasten allerdings aus Glaubensgründen. Das Fasten im Ramadan gehört zu den 5 Säulen des Islam.

Häufig wurde ich gefragt, ob ich auch fasten würde, denn auch manche Christen fasten hier während Ramadan aufgrund des großen islamischen Einflusses in der Gesellschaft. Tagsüber hatten viele Geschäfte geschlossen und Restaurants machten erst am Abend auf. Andere wurden kreativ und hingen Vorhänge auf, sodass ein privater Raum entstand, denn auch wenn es gerade keine Season ist, waren ein paar Touristen unterwegs. Normalerweise ist an jeder Ecke Essen zu finden, daher war es doch sehr ungewohnt. Die Stadt fiel in einen kleinen Schlaf und abends wachte sie ein wenig auf.

Nach Sonnenuntergang wird das Fastenbrechen (arabisch: Iftar, swahili: Iftari) begangen. Viele Familien treffen sich dafür allerdings zuhause und essen gemeinsam. Während Iftar werden auch besondere Spezialitäten serviert, unter anderem auch süße Spagetti. Ein paar Mal durfte ich Iftar miterleben. Die letzten Minuten bevor die Wasserflasche angesetzt und nach den Datteln gegriffen wurde, fand ich besonders. Da fühlte ich die Gemeinschaft sehr.

Typisch für Iftar sind viele kleine Snacks

Ein Moment hat mich während Ramadan sehr gerührt. An einem Abend besuchte ich das Fußballstadium in Dar es Salaam und es war gut gefüllt. Als es Zeit für Iftar wurde, gab es eine kurze Unterbrechung. Manche der Spieler fasteten und ihnen wurden dann Wasser und Datteln gereicht. Viele Zuschauer brachen auch ihr Fasten und es war ein tolles Erlebnis.

Iftar-Unterbrechung im Stadium

Selbst auf dem Kirchengelände, auf dem ich wohne, herrschte eine andere Stimmung während Ramadan. Die Cafeteria hatte nämlich tagsüber geöffnet und nahm alle in Empfang, die kamen. So trat ich morgens häufig aus meiner Tür und begrüßte erstmal 10 Bauarbeiter, die zum Essen kamen. Irgendwann hatte man sich auch wiederholt gesehen und ich fand ich es sehr nett. Mittlerweile ist es aber wieder ruhiger, der große Ramadan-Ansturm ist abgeklungen.

Ramadan endete mit dem hier viertägigen Zuckerfest Eid al-Fitr. Der eher ruhige Monat war vorbei und viele feierten nun. Ich wurde zu einem Eid-Frühstück eingeladen und wir aßen verschiedenes süßes Gebäck. Für die Kinder wurden Geschenke gekauft und viele besuchten den Freizeitpark oder andere öffentliche Plätze. In den Bussen wurden Datteln verteilt. Abends war es nicht möglich mit öffentlichen Transportmitteln in die Stadt zu fahren. Es wurde vorher gestoppt, denn die Hauptstraße war voller Menschen. Es glich einem Jahrmarkt und ich war begeistert.

Die Hauptstraße zu Eid al-Fitr

Ich bin total dankbar, den Ramadan zumindest ein wenig miterlebt zu haben. Es war eine sehr wertvolle Erfahrung für mich. Ich durfte viel dazu lernen und möchte nun auch in Deutschland sensibler mit dem Thema umgehen. Vielleicht begegnete ich schon vorher mal fastenden Menschen, aber ich bemerkte es nicht. Nun weiß ich etwas mehr.

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