Chengdu – Zwischen Pandas und Hot Pot

Reisetagebuch

Eintrag 1

Chengdu – Zwischen Pandas und Hot Pot

Es ist so weit, dass erste Mal verreisen, in China. Ein verlängertes Wochenende haben wir Zeit. Ziel: Die Provinz Sichuan. Sichuan ist auch außerhalb Chinas sehr bekannt, aufgrund der berühmten Sichuan Sauce. Sichuan grenzt im Norden, an die Provinz Gansu, in welcher ich lebe. Von Hui Xian, meinem Standort aus, ist es bis zu Grenze von Sichuan nicht weit.

Genaues Ziel in Sichuan ist die Provinzhauptstadt Chengdu. Chengdu hat in etwa 11,4 Millionen Einwohner, was für chinesische Verhältnisse zwar nicht mehr wenig ist, aber auch lange noch nicht viel.

Und so geht es für mich und Konstantin los zum Hui County Bahnhof, dem Bahnhof unserer Region. Eine halbe Stunde Busfahrt durch wunderschöne Berglandschaft, über sehr steile und wendige Straßen, durch Täler und Wälder. Dort angekommen müssen wir erstmal Tickets lösen. In China werden dir deine Tickets nicht online zugeschickt, sondern nur eine Nummer, mit der du dann zum Schalter gehst und gegen Vorlage deines Passes deine Tickets bekommst. Dann einen Eingang weiter, in den Bahnhof, Ticket- und Passkontrolle, das Reisegepäck wird durchleuchtet und wenn man denn nichts dabei hat, was man lieber nicht dabei haben sollte, darf man in die Wartehalle. Dadurch, dass der Bahnhof von Hui County, nicht sonderlich groß ist, kommt immer nur ein Zug zur Zeit. Unser Zug wird aufgerufen und beinahe die ganze Wartehalle setzt sich mit uns in Bewegung. Wieder Ticketkontrolle, dann müssen sich die Reisenden in zwei Schlangen aufstellen, eine für die die Schlafabteile gebucht haben und eine für die die normalen Sitzplätze auf ihrem Tickets stehen haben. Wir stehen an der Schlange für die normalen Sitzplätze an, denn bis Chengdu, sind es „nur“ neun Stunden, was für chinesische Verhältnisse eine angenehme Zeitspanne ist. Eine Schaffnerin nimmt uns mit zu dem Abschnitt des Bahnsteiges, wo unsere Wagons halten werden. Der Zug fährt ein, alle steigen ein, doch vorher, wieder Ticketkontrolle, es hätte ja sein können, dass sich doch jemand durchgemogelt hat. Wir nehmen unsere Plätze am Fenster ein und haben es uns gerade bequem gemacht und fangen an Karten zu spielen, da kommt ein Schaffner vorbei. Wieder Ticketkontrolle. Mittlerweile Nummer vier. So geht es neun Stunden durch Berge, an Flüssen vorbei und die Sonne scheint. Man vertreibt sich die Zeit mit Karten spielen, Musik hören, Filme gucken und Instant-Nudelsuppen.

Und dann ist es soweit, endlich angekommen. Raus aus dem Zug, zum Ausgang und wer hätte es gedacht, wieder Ticketkontrolle. Insgesamt fünf Kontrollen, für eine Fahrt. (Wenn es irgendjemand schafft in China schwarz zu fahren, dass wäre was fürs Guinnesbuch der Rekorde) Mittlerweile ist es schon 20:00 und dunkel. Menschenmassen, strömen aus dem Bahnhof und wir müssen uns erstmal zurechtfinden. Nach einiger Zeit haben wir dann endlich den Taxistand gefunden. Ein Taxifahrer läuft uns schon aufgeregt entgegen und zeigt auf sein Taxi. Ich halte ihm die Adresse des Jugendhostels hin, welches wir gebucht haben. Er stutzt, holt sein Handy raus und sucht wild, nach der Adresse, welche ich ihm gezeigt habe. Nun ruft er ein paar Kollegen zur Hilfe und letztendlich suchen sage und schreibe fünf Taxifahrer zusammen, nach einer Adresse. Nach etwa fünf Minuten scheint unser Taxifahrer zu wissen wo es hingeht. Wirklich sicher scheint er sich aber nicht zu sein. Na das kann ja was werden. Nach 15 bis 20 Minuten Fahrt scheinen wir da zu sein. Wir wollen bezahlen und der Taxifahrer verlangt 100 RMB. Was umgerechnet zwar in etwa nur zwölf Euro sind, was für Deutsche Verhältnisse, sehr günstig ist, aber nicht für Chinesische. 40 müssten wir eigentlich zahlen, wir handeln den Preis auf 80 herunter und steigen etwas frustriert aus.

Nun geht es auf die Suche nach dem Hostel. Vor uns steht ein relativ hohes Haus und davor eine Pforte, mit Pförtner. Das sieht schon mal gar nicht so schlecht aus. Wir fragen ihn ob er uns reinlässt, was er dann auch tut. Nun suchen wir nach einem Eingang, laufen um das Haus herum und finden nichts anderes als einen Friseur und einen kleinen Eingang, der ins Haus führt und tatsächlich an einer Rezeption endet. Der Nachtwächter an der Rezeption weiß allerdings weder etwas mit uns anzufangen, noch mit dem Namen des Hostels, welchen ich ihm zeige. Wir stehen etwas verwirrt da, bis eine Gruppe Jugendlicher aus dem Fahrstuhl steigt und ich ihnen mein Handy hinhalte. Das einzige was wir verstehen, sind die Nummern sieben, null und zwei. Nun denn, wir fahren in den siebten Stock und suchen nach Zimmer 702. Und tatsächlich da ist es, aber es stellt sich heraus, dass Zimmer 702 kein Zimmer, sondern eine Wohnung ist, welche als Jugendhostel fungiert. Wir setzen uns ins Wohnzimmer und ein Gast hält uns eine Übersetzter-App hin, welche uns sagt etwas zu warten. Nach zehn Minuten betritt eine junge Dame die Wohnung und heißt uns in halbwegs gutem Englisch Willkommen. Sie zeigt uns unsere Betten, wir teilen uns einen Raum mit zwei anderen Männern und einem Jungen in unserem Alter. Es ist mittlerweile schon gegen 22:00 und wir haben Hunger. Wir machen uns auf um etwas Essbares zu finden, doch die meisten Läden haben bereits geschlossen und letztendlich teilen wir uns einen Teller Dumplings und essen jeder einen Wrap, für viel zu viel Geld für unseren Geschmack. Was darin endet, dass wir beide völlig bedient ins Hostel zurückgehen und uns schlafen legen.

Am nächsten Morgen heißt es früh aufstehen für uns. Wir wollen zu dem Ort, wegen welchem wir hergekommen sind. Die Giant Panda Breeding Base. Ein großer Park, wo Pandas leben und großgezogen werden. Pandas sehen, live und in Farbe. Nach einem schnellen Frühstück nehmen wir uns ein Taxi und fahren 20 Minuten, bis wir da sind.

Der Eingang, vor dem sich viele Menschen tümmeln, erinnert an einen großen Panda, durch den wir zehn Minuten später schreiten. Um uns nur Menschenmassen und Bambus, soweit das Auge blickt. Das Erste, was wir uns angucken, ist eine Ausstellung über die wissenschaftliche Arbeit, welche hier betrieben wird. Pandas sind vom Aussterben bedroht und hier wird daran gearbeitet, sie wieder in ihren natürlichen Lebensraum zurückzubringen.

Auf dem Weg zu den Pandagehegen, wird uns dann klar, wie sehr wir uns schon an das chinesische Umfeld gewöhnt haben, denn nach all der Zeit wieder Europäer zu sehen, die es hier zu Hauf gibt, fühlt sich doch etwas komisch an. Schon von Weitem können eine Traube von Menschen sehen, was nur eines bedeuten kann: Pandas. Und dann können wir sie sehen, ziemlich groß, mollig und einfach nur zum Knuddeln. Pandas sind wirklich zu süß. Einige am Schlafen, andere am Essen und wieder andere Hängen einfach nur rum. Ganz entspannt, so als wären die ganzen Menschen, alle mit gezückten Handys und Kameras gar nicht da.

Nach etwa einer Stunde, fängt es erst leicht an zu regnen, dass wird sich gleich wieder legen denken wir. Etwas später wird der Regen stärker, bis er in einem Wolkenbruch endet, wie ich ihn lange nicht mehr erlebt habe. Erst überlegen wir uns in ein Kaffee zu setzen, aber die Preise sind selbst für deutsche Verhältnisse nicht mehr tragbar. Also geht’s Richtung Ausgang, da sind wir natürlich nicht die Einzigen. Draußen warten schon alle aufgereiht an der Straße auf Taxis. Dies machen sich Taxifahrer natürlich zur Nutze und treiben die Preise in die Höhe, hier wird nicht mehr nach Kilometern bezahlt, sondern pauschal. Doch nicht nur Taxifahrer, sondern auch Privatpersonen, bieten Fahrten an, so auch uns, doch auch wenn es in strömen regnet, lehnen wir ein Angebot, das sich auf 25 Euro belaufen hätte dankend ab. Mittlerweile haben sich schon so hohe Pfützen gebildet, dass Leute ihre Schuhe ausziehen und barfuß durch die Wassermassen laufen, richtige Weltuntergangsstimmung. Wir warten und warten und nach etwa zwanzig Minuten finden wir ein Taxi, dass uns für einen noch akzeptablen Preis zurück ins Hostel fährt.

Dort angekommen sofort unter die Dusche und anschließend heißt es Kleidung und Schuhe trockenföhnen. Nachdem uns wieder warm ist und unsere Kleidung trocken, geht es auf um Chengdu zu erkunden. Tianfu Square und Sunken Plaza sind unsere ersten Ziele. Ein großer Square mit einer Art Einkaufszentrum darunter, wo es doch einige interessante Geschäfte gibt, vor allem das Essen duftet verlockend. Nach einer Stärkung geht es weiter durch Parks, vorbei an eindrucksvollen Gebäuden. Nicht nur traditionelle Architektur gibt es hier zu sehen, sondern auch moderne, welche besondere Formen aufweist oder Wolkenkratzer, aus Glas und Stahl, die an ihrer Fassade eine unglaubliche Lichtshow präsentieren, wie wir abends bemerken. Gerade abends hat Chengdu einen ganz eigenen Flair. Viele, gerade junge Menschen, sind auf der Straße und Schaufenster und Neonleuchtreklamen versuchen sich gegenseitig zu übertrumpfen.

 Ein weiterer Grund, für den wir nach Chengdu gekommen sind, ist Hot Pot.

Hot Pot ist im Norden Chinas und gerade in Sichuan sehr beliebt. Wie der Name schon sagt, ist Hot Pot ein heißer Pott. Gefüllt mit einer Art Suppe, die man aus verschiedenen Geschmacksrichtungen wählen kann. Meist sehr scharf. Diese Suppe wird zum Brodeln gebracht, woraufhin man anfängt verschiedenes Essen hineinzuschmeißen, verschiedenes Fleisch (und was Tiere noch so zu bieten haben), Pilze, Gemüse, Fisch usw. Vorher hat sich jeder eine Art Sauce selber zusammengestellt, mit Knoblauch, Erdnüssen, verschiedenen Ölen und vielem mehr. In diese Sauce tunkt man dann das Essen, welches man mit besonders langen Stäbchen aus dem Hot Pot holt. Ich kann versprechen, beim Hot Pot ist wirklich für jeden was dabei.

Nachdem wir ein Restaurant gefunden haben stehen wir vor einer neuen Herausforderung, denn wirklich viel können wir auf der Speisekarte nicht lesen. Es dauert eine ganze Weile, bis wir, dank einer Kellnerin und einer Übersetzer-App unsere Bestellung aufgeben können, doch letztendlich fallen wir nach unserem Hot Pot Dinner und einem erlebnisreichen Tag satt und glücklich ins Bett.

Am folgenden Morgen machen wir uns auf den Weg zu einer Mooncake-Expo. Für alle die Mooncakes nicht kennen, Mooncakes, oder Mondkuchen, sind in China traditionelles Gebäck, welches zur Zeit des Nationalfeiertags gegessen wird. Sie sind rund, verschieden verziert und gefüllt, anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, halt gar nicht so wie deutsches Gebäck, doch nach einem oder zwei schmecken sie immer besser. Und so stehen wir eine Stunde später in einer riesigen Messehalle, voll mit Ständen, die verschiedenste Mooncakes verkaufen. Doch nicht nur Mooncakes, auch Honig, Tee und vieles mehr. Nachdem wir uns erfolgreich durchprobiert haben, geht es zurück ins Zentrum Chengdus. Mit einem Spaziergang lassen wir auch diesen Tag ausklingen und fallen fertig ins Bett. Ein schöner letzter Abend.