Wir sind da!

Es hat (für Nini und mich, Aaron und Jenny durften später ab Hannover fliegen) auch „nur“ 35 Stunden gedauert, bis wir endlich in Nanjing angekommen sind. Der lange Flug nach Guangzhou war turbulent und die Anschlussverbindung nach Nanjing wurde gecancelt – man hat sich allerdings hervorragend um uns gekümmert und die neuen Boardingpässe lagen schon bereit. Außerdem gab es eine positive Überraschung: WhatsApp funktioniert!
Nach weiteren 2,5 Stunden im Flugzeug sind wir dann (sogar mit Koffern) in Nanjing angekommen und wurden mit dem Bus abgeholt, in dem auch schon die anderen Freiwilligen der Mission eine Welt und des Berliner Missionswerks auf uns gewartet haben.
Wir wurden direkt zum Hotel gebracht, in dem wir uns schnell frisch machten und chinesisch zu Abend aßen. Das mit den Stäbchen muss definitiv noch geübt werden, aber das Essen war sehr lecker.
Danach haben wir uns einen Park, der direkt gegenüber vom Hotel liegt, angesehen und waren begeistert: es herrschte dort eine tolle Atmosphäre mit ausgelassenen Menschen, die am Tanzen und am Spaß haben waren, Musik und McDonalds-Eis-Stationen.
Die nächsten 3 Tage sind wir hier in Nanjing bei der Amity Foundation auf Seminar, danach geht’s für 20 Tage zum Teaching-Training nach Jiuquan und dann können wir endlich loslegen!

TGIF #6

Allmählich kehrt Ruhe in mein Leben hier in Kapstadt ein. Woran man das merkt? Die großen Ausflüge und Unternehmungen werden seltener, unser Alltag konzentriert auf lokalere Dinge, für die man keinen großen Aufwand betreiben muss.
Auslöser für dieses „Runterkommen“ und „Niederlassen“ ist vielleicht aber auch einfach die Müdigkeit. Ich spüre wie nach oder auch schon während der Arbeit immer schneller die Kraft für andere Dinge schwindet.
Das liegt unter anderem daran, dass das Schuljahr hier bald vorbei ist und die letzten Klausuren und Arbeiten geschrieben werden. Für unser Programm bedeutet das: Zwei Wochen am Stück jeden Tag die Kinder lesen, lernen und Hausaufgaben machen lassen. Keine Sessions, kein Basteln, kein Spielen. Lernen.
Was sich vermutlich jeder fragt: Wie soll das klappen? Tut es auch nicht wirklich. Vereinzelt wird tatsächlich gut gearbeitet, der Stoff wiederholt oder mit Eifer die Hausaufgaben gemacht. Die andere Hälfte der Kinder möchte aber lieber mit dem Springseil spielen, malen oder den Tischkicker benutzen. Wenn man dann pflichtbewusst versucht, Ruhe in die Gruppe zu bringen, Arbeitshefte und Bücher für jeden verteilen möchte und nebenbei auch noch helfen will, kommt man schnell an die Grenzen seiner Ausdauer und Nerven. Die Ergebnisse dieser Bemühungen werden wir dann in ein paar Wochen sehen, wenn die Zeugnisse ausgeteilt werden.
Weniger belastend für die Nerven, aber genauso anstrengend sind dagegen die Vormittage in der Educare, dem Kindergarten- und Vorschulprogramm der New World Foundation. Es ist einfach herzerwärmend und wunderschön, die Klasse zu betreten und dreißig kleine Köpfe sich nach einem umdrehen zu sehen, bevor das Geschrei, Geschubse und Gedrängel anfängt, weil natürlich jeder als erstes auf den Arm genommen werden will. Ohne mein Zutun haben die Kleinen auch schon meinen neuen Namen in der NWF etabliert: Janni. Eine schöne Erinnerung an die Zeiten in der Schule, denn neu ist dieser Spitzname nicht 😉
Wie schon angedeutet belief sich unsere Freizeit in den letzten Wochen eher auf kleine Erlebnisse in der näheren Umgebung. So waren wir unter anderem bei einem kleinen Basar, auf den uns eine der Lehrerinnen aus der Educare eingeladen hat. Dort wurden, wie auf einem Flohmarkt, alte Klamotten, Haushaltsgegenstände und ganz viel Krimskrams verkauft. Leider haben wir es wieder mal nicht rechtzeitig aus dem Bett geschafft und die meisten schönen Sachen waren bei unserer Ankunft schon weg, aber ein Glas mit echt leckerer Traubenmarmelade konnte ich noch ergattern.
Das wohl „aktivste“ Wochenende in letzter Zeit liegt bereits drei Wochen zurück. Anlass war der Besuch eines ehemaligen Freiwilligen des ZMÖs, welcher uns mit ein paar Freunden aus seiner Zeit hier auf die Long Street eingeladen hat. Ich als Dorfkind bin Club-Hopping und Partymeilen wie die Long Street nicht gewohnt, aber wurde mehr als positiv überrascht. Zwar konnten wir wieder nicht länger als bis vier Uhr morgens bleiben, aber ich hatte unglaublich viel Spaß, obwohl es nach der Arbeit noch echt Überwindung gekostet hat, zu der Einladung zuzusagen und sich fertig zu machen.
Den nächsten Tag ging es für uns zu einem Safe-Space-Treffen. Dieser Safe Space wurde vor einigen Jahren dafür geschaffen, um über den Alltag als queere (= nicht heterosexuelle) Person zu sprechen, über Probleme zu reden und Erfahrungen auszutauschen. Wir fanden uns in einem Kreis aus komplett verschiedenen und vielfältigen Menschen wieder und da dies das erste Treffen als neue Gruppe war, ging es vor allem um das Kennenlernen der anderen Mitglieder und der eigenen Bedürfnisse und Wünsche und Erwartungen an diesen Safe Space. Für mich war es das erste Mal, dass ich in so einem Rahmen über meine Sexualität reden konnte und anderen zuhören durfte und ich freue mich schon auf das zweite Treffen nächste Woche.
Mit dem Näherrücken des Dezembers und der nächsten Schulferien kommt auch etwas anderes auf uns zu: Der erste richtige Urlaub. Gemeinsam mit meiner Mitbewohnerin Jackie und einigen Freiwilligen aus der Stadt Durban werde ich ab Mitte Dezember bis kurz vor Sylvester einen Roadtrip die Ostküste runter und die Garden Route entlang machen. Zum Glück übernehmen andere die Reservierungen und Buchungen, so kann ich mich auf die Vorfreude konzentrieren. Abgesehen davon, dass das mein erster Roadtrip wird, kann ich es kaum erwarten, mehr von diesem atemberaubenden Land zu sehen. Auch den Weihnachtstagen schaue ich sehnlichst entgegen, denn es werden die ersten abseits von Zuhause sein und aller Wahrscheinlichkeit nach, werde ich sie bei der weltweit besten Sommersonne irgendwo am Strand genießen können.
Ebenfalls langsam in die Planung geht der Besuch meiner Familie. Leider streben wir dafür den Zeitraum rund um den Geburtstag meiner Mutter an, so komme ich wohl doch nicht um ein Geburtstagsgeschenk herum, aber natürlich ist auch da die Freude groß.
Denn in vielen Momenten hätte ich diese Menschen gerne um mich, besonders abends nach der Arbeit, wenn ich erzählen möchte, was so passiert ist, aber da muss ich mich aktuell noch auf WhatsApp beschränken.
Mama, Papa, liebe Schwestern, ich vermisse euch und freue mich riesig darauf euch wiederzusehen, hier,
auf der anderen Seite der Welt.

TGIF #4

Weltwärts – ein bildungspolitischer Freiwilligendienst

 
In der Vorbereitung auf unser freiwilliges Jahr im Ausland haben wir über das Thema Bildungspolitik gesprochen. Warum? Das Programm, mit dem ich diese einmalige Möglichkeit erhalte, heißt weltwärts, wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) getragen und nennt sich einen bildungspolitischen Freiwilligendienst. Damit geht es um mehr als „nur“ die Freiwilligenarbeit, sondern auch um den bildungspolitischen Aspekt.
Wichtig für unsere Entsendeorganisation, das Zentrum für Mission und Ökumene (ZMÖ) aus Hamburg, ist darum, dass es nicht ums Helfen und Weltverbessern geht, sondern vor allem ums Lernen. Wie genau man das den Menschen, denen man in seiner Einsatzstelle begegnet, gegenüber umsetzt, muss man selbst herausfinden. Für uns als Entsendete bedeutet das, eine neue Kultur und einen neuen Alltag kennenzulernen, selbstständig zu werden, neue, einzigartige Erfahrungen zu machen und Dinge zu lernen, die uns in Deutschland nicht gezeigt werden können. Und um das zu fördern, haben wir das letzte Wochenende genutzt.
Am 24. September jeden Jahres ist in Südafrika der Heritage Day. An diesem Tag und in der Woche davor kann man kostenlos viele Museen besuchen, tanzenden und singenden Menschen auf Straßenfesten zusehen und die südafrikanischen Wurzeln und das kulturelle Erbe in voller Pracht genießen.
Das bedeutete, dass wir unser erstes verlängertes Wochenende genießen durften und während diesen Tagen nur selten zuhause waren.

Um uns noch weiter mit der Umgebung Kapstadts vertraut zu machen, sind wir Freitagabend zur Camps Bay gefahren. Neben einem wunderschönen Strand kann man dort abends den Sonnenuntergang überm Meer beobachten, unterstützt durch die Atmosphäre der uns umgebenden Berge.
 
Am Samstag haben wir uns in der Innenstadt umgesehen, einen Markt besucht, auf dem von Kunst bis Kleidung alles für „almost for free“ (dt.: „fast kostenlos“) verkauft wurde. Natürlich wären wir auch an jedem Stand die ersten Kunden des Tages gewesen und nur für uns hätten die Händler*innen selbstverständlich „special prices“ (dt.: „Sonderpreise“) gemacht. Zum Glück habe ich mein Geld daheim vergessen, das wäre sonst teuer geworden. Neben dem Markt tanzte und sang eine Gruppe von Kindern in klassischer Körperbemalung und Kostümierung und wurde schnell zur Hauptattraktion für viele Passant*innen.
Am Sonntag wurden wir eingeladen, mit einer neuen Freundin ihren Geburtstag mit einem Essen zu feiern. Dieses Essen wurde dann auf einen Bar-Besuch ausgeweitet, bevor es weiter ging in der Innenstand mit einer Rooftop-Party. Der atemberaubende Blick über ganz Kapstadt konnte aber leider nicht meine Müdigkeit besiegen, darum habe ich das für zwei Uhr angesetzte Ende doch sehr begrüßt. Dieser Ausflug in die Kapstädter Party-Szene hat uns außerdem mit vielen neuen Menschen bekannt gemacht, schnell wurden Nummern ausgetauscht und erste Einladungen zu Events und Ausflügen ausgesprochen.
Eine davon haben wir dann am folgenden Montag eingefordert. Mit einem jungen Studenten haben wir uns die Slave Lodge und kurz auch das Zeitz Museum of Comtemporary Art Africa (Zeitz MOCAA) angesehen. Davor ging es für uns aber noch zum Castle of Good Hope (dt.: Burg der guten Hoffnung).
Erbaut wurde dieses von niederländischen Kolonialisten 1666 bis 1679 und ist hier damit das älteste europäische Gebäude. Es sollte als Versorgungsstation für Schiffe dienen, die um das Kap segelten und ist bis heute ein Symbol für den niederländischen Kolonialismus in Südafrika. Das Museum im Inneren beleuchtet diese Geschichte näher und klärt auf über die Dutch East India Company, Kämpfe und Kriege mit und unter den Europäer*innen auf südafrikanischem Boden aus der Kolonialzeit und die damalige Lebensweise. Insgesamt boten das Castle und das Museum einen einprägsamen Ausflug in die Geschichte Südafrikas und half uns, zu verstehen, wie die Europäer*innen in dieses Land kamen und warum manche Dinge heute so sind, wie sie sind.
 
Danach haben wir unsere Begleitung abgeholt und sind zur Slave Lodge gefahren. Da das deutsche Schulsystem beschlossen hat, die Geschichte der Sklaverei im Lehrplan weitestgehend unangetastet zu lassen, war dieser Ausflug insofern besonders, dass Dinge gezeigt wurden, die mir in dieser Form noch nie begegnet sind. Natürlich war mir bewusst, dass Sklaverei und Menschenhandel in afrikanischen Ländern Gang und Gebe waren, aber detailliert wurde tatsächlich nie oder nur extremst selten darüber gesprochen. Ein Raum beschäftigte sich beispielsweise mit Schiffen und einer exemplarischen Schlafkammer aus einem solchen Gefährt, womit die Sklav*innen in die ganze Welt verschickt wurden. Eine große Säule mit drehbaren Einzelteilen zeigte in kleiner Schrift viele Namen von Opfern dieser Zeit und erinnerte mich an die langen Pergamentrollen an den Wänden von KZ-Gedenkstätten aus Deutschland.
Aber auch der heutige Umgang mit der Geschichte der Sklaverei war ein Thema. Mit dem Projekt „The Slave Calendar“ wurde darauf aufmerksam gemacht, dass viele Sklav*innen neue Namen bekommen hatten, den Namen des Monats, in dem sie in Südafrika angekommen sind. So gehören Nachnamen wie „April“, „October“ und „Julie“ heute zum Alltag in Südafrika und stellen eine der Verbindungen zur Vergangenheit in der Sklaverei dar. Für das Projekt wurden darum zwölf Menschen porträtiert, die heute diese Namen tragen, einer für jeden Monat. Sie sind die Nachkommen von Sklav*innen und durch die neuen Nachnamen, die ihren Vorfahren gegeben wurden, fällt die Suche nach Blutsverwandten heute schwer, aber unter einander bilden die „Septembers“, „Januarys“ und „Mays“ heute Gemeinschaften, die die Erinnerung an die Sklaverei aufrecht erhalten und sich als Familien dienen. Und nicht selten konnte man in den Texten zu den Porträts lesen, dass die gezeigten Personen stolz auf ihr Erbe seien, stolz darauf, diese Namen zu tragen.
 
Es folgte ein kurzer Abstecher in das Zeitz MOCAA. Dieses widmet sich moderner Kunst afrikanischer Künstler*innen. Leider hatten wir nur circa eine halbe Stunde in dem riesigen Gebäude und da wir nicht einmal die Hälfte der ausgestellten Werke betrachten konnten, ist ein erneuter Besuch ein Muss. Das, was wir sehen konnten war großartig und verdient beim nächsten Mal mehr Ruhe und Aufmerksamkeit.
Beendet haben wir diesen freien Montag an der Waterfront. Nachdem man tagsüber auch gut in kurzen Sachen hätte herumlaufen können, froren wir nun auch trotz der Decken, die wir ergattern konnten, aber die Livemusik und das Essen konnten uns ein wenig wärmen (wer in Kapstadt mal gute Nachos essen möchte, braucht nur fragen, ich kenne da jetzt einen guten Platz).
Für das kommende Wochenende steht nun unter anderem unsere erste Wanderung an und nächste Woche Donnerstag öffnen die Kunst Galerien in der Stadt ihre Tore, also wird unsere Erkundung der südafrikanischen Kultur und Natur weitergehen.
Trotz der kürzeren Arbeitswoche kann ich nur sagen „Thank God, it’s Friday“. Da nächste Woche die Ferien für die Kinder anfangen, haben wir in den letzten Tagen Feedbackbögen ausfüllen lassen und konnten kein richtiges Programm wie sonst durchführen, mit dem Ergebnis, dass die meisten Kinder nicht ausreichend beschäftigt waren, um es mal so zu formulieren. Ich freue mich auf das Wochenende, auf die vorausgesagten 25° C und auf mein erstes Mal wandern, hier,
auf der anderen Seite der Welt.

Hola Primavera! – Hallo Frühling!

Ein Monat ist mein letzter Bericht schon her und ich wollte schon viel früher schreiben, da ich hier so viel Zeit habe, aber irgendwie auch nicht. Irgendwas hat man immer vor. Deshalb nutze ich heute den Tag da meine Talleres (Workshops) kurzfristig abgesagt wurden…
Aber ich kann jetzt sagen es gefällt mir hier Tag für Tag mehr. Der erste Monat im Projekt liegt auch schon fast hinter mir und langsam gewöhne ich mich an das alltägliche Leben hier in Florencio Varela. Im Supermarkt werde ich schon mit Namen und Küsschen begrüßt und die Nachbarn grüßen mich auch schon. Die Blicke von anderen auf dem Weg ins Projekt gibt es allerdings immer noch.
Im Projekt gefällt es mir auch sehr, da die Kinder dort aufblühen können und es einfach eine harmonische Atmosphäre herrscht. Meine Mitarbeiter sind so liebevoll und immer hilfsbereit wenn man zum Beispiel etwas nicht verstanden hat oder einfach noch nicht weiß wie etwas abläuft. Aber auch die Kinder sind sehr hilfsbereit was manchmal echt lustig ist wenn dir ein achtjähriges Kind zeigt wie man den Teig für die Kekse zu kneten hat. Ich glaube ich hab noch nie in meinem Leben so viele Kekse gegessen wie hier. Es gibt jeden Tag Kekse! Meistens selbstgebacken, manchmal aber auch gekauft mit Dulce de Leche drauf. Ob zum Frühstück, zur Merienda zwischendurch oder am Abend. Immer Kekse. Trotzdem habe ich bis jetzt noch nicht die Nase voll und esse fleißig mit.
Mit dem Spanisch fällt es mir manchmal noch ein bisschen schwer, vor allem wenn die Argentinier untereinander reden, denn hier lässt man sich nicht ausreden. Es ist ganz normal dass zwei Personen zur gleichen Zeit reden und dabei dann auch immer lauter werden, sodass man gar nicht mehr weiß wem man jetzt zuhören soll. Da ist man echt froh wenn man mal einen Argentinier neben sich sitzen hat der alles einmal langsam zusammenfasst. Meistens verstehe ich aber schon was von mir verlangt wird und Gespräche klappen auch. Trotzdem ist es immer wieder lustig was man so für Wörter beigebracht bekommt, da Argentinien gefühlt jeden Tag neue Wörter erfindet. Das fällt besonders im Projekt auf wenn ich dort mit den anderen Freiwilligen aus Kolumbien und Bolivien rede und einfach jeder sein eigenes Wort für die gleiche Sache hat. Deshalb haben mir die Jugendlichen aus dem Projekt eine Liste geschrieben mit typisch argentinischen Wörtern zum Lernen.
Bis jetzt habe ich jedoch mehr mit den kleineren Kindern im Projekt zu tun. Die meisten sind zwischen sieben und zwölf Jahre alt und wohnen alle in der Nähe des Projektes. Um das Projekt herum sind die meisten Straßen nicht asphaltiert. Deswegen kommen viele Kinder nicht ins Projekt wenn es geregnet hat, da das Wasser nur langsam abfließt. Generell sind morgens weniger Kinder im Projekt als am Nachmittag. Energiegeladen sind aber beide Gruppen, und alle wollen Fußball spielen. Jeden Tag. In den letzten Tagen war das allerdings nicht möglich, da der Fußballplatz unter Wasser stand. Deswegen war die letzten Tage das Seilspringen sehr angesagt.
Mit den Jugendlichen mache ich bisher nur jeden Montag und Mittwoch etwas. Die restlichen Zeiten müssen erst noch eingeteilt werden. Mon*tags wird dann immer gesungen und später kommt ein Lehrer der den Jugendlichen beibringt Instrumente und erste Lieder zu spielen. Mittwochs treffen sich einige Jugendliche einfach so um Zeit miteinander zu verbringen. Meistens wird Mafia (sowas wie Werwolf) gespielt, oder auch verstecken und Ninja. (Auf dem Beitragsbild ist die Mittwochsgruppe abgebildet)
Außerdem hatten wir am Samstag ein Frühlingsfest mit toller Blumen*deko, die die Kinder aus alten Flaschen und Pappe selbstgemacht haben. Spiele wie „Reise nach Jerusalem“ durften da natürlich nicht fehlen. Jedes Mal wenn ein Kind keinen Stuhl abbekommen hat, musste es sich ein Teil aus der Verkleidungskiste nehmen bis am Ende alle verkleidet waren. Danach gab es eine Modenshow um die ganzen Verkleidungen zu präsentieren.
Das Frühlingsfest blieb aber nicht die einzige Feier am Samstag. Denn es war auch mein Geburtstag und es war das erste Mal, dass ich im Frühling meinen Geburtstag feiern konnte! Das Wetter war leider nicht sehr frühlingshaft, Spaß hatte ich aber umso mehr. Dafür ein riiiiiesen Dankeschön an meine Mitbewohnerinnen, die viel Zeit in die Planung und Vorbereitung gesteckt haben!!! Schöner hätte ich es mir nicht vorstellen können!

Buenas Días in Buenos Aires

Nach ca. eineinhalb Monaten wird es nun auch endlich mal Zeit, dass ich mich aus dem fernen Lateinamerika melde und von meinen Erfahrungen berichte. Wie schnell die Zeit doch vergeht! Gefühlt stand ich noch gestern an der Gepäckkontrolle des Flughafens, im, damals ziemlich sommerlichen, Hamburg. Mit dem Ticket in der Hand, Abschiedstränen in den Augen und Millionen Erwartungen, Ängsten, Hoffnungen und Vorurteilen im Kopf. Natürlich hatte ich mich ordentlich auf diese Reise vorbereitet, unter anderem mit der Hilfe des ZMÖ-s und dessen ausführlichen Vorbereitungsseminaren und Ländertagen. Jedoch kam ich mir in diesem Moment vor wie ein kleines, unwissendes Seehundbaby, dass alleine ins kalte Wasser geworfen wird. Und kalt, ja das war es! Nicht nur im überklimatisierten Flugzeug, sondern auch beim Ankommen in Buenos Aires, der Hauptstadt Argentiniens, bereute ich es nicht, meinen dicksten Pulli angezogen zu haben. Schließlich war es dort ja auch Winter. Die Wärme der herzlichen Begrüßung unserer Ansprechpartner der IERP, der evangelischen Kirche des Rio de la Plata, welche über das Jahr  für uns zuständig sein werden, ließ mich jedoch alles vergessen. Und mit neuen Begegnungen hörte es da nicht auf.

„Den Mond von der anderen Seite betrachten“

Vom Flughafen aus ging es direkt in meine neue WG für die nächsten zwei Wochen, in denen das Vorbereitungsseminar, die „Capacitación“ unserer Partnerkirche stattfinden würde. Die Wohnung direkt im Zentrum von Buenos Aires, habe ich mir mit 19 der insgesamt 63 Freiwilligen geteilt, die nun überall in Argentinien, Uruguay und Paraguay verteilt mit „weltwärts“ unterwegs sind. Das war eine ziemliche Herausforderung! Gerichte zu finden und zu kochen mit denen jeder halbwegs zufrieden war, ein Finanzsystem zu entwickeln, abzuwaschen, zu putzen und mindestens zweimal in der Woche die Ziehschnur der Klospülung wieder mit Panzertape festzukleben. Jedoch hätte ich es mir niemals anders gewünscht! In diesen zwei Wochen sind wir 19 zu einer echt tollen Gemeinschaft geworden und haben jede Menge Spaß gehabt. Mal abgesehen von den gemeinsamen sehr aufwendigen Koch-/Pizzabestellaktionen haben wir zusammen Ausflüge zu Handwerkskunstmärkten wie dem in San Telmo oder der Casa Rosada (dem Regierungsgebäude Argentiniens) gemacht, in unserem Wohnzimmer sowie in der U-Bahn musiziert, einen Tangokurs besucht und das Nachtleben Palermos erkundet. Als wir dann am letzten Abend in unseren Schlafsäcken auf unserem Dach lagen, um die Sterne und den Mond von der anderen Seite zu betrachten, wurde ich richtig traurig, diese verrückte Truppe verlassen zu müssen.

Dulce de Lernen

Nun aber wieder zurück zu dem richtigen Grund, weshalb wir überhaupt in Buenos Aires waren; der Capacitación. Diese bestand aus spannenden Vorträgen/Einheiten zu Themen wie: Sucht, Geschichte Argentiniens, Probleme eines Freiwilligen und dessen Lösungen, Umgang mit Menschen mit Behinderungen und vormittags aus einem Sprachkurs. Oder eher gesagt, einer Einleitung in die spanische Sprache sowie die argentinische Kultur. Langweilig oder trocken wurde es dabei nie. Gemeinsam haben wir zwar auch ein bisschen Grammatik wiederholt, jedoch hauptsächlich über alles mögliche geredet, spanische Filme geguckt, den typischen Matetee getrunken und Ausflüge durch den Stadtteil gemacht. Mein persönliches Hihghlight war jedoch die gemeinsame Backstunde in der wir die typisch argentinische „Chocotorta“ zubereitet haben. Diese ziemlich leckere Kalorienbombe besteht aus Schokokeksen (Chocolinas) und einer Mischung aus einer Art Sahnecreme (Mendicrim) und der absolut besten Süßigkeit überhaupt; Dulce de Leche! Diese unbeschreibliche Creme aus Karamell und Kondensmilch (das klingt jetzt irgendwie doch nicht mehr so lecker, aber glaubt mir; das ist es!) wird hier echt überall verkauft und in jeder Form, wie zum Beispiel als Keks, Eis oder in Schokolade verarbeitet. Wirklich unglaublich, dass es in Deutschland nichts vergleichbares zu finden gibt! Zusätzlich gab es am Wochenende ein abwechslungsreiches Programm an Ausflügen wie zum Beispiel zu dem farbenfrohen Viertel „La Boca“ oder der Ex-ESMA, einem ehemaligen Folterlager aus der Zeit der Militärdiktatur in Argentinien. Dieser Ausflug war für uns alle sehr eindrücklich, da dort noch bis 1983 Menschen unter den schlimmsten Verhältnissen gefangen gehalten und gefoltert wurden und arbeiten mussten. Zudem wurden dort auch einige der insgesamt um die 500 Kinder zur Welt gebracht, welche im Laufe der Diktatur gewaltsam ihren Eltern entrissen und zur Adoption freigegeben wurden. Bis heute gibt es noch Vereinigungen wie die „Abuelas de la Plaza de Mayo“, welche vergeblich nach ihren vermissten Enkelkindern suchen, die schon ihr Leben lang, im Unwissen über ihre eigene Identität und in Familien, welche oft am Tod ihrer eigenen Eltern beteiligt waren, leben müssen. Insgesamt habe ich in diesen zwei Wochen auf die vielseitigste Weise, ungemein viel gelernt. Dafür möchte ich allen Beteiligten und Organisatoren der IERP danken!

Doch jetzt geht’s erst richtig los!

Nach diesen tollen zwei Wochen fiel mir der Abschied von Buenos Aires und all den anderen Freiwilligen ziemlich schwer. Jedoch waren wir alle, mehr als denn je, von einer riesigen Vorfreude und Spannung auf die bevorstehende Zeit erfüllt. So stieg ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge in meinen Bus nach Asunción, Paraguay.
Ganz viele besos und abrazos,
Merle