Ein neues Kapitel beginnt…


Hallo, ich heiße Frida und bin 19 Jahre alt. Dieses Jahr habe ich die Möglichkeit, zusammen mit dem ZMÖ einen Lerndienst auf Sansibar in Tansania zu absolvieren. 

Schon seit mehreren Jahren war es mein Wunsch, vor dem Studium im Bereich der sozialen Arbeit tätig zu sein und weitere Erfahrungen in verschiedenen Kulturen und Kontexten zu sammeln. 

Der Abflug schien immer noch so weit entfernt für mich, doch dann ging es am 22.08. wirklich los. 

Ich startete von Hamburg aus, wo ich mich von meiner Familie und meiner besten Freundin verabschiedete. Es war ein seltsames Gefühl, weil ich auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht realisieren konnte, dass die große Reise nun wirklich beginnt. Am Flughafen in Istanbul traf ich dann die anderen Tansania Freiwilligen, Julius, Coralie und Sarah. Zusammen ging es dann weiter nach Dar es Salaam, wo ich dann zum ersten Mal mit einem Propellerflieger geflogen bin. Und dann war ich da… Nach einer über 24 stündigen Reise erreichte ich den Flughafen in Sansibar. 

Der Sansibar-Archipel ist eine zu Tansania gehörende Inselgruppe, wobei die Hauptinseln Unguja und Pemba die bekanntesten sind. 

Dort angekommen wurde ich von zwei Frauen von der Kirchengemeinde Mwanakwerekwe, auf dessen Kirchengelände ich für die nächsten Monate leben werde, abgeholt. Sie haben mich herzlich empfangen und mich anschließend zum Frühstück eingeladen. Dadurch hatte ich schon gleich an meinem ersten Tag die Möglichkeit, ein paar tansanische Spezialitäten kennenzulernen. Am besten gefällt mir Chapati, eine Art dünnes Fladenbrot. Außerdem habe ich schon jetzt eine Liebe zu Ingwer Tee entwickelt. Ich freue mich darauf, weitere neue Gerichte kennenzulernen und diese selbst zu kochen. 

Nach zwei Tagen auf Sansibar, die ich hauptsächlich damit verbracht habe, mein Gepäck aus- und mein Zimmer einzuräumen, reiste ich wieder nach Dar es Salaam, da es für mich von dort aus zum Sprachkurs in Morogoro ging, wo ich dann weitere Freiwillige kennengelernt habe. Darunter auch meine Mitbewohnerin Selina. 

In diesen zwei Wochen haben wir vor allem einen generellen Überblick über die Sprache Kiswahili bekommen. Wenigstens kann ich jetzt schon Menschen auf der Straße begrüßen und ihnen antworten, wenn sie fragen, wie es mir geht. Bis ich vollständige Konversationen führen kann, wird es jedoch mit Sicherheit noch etwas dauern. Besonders genossen habe ich unseren letzten gemeinsamen Abend. Alle Teilnehmer*innen hatten die Möglichkeit zusammen mit unseren Lehrer*innen landestypisches Essen zuzubereiten. Gut gestärkt und mit großer Aufregung, was uns alle in unseren Einsatzstellen erwarten würde, verabschiedeten wir uns voneinander. 

Zurück auf Sansibar ging die Eingewöhnung dann erst richtig los. Selina und ich haben uns unter anderem um unser Visum gekümmert, erste Markteinkäufe in Mwanakwerkwe und Stone Town erledigt und gemeinsam mit dem Pastor unsere beiden Einsatzstellen besucht.

In den kommenden Monaten werde ich in der Martin Luther Pre and Primary School tätig sein. Dabei handelt es sich um eine interreligiöse Schule der lutherischen Kirche auf Sansibar. Zurzeit gibt es 7 Klassenstufen, wobei ich vor allem für die jüngste Klasse, die Baby Class, zuständig sein werde. 

Ich muss sagen, dass mich meine Arbeitsstelle sehr herausfordert. Zum einen fällt es mir noch schwer, mich mit den Kindern zu verständigen, da sie aufgrund ihres jungen Alters noch nicht viel Englisch sprechen und sich meine Kiswahili Kenntnisse auch noch sehr in Grenzen halten. Das sehe ich jedoch eher als Ansporn, die Sprache weiter zu lernen und mich in meinem neuen Alltag zu trauen, das anzuwenden, was ich bis jetzt schon gelernt habe. 

Ich bin froh, dass wir zurzeit vor allem für die bevorstehende Graduation der Kindergartenklasse 2 proben und ich daher noch nicht viele eigenständige Stunden übernehmen musste. Dies ermöglicht mir, die Schüler*innen zunächst besser kennenzulernen. 

Da ich selbst aus einem Land komme, wo gewaltfreie Erziehung selbstverständlich ist, sind die Erziehungsmaßnahmen, die in der Schule angewendet werden, mir sehr fremd. 

Es tut mir gut, mich mit anderen Freiwilligen zu unterhalten, die ähnliche Erfahrungen in tansanischen Schulen machen. Außerdem versuche ich, mir verschiedene Aktivitäten für meine Freizeit zu suchen. Zum Beispiel haben meine Mitbewohnerin und ich uns einer Laufgruppe angeschlossen, die immer mittwochs zusammen in Stone Town trainiert. Das ist eine tolle Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen, sich von den neuen Eindrücken abzulenken und den Kopf frei zu bekommen. Zusätzlich haben wir vor, bei der Tanzgruppe und dem Chor der Kirchengemeinde vorbeizugucken und mitzumachen. 

Ich schätze es sehr, auf dem Kirchengelände zu wohnen, da man sich hier gar nicht einsam fühlen kann. Es sind eigentlich immer Menschen vor Ort, die mit einem reden und bereit sind, zu helfen, wenn man sie fragt. Erst vor ein paar Tagen wollten Selina und ich probieren, Pilau, einen hier sehr typischen Gewürzreis, zu kochen. Als wir dann in der Küche standen, kam eine Frau der Kirchengemeinde vorbei, die sich, ohne, dass wir sie gefragt haben, neben uns stellte und erklärt hat, wie man dieses Gericht kocht. Nun sind wir Expertinnen 🙂

Vor allem für die Anfangszeit empfinde ich das Kirchengelände und unser offenes Umfeld als sehr hilfreich.

Ich bin gespannt, was ich in den nächsten Wochen und Monaten noch alles Neues erleben werde und freue mich darauf, meine Erfahrungen und Erlebnisse mit euch zu teilen. 

Karibu Tansania!

Willkommen in Tansania!

Wie nahezu mein gesamtes Leben in zwei Koffer gepasst hat, ist mir bis heute noch nicht ganz klar. Denn wenn man erstmal den Punkt erreicht, wo man alles einpacken muss, fällt einem doch mehr ein, als man denkt. Die dritte Packung Vitamintabletten könnte ja doch hilfreich sein. Oder die Wolldecke…
Die drei Packlisten, die ich mir erstellt hatte, waren dabei mehr oder weniger eine Hilfe. Nach fünfmal umpacken und dreimal sortieren ging der Koffer sogar zu.

Und dann war es so weit: nach einem emotionalen Abschied von Freunden und Familie saß ich im Flugzeug neben Clara, einer weiteren Freiwilligen. Mehr oder weniger bereit, alles, was ich kannte, zurückzulassen. Der Flug war eine Gefühlsachterbahn aus Freude, Neugier und Angst. Und Nervosität. Da waren so viele Fragen: Wie würde Tansania aussehen? Wird alles reibungslos klappen? Habe ich an alles gedacht? Wird mein Visum akzeptiert? Auf der Hälfte des Fluges war ich restlos überzeugt, sie würden mich wieder nach Hause schicken, weil ich Passierschein A38 vergessen hatte.
Entgegen meiner Erwartungen kamen Clara und ich nach ermüdenden 15 Stunden am Kilimanjaro Airport an. Tansania kam mir als erstes wie ein einziger Farbstrudel aus Rot, Gelb und Grün vor. Alles summte vor Geschäftigkeit und Leben. Kaum zu fassen, ich war wirklich in Tansania angekommen und mir wurde das Visum ausgestellt!

Clara und ich beim Abflug

Am Ausgang des Flughafens wartete auch schon direkt das Empfangskomitee, bestehend aus meiner Gastmutter, dem General Secretary meines Projekts und Elias, dem Fahrer, welche Clara zu ihrem Hotel und mich nach Mwanga brachten. Dort angekommen, brach ich erstmal in Tränen aus… Weil mein Moskitonetz pink war. Und meine Freunde und Familie auf einem anderen Kontinent.
Mein erster Tag von diesen aufregenden 11 Monaten endete also mit einem Gefühlsausbruch. Glücklicherweise größtenteils Vorfreude und Aufregung.

Meine Gastmutter, Severa, in ihrem Shop

Die erste Zeit in Mwanga

Am nächsten Tag brachte mich meine Gastmutter zu der Lutheran Church Mwanga, die unter anderem den Kindergarten, das Hostel und den Buchladen verwaltet, in denen ich arbeiten werde. Dort wurde ich dem gesamten Personal vorgestellt und herzlich in der Diözese aufgenommen. Alle, ich ganz besonders, waren furchtbar aufgeregt. Ich wurde mit Fragen bestürmt und jeder wollte mit mir reden. Von diesem Ansturm etwas überfordert, war ich fast froh, als Nelson, der Cashier, mich mitnahm, um mir das Gelände und meinen Arbeitsplatz zu zeigen.

Während meiner Zeit in Mwanga arbeite ich in einem Kindergarten, einem Buchladen und einem Hostel. Da der Kindergarten jedoch erstmal noch Ferien hat, beschränkten sich meine ersten Wochen auf den Buchladen und das Hostel.

Nach dieser kurzen Einführung wurde ich mit der Anweisung, den Rest der Woche im Buchladen zu erscheinen, nach Hause geschickt, um meinen freien Tag zu genießen und organisatorische Maßnahmen zu treffen, wie das etwas kompliziertere Besorgen einer SIM-Karte.

Die Arbeit im Buchladen war in der ersten Woche sehr entspannt. Phoebie, die Managerin des Buchladens sorgte für eine entspannte Arbeitsatmosphäre. Unterbrochen von ein paar Teepausen, kümmerte ich mich um die Buchhaltung, nachdem sie am zweiten Tag mitbekommen hatte, dass ich weiß, was ein Taschenrechner ist. Im Hostel war ich bisher nur in der Küche und habe geholfen, landestypisches Essen, wie Reis und Bohnen, zu kochen. Natürlich auch Ugali, das durfte nicht fehlen. Zur Erklärung, Ugali ist das typische Essen in Tansania und wird aus Maismehl und Wasser hergestellt. Meist wird Ugali mit chinesischem Spinat und einer Sorte Fleisch gegessen.

Wie ich in die Gesellschaft eingeführt wurde…

Am Wochenende nach meiner Ankunft fuhr der Bischof der Diözese mit mir und den anderen Mitarbeitern zu einem Massai-Stamm in der Nähe der Diözese. Auch dort wurde ich herzlich aufgenommen und alle wollten mich begrüßen. Leider konnte ich mich mit niemandem wirklich unterhalten, da die Massai kein oder nur wenig Englisch verstehen. Sie sprechen Maa, die Sprache der Massai und anderer ehemaliger Nomadenvölker, und Suaheli. Zu meinem Glück war Vicky, eine Theologiestudentin, die ebenfalls in der Diözese arbeitet, dabei und hat mir das Gröbste übersetzt.

Woran man sich hier sehr schnell gewöhnen muss, ist der Umstand, dass viele sehr aufgeregt sind, wenn sie eine europäisch-stämmige Person sehen. Auf der Straße wird einem oft „Mzungu“ hinterher gerufen, was aber auf keinen Fall böse gemeint ist. Auch wenn es für uns manchmal eher unangenehm ist, sagen die meisten es nur wegen des eher ungewohnten Anblicks. Ich werde auch oft über Deutschland oder mein Leben hier in Mwanga ausgefragt.

In meiner zweiten Woche wurde ich zu einer Hochzeit eingeladen. Es war sehr viel lauter, als ich es von Hochzeiten in Deutschland kannte. Die Musik, die Unterhaltungen und die Moderation waren nahezu ohrenbetäubend. Selbst wenn man sich unterhalten wollte, war das aufgrund der Lautstärke nur eingeschränkt möglich. Die Feierkultur war da auch – anders als in Deutschland – nicht von Alkohol geprägt.

Die unglaublich leckere Hochzeitstorte

Der Sprachkurs am anderen Ende von Tansania

Nach zweieinhalb unglaublichen Wochen in Mwanga, die schneller vergingen, als man „Hakuna shida“ (Kein Problem) sagen konnte, war es so weit und ich saß in einem Bus quer durch Tansania. Die Reise zu dem zweiwöchigen Sprachkurs nach Morogoro dauerte 8 Stunden und beinhaltete ganze vier 5-Minuten-Pausen. Viel mit Beine vertreten war da nicht. In Morogoro wurde ich dann von den anderen Teilnehmern am Sprachkurs, andere Freiwillige u.a. aus Berlin oder Leipzig, herzlich begrüßt. Doch nicht nur die, auch die anderen ZMÖ-Freiwilligen aus Tansania, Lina und Clara, stießen kurz darauf zu der Gruppe.

In der ersten Woche lernten wir vor allem Begrüßungen und die grundlegende Grammatik. Nachdem in dieser Woche unsere Köpfe bis zum Explodieren mit Vokabeln und Grammatik gefüllt wurden, hatten wir am Wochenende die Wahl zwischen einer Wanderung und einem Massai-Markt. Aufgeteilt in kleine Gruppen bestiegen wir mit unseren Lehrern die Berge von Morogoro, bis wir an einem Wasserfall und einer alten deutschen Kirche aus der Kolonialzeit ankamen. Neben diesen beiden wunderschönen Zielen war auch der Ausblick von den Bergen auf Morogoro ein absolutes Highlight. Nicht so schön fanden meine Beinmuskeln allerdings den Anstieg und die 19 Kilometer Länge der Wanderung. Die habe ich noch am nächsten Morgen gespürt. Das, was man gesehen hat, war das allerdings allemal wert. Und es war eine schöne Abwechslung zum Lernen der zweiten Woche, die aus Grammatik, Vokabeln und Zeitformen bestand.

Zum Abschluss des Sprachkurses haben alle Teilnehmer landestypisches Essen für eine große Feier gekocht. Eine andere Freiwillige und ich haben uns dazu entschieden, zu lernen, wie man Makande, eine Art Eintopf aus Mais und Bohnen kocht. Dafür durften wir sogar auf traditionellem Weg unsere eigene Kokosmilch herstellen. Die Feier an sich war auch unfassbar schön, aber besonders das landestypische Essen hat mir sehr gefallen.

Die ersten Wochen hier waren voll und aufregend. Ich hatte eine sehr schöne Zeit, die natürlich auch von einigen Tiefpunkten geprägt war. Dennoch hat sich die Zeit hier angefühlt, als hätte ich nur einmal geblinzelt. Ich freue mich schon, euch von den nächsten Wochen zu berichten!