Fahrrad-Rally für den Frieden

Nagpur, 21.09.2022

Am 21. September wird hier im India Peace Centre der internationale Peaceday gefeiert, welcher natürlich große Bedeutung hat. Jedes Jahr findet zur Feier dieses Anlasses eine Fahrrad-Rally statt, um auf das Thema und das IPC aufmerksam zu machen. Helge und ich hatten dieses Jahr die Ehre bei der Planung von diesem wunderbaren Event mithelfen zu können. Bei diesem Event kommen Menschen aus allen Altersklassen zusammen um gemeinsam eine 14km lange Radtour durch Nagpur zu machen und ein Zeichen für den Frieden zu setzen. Dieses Jahr gab es über 1000 Anmeldungen, was das bisher größte Fahrrad-Event Nagpurs gewesen wäre… leider hat es an dem Tag der Rally geregnet, weshalb nur etwa 350 willensstarke Friedens-Vertreter kamen- trotzdem war eine sehr ausgelassene Stimmung unter allen beteiligten!

Unsere Planungsgruppe bestand dieses Jahr aus ca. 30 Personen und wir kamen vor dem Event zu zwei großen Treffen zusammen um gemeinsam für einen reibungslosen Ablauf zu Sorgen. Bei diesen Treffen besprachen wir beispielsweise wie wir die online Anmeldung generieren, welche Sponsoren wir für die T-shirts bekommen können und wer am Tag des Events welche Aufgabe übernimmt. Geplant wurde ebenfalls wer an den zwei Haltepunkten während der Rally für die Wasserstelle zuständig ist, wer nach der Rally die Snacks verteilt, wer für Social Media Beiträge zuständig ist und wer das Foto-schießen übernimmt. Ebenfalls wurden Gruppen für die Verteilung der T-shirts am Tag vor der Rally eingeteilt. Helge’s und meine Aufgabe als Freiwillige bestand darin einen Überblick über die Online Anmeldungen zu bekommen und alle Anmeldedaten mit der gewünschten T-shirt Größe in einer Exel-Tabelle aufzufassen damit dann jede Person automatisch eine Bestätigung-Email bekommen konnte und nach der Rally ihre Teilnahme Urkunde. Außerdem waren wir den ganzen Tag bei der Verteilung von den T-shirts dabei und haben jedem Teilnehmenden ihr T-shirt zugeteilt.

Der Tag der Rally: 04:45Uhr – um diese Zeit mussten wir morgens Aufstehen, da sich die Planungsgruppe bereits um 5:45Uhr beim IPC getroffen hat um letzte Unklarheiten zu klären und die Route nochmal durchzugehen. Ab 6:30Uhr trudelten auch schon die ersten Teilnehmer:innen ein, da um punkt 7:00Uhr die Rally beginnt. Vor der Rally wurden noch ein Paar ansprachen gehalten, unter anderem von unserem Mentor Dr. Tejinder Singh Rawal, der nochmal einen Bezug zwischen dem Peaceday und dem IPC herstellte und auch die Wichtigkeit dieses Tages nochmal verdeutlicht.

Der erste Stop bei der Rally war beim Futala-See, allerdings wurde hier nur kurz gehalten um auf die Nachzügler zu warten. Unser zweiter Stop war dafür von Bedeutung, denn dieser war bei der berühmten Gandhi Statue. Hier wurden Gandhi ein Paar Worte gewidmet und eine Minute in Meditation verbracht. Als wir dann gegen 8:00Uhr wieder beim IPC eintreffen warten dort schon Bananen und Samosas für alle hungrigen Teilnehmer:innen. Nachdem sich alle gestärkt haben gibt es noch ein Paar ausgelassene Programmpunkte; einen Flashmob mit Tanz und Theater zum Thema Frieden, inspiriert von dem Film „RRR“ und einige andere Tänze, und musikalische Beiträge. Der größte Teil der restlichen Veranstaltung wird aber mit Fotos machen gefüllt, da jeder mit jedem gerne ein Foto hätte. Außerdem werden Helge und ich noch Teil eines Interviews in dem wir über unsere Eindrücke berichten. Wobei man sagen muss, dass wir als weiße Personen schon nach sehr vielen Fotos gefragt werden.

Insgesamt war es von allen Seiten ein gelungenes Event, auch wenn „nur“ 350 Leute gekommen sind. Wir konnten uns ein bisschen in der Planung einbringen und somit unseren Teil zum Event beitragen. Es war aber natürlich sehr anstrengend, und somit sind wir voller Eindrücke zufrieden und glücklich ins Bett gefallen :).

Das India Peace Centre – unsere kleine grüne Insel

Die letzten 7 bis 8 Monate habe ich in Nagpur verbracht. Wo das sein soll? Ja das habe ich mich auch gefragt, als ich das erste Mal diesen Namen gehört habe. Nagpur ist eine 2,4 Millionen Einwohnerstadt, liegt im Herzen Indiens und ist wortwörtlich das geografische Zentrum. Hier liegt das India Peace Centre, ein interreligiöses Zentrum, welches für die letzten Monate mein Wohn- und Arbeitsplatz war.

Das India Peace Centre (IPC) liegt im Zentrum der Stadt und entgegen seiner eher lauten und unruhigen Umgebung, ist das IPC ein harmonischer und ruhiger Ort. Der Campus ist groß und eine grüne Oase, eine große Wiese, viele Bäume sowie Blumen und andere Pflanzen sind vorzufinden. Es ist wie eine kleine grüne Insel inmitten der Stadt, wo man die Ruhe und Zeit findet seinen Alltag zu entschleunigen. Der perfekte Ort für ein Zentrum, welches für Frieden und Gerechtigkeit kämpft.

Leonie, meine Mitfreiwillige, und ich hatten das große Glück nicht nur dort unseren Arbeitsplatz zu haben, sondern auf demselben Gelände, nur ein Haus weiter, eine Wohnung für uns zwei. Wir waren also nicht nur Mitfreiwillige, sondern auch Mitbewohnerinnen und vor allem aber gute Freundinnen!

So nun stellen sich vielleicht einige die Frage: „Und was genau hast du da so gemacht?“. Darauf gebe ich euch gerne eine Antwort! Um einen Schritt in Richtung Frieden und Gerechtigkeit zu gehen, zählt es zur Arbeit des IPC regelmäßig Programme zu verschieden Themen zu veranstalten. Anlässe wie „Earth Day“, „International Day of Peace“ oder der Geburtstag von Gandhi werden genutzt, Aktionen sowie Diskussionen in der Gesellschaft zu platzieren. Dafür werden Gäste aller Religion und Herkunft eingeladen, um in den Austausch zu kommen, zu lernen und Erfahrungen zu teilen… Meine Aufgabe war es genau, diese Programme auf die Beine zu stellen. Sprich: Sprecher sowie Gäste einladen, Poster und Banner designen, Zeitungsartikel schreiben, sowie die Social Media Seiten zu verwalten. Von Organisationarbeit bis hin zu Öffentlichkeitsarbeit war also immer was dabei. Flexibilität ist dabei das A und O! Je mehr Zeit verging, desto mehr Verantwortung durften wir übernehmen, sodass wir mit der Zeit mehr und mehr den Inhalt der Programme mitgestaltet haben und aktiv bei deren Durchführung beteiligt waren. Letztlich haben wir einen Workshop zum Thema „Gender Justice and Peace“ komplett eigenständig, ohne Anweisungen, gestalten, vorbereiten und durchführen dürfen.

Das IPC hat ein festes Team. Geleitet wird es vom Direktor Kasta Dip, unser Chef sowie Mentor. Das Büro haben wir uns mit unseren Kollegen Swati sowie Moreshwar geteilt. Gautam und Sanju haben sich zwischenzeitlich um den Garten und das Anwesen gekümmert. Es ist wie eine kleine Familie, hat einer/eine Geburtstag, feiert das ganze Team zusammen, heiratet einer/eine wird das ganze Team eingeladen, tanzt einer/eine, tanzen alle 🙂

An dieser Stelle möchte ich euch Sanju, ein guter Freund und Nachbar, genauer vorstellen. Sanju ist der offizielle Hausmeister des IPC und bis auf Mittwochs in 24 Stunden Bereitschaft hat. Mit seiner Frau Geeta hat er zwei Kinder, Aschwini und Ashwin. Wenn Sanju Stühle umstellt, fegt oder Bilder aufhängt, hat er immer ein kleines Radio dabei. Denn Sanju liebt es zu tanzen, immer und überall. Im Oktober letzten Jahres hat eine Straßenhündin Welpen im Schuppen des IPCs geworfen. Bis auf eines hat leider Keins überlebt und dieses eine wurde Tommy getauft und von Sanju adoptiert. Sanju liebt es, Leute auf den Arm zu nehmen, vor allem Swati, er liebt es zu lachen und mit Moreshwar und Gautam Karten zu spielen. Wenn ich sage, Sanju ist die Sonne in Person, dann meine ich das auch so. Sanju ist der, der tanzt und alle tanzen mit. Schlechte Laune- unmöglich.

Selbst wenn die Uhr halb fünf schlägt, die Arbeit offiziell erledigt ist und sich die kleine IPC Familie auf den Weg Nachhause macht, ist der Tag noch nicht gelaufen! Ebenfalls auf dem Campus wohnt Familie Dip (unsere Gastfamilie bestehend aus Sangeeta und Kasta sowie deren Kinder Anushka und Anubhav). Die Tür stand immer für uns offen, sodass wir gerne Zeit zusammen verbracht haben. Andernfalls haben wir uns mit Freunden getroffen, sind aus gegangen, haben Spiele gespielt und haben getan, was man halt sonst so macht in unserem Alter in Indien: Tanzparty im Wohnzimmer 🙂

Mein Leben im IPC ist, wie das Leben auf einer kleinen grünen Insel. Man kann von dort aus perfekt überall hinschwimmen und den weiten Ozean Indien erkunden.