TGIF #10

Kurzer Rückblick: Am Anfang meines Freiwilligendienstes habe ich mir vorgenommen, alle zwei Wochen ausführlich zu berichten, was hier, auf der anderen Seite der Welt, so vorgefallen ist.

Sprung in die heutige Zeit: *nervöses Lachen, Kratzen am Kopf, Themenwechsel bitte*

Das mit der Disziplin und dem konsequenten „Durchziehen“ eines Vorhabens muss ich wohl noch einmal üben.

Andererseits habe ich mich irgendwann gefragt: Warum schreibst du diese Blogeinträge? Meine Familie halte ich sowieso immer auf dem Laufenden, die Freunde, die es interessiert, melden sich zwischendurch, die, von denen ich Interesse erwarte, belästige ich mit meinen Updates via Sprachnachrichten auf WhatsApp, die im Durchschnitt 7 Minuten lang sind. Diese Einträge hier, die schreibe ich vor allem für mich.

Ich weiß nicht, was mich daran hindert, einfach ein Tagebuch zu schreiben, aber das, was du, liebe*r Leser*in hier liest, stünde wahrscheinlich in jemand anderes Tagebuch, darum: Willkommen in meiner Gedankenwelt!

Wann genau ich den letzten Eintrag geschrieben habe, weiß ich nicht mehr. Das ist mir auch ziemlich egal, denn aktuell sind die tatsächlichen Ereignisse verglichen mit den Gedanken und Gefühlen, die mich umtreiben, unwichtig.

Trotzdem zur Übersicht eine kleine Timeline (ehrlich gesagt, brauche ich die fast schon selber):

8.-18. Februar: Urlaub und Zwischenseminar in Durban

16. Februar: Deadline Zweiter Quartalsbericht

18. Februar: Erstes Mal Volleyball-Training mit der Mannschaft der UCT

24. Februar: Besuchstag Chrysalis

28. Februar: Book Launch „Lavender Hill – Healing from Addiction”

2. März: Cape Town Pride

3. März: Lion’s Head Hike zum Sonnenaufgang

9. März: UCT-Volleyball-Social

14. März: Erstes Bewerbungsgespräch zum greenpop-Praktikum

16. März: Besuchstag Chrysalis

17. März: Mein Geburtstag

18.-29. März: Schulferien

22.-24. März: greenpop „Reforest Fest“ im Plasbos Forest

Zu den meisten Dingen werde ich eine Kleinigkeit sagen, vor allem, um ein paar Gedanken und vielleicht Hinweise niederzuschreiben, die wichtig sein könnten. Das Ganze wird nicht unbedingt chronologisch verlaufen, eher werde ich schauen, was mir so in den Sinn kommt.

Reflektion und Planung

Das Zwischenseminar in Durban war seit den Weihnachtsferien und unserem Roadtrip die erste richtige Pause für uns. Das neue Jahr hatte hektisch begonnen, viele neue Kinder haben sich in unserem Programm angemeldet (wir reden hier von 50 Juniors im Alter von 9 bis 13 Jahren und gut 30 Seniors, 14 bis 18 Jahre als). Inzwischen kann ich alle Namen, es ist wieder eine eingespielte Dynamik in der Aftercare entstanden und alles läuft. Im Januar war das Ganze aber noch deutlich chaotischer und anstrengender, weshalb die anderthalb Wochen Auszeit zeitlich sehr passend daherkamen.

Die Stadt Durban, in der auch Justus vom ZMÖ gerade als Freiwilliger arbeitet, gefiel mir beim ersten und zweiten Anblick wenig. Sie ist weniger von westlich-europäischen Einflüssen geprägt, man sieht mehr Hochhäuser als in Kapstadt, es gibt keine Berge, die das Landschaftsbild prägen und ich bezeichne „den Vibe“ gerne als einen anderen. Dazu kam in unserer kurzen Zeit dort auch das sehr schwüle und regnerisch-graue Wetter, das dem Flair der Stadt sicherlich nicht geholfen hat.

Ich muss zugeben, bei Kapstadt zu wohnen ist ein unglaubliches Privileg. Besonders, wenn man auf Dinge wie Landschaft, Natur und Stadtbild achtet. In gewissem Sinne wurde ich monatelang verwöhnt und war (hoffentlich verständlicherweise) enttäuscht. Gerne würde ich mal etwas mehr Zeit dort verbringen, die aktuellen Freiwilligen aus Justus‘ WG schwärmen nämlich davon, wie es ist, dort zu leben.

Das Seminar selber hat etwas außerhalb von Durban stattgefunden, in der Nähe des Valleys of a thousand hills. Es waren wunderschöne fünf Tage. Wir haben Volleyball auf dem Rasen und im Regen gespielt, waren umgeben von wunderschöner Landschaft, das erste Mal abgeschieden vom Großstadtleben und wurden fabelhaft versorgt. Es wurde sich viel ausgetauscht über die Einsatzstellen, das Leben in den unterschiedlichsten Teilen Südafrikas und Namibias und allgemein die verschiedenen Erfahrungen, die bereits gemacht wurden.

Dabei wurde offensichtlich, wie unterschiedlich dieses Jahr für jeden von uns sein kann. Natürlich ist der Kern derselbe, aber das Drumherum ist wie Tag und Nacht. Zu unserem Glück muss ich eingestehen, dass wir als Freiwillige der New World Foundation einige Vorteile haben, verglichen mit Mitfreiwilligen. Das festzustellen und dann auch noch zu akzeptieren, ist nicht unbedingt leicht. Natürlich wurde immer schon im Rahmen des weltwärts-Programms viel über Privilegien gesprochen, aber dies geschah immer nur im Kontext mit der lokalen Bevölkerung und im Vergleich mit den Mitarbeitenden und/oder Teilnehmenden in den Projekten. Nun realisierte man, dass auch wir untereinander, unterschiedliche Standards genießen dürfen und das kann sehr belastend sein, gerade wenn man aus der Gemütlichkeit gerissen wird, Dinge einfach hinzunehmen, bevor man aufgeklärt wird. Aber dieses Gefühl ist zum Glück kein Neues, sollte es zumindest nicht sein.

Abgesehen davon war das Zwischenseminar vor allem dazu da, zu reflektieren, darüber nachzudenken, wie die letzten Monate verlaufen sind, was man erreicht und geschafft hat und dann den Blick in die Zukunft zu wagen und zu schauen: Was möchte ich noch erleben, machen, umsetzen?

Ich persönlich sehe mich nicht als jemanden, der einen Plan hat. Weder fürs Leben noch für die Zukunft oder nur den nächsten Tag. Von daher war es sehr interessant, mehr oder weniger gezwungen zu werden, sich Gedanken zu machen, was denn eigentlich die Ziele für diese Zeit sind und was es braucht, um diese zu erreichen. Ich war, sagen wir, semi-erfolgreich.

Und nach diesen nachdenklichen Tagen ist zu meinem großen Bedauern etwas tragisches mit mir passiert.

Unbewusst habe ich die hier entwickelte Angewohnheit, To-Do-Listen zu schreiben, aufgegeben. Langsam wurde ich immer inkonsequenter, bis ich es irgendwann gelassen habe.

Doch dazu braucht es ein wenig Hintergrundgeschichte:

Schon in der Schulzeit, fand ich den Gedanken daran, solche Listen zu führen, reizend und interessant. Dieses Strukturierte und Geplante hatte etwas, dass mich faszinierte, aber wirklich ausprobiert hatte ich es nie. Die Begeisterung für die Idee einer To-Do-Liste war meist nach wenigen Stunden wieder verflogen. (Wir ignorieren an dieser Stelle einfach mal, dass ich vor wenigen Absätzen noch meinte, dass ich kein Mensch für Pläne sei).

Dann kam mein Freiwilligendienst und die New World Foundation. Am 21. November 2018 habe ich meine erste To-Do-Liste geschrieben. Danach gab es für zwei Monate fast täglich eine.

Schon nach den ersten Tagen konnte ich feststellen, wie sehr mich diese Listen beim Fokussieren und produktiven Arbeiten unterstützten. Ich habe konkret sehen können, was ich an einem Tag geschafft habe und was nicht und wusste somit sogleich, was morgen erledigt, nachgeschaut, geklärt werden musste. Richtig motiviert saß ich abends noch daheim und habe niedergeschrieben, was morgen anstand. Und hin und wieder konnte ich stolz auf einen Tag zurückblicken und sagen, dass ich viel geschafft hatte. Bis dahin hatte ich diese Wirkung der To-Do-Liste immer für einen Mythos gehalten, aber es ist wahr!

Und dann kam der Bruch und ich wurde zu demselben faulen Sack Kartoffeln, der ich gefühlt immer war. Das ist vielleicht eine kleine Übertreibung, aber seit ich keine Listen mehr schreibe, fühle ich meine Produktivität den Bach runtergehen, ich kann mich kaum aufrappeln für wichtige Aufgaben, lasse Dinge unbeendet liegen und ärgere mich eigentlich nur selber darüber.

Darum, ganz offiziell, erkläre ich die Wiederaufnahme dieser guten Angewohnheit zu meinem nächsten, persönlichen Ziel! (Denn jetzt gerade, denke ich noch, dass das hier irgendwelchen Druck auf mich ausübt, aber wie zu Beginn bereits erläutert: Tut es nicht wirklich! Aber zumindest werde ich mich in ein paar Monaten beim Nachlesen drüber ärgern.)

Gleichzeitig mit den To-Do-Listen ist allgemein ein wenig die Motivation geschwunden (abgesehen von gelegentlichen Schüben, üblicherweise sind diese aber nur von kurzer Dauer). So hatte ich zum Beispiel große Pläne und Ideen für die Monate nach dem Zwischenseminar und jetzt sind anderthalb davon rum und ich bin nicht wirklich zu irgendetwas gekommen. Und das Schlimmste ist, die einzige Entschuldigung ist meine eigene Faulheit.

Vielleicht hängen beide Phänomene zusammen, ziemlich sicher tun sie das. Nun muss ich selbst schauen, wie ich aus diesem Loch wieder rauskomme. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass dieser Blogeintrag ein guter Anfang ist. Denn auch hierfür musste ich mich echt aufrappeln. Kann ich eine Runde Applaus bekommen? Danke im Voraus.

Aller Wirbel findet mal sein Ende… bevor es wieder los geht

Was passiert mit deinem Körper, wenn du dein Zuhause verlässt und in eine neue Umgebung eintauchst?

Er wird mit Adrenalin geflutet. Du spürst die Motivation. Überall willst du was sehen, jeden Tag etwas machen, keine Nacht mehr schlafen, denn wehe du verpasst etwas.

So habe ich es oft schon auf Kongressen, Seminaren, Klassenfahrten, etc. erlebt. Und so war es auch hier.

In den ersten Wochen gab es für uns keine ruhigen Wochenenden. Immer wurde etwas unternommen, eine Tour hierhin gemacht, dieses Museum besichtigt, dieser Teil der Stadt erkundet. Selbstverständlich war das jedoch kein Alltag, den man ein Jahr lang durchhalten könnte.

Inzwischen ist Ruhe eingekehrt (wer die vorigen Einträge durchliest, hat das wahrscheinlich schon des Öfteren gehört).

Die Arbeit läuft sehr routiniert ab, die offensichtlichen Dinge in Kapstadt haben wir (fast) alle gesehen. Das resultiert darin, dass wir uns immer öfter mal „ein ruhiges Wochenende“ gegönnt haben. Damit habe ich dann auch realisiert, dass mein Leben hier eigentlich fast nur aus der Arbeit besteht, es sowas wie einen richtigen Freundeskreis nicht gibt, „nur“ einige teilweise sehr gute Bekanntschaften, aber nichts zu festes und das einzige Hobby unser Fitnessstudio auf dem Rückweg von der Arbeit war.

Auf einmal gab es nicht mehr diesen aufregenden Trubel und die Fragen „Wo wollen wir heute hin? Was wollen wie an diesem Wochenende machen?“ Es wurde nicht direkt langweilig, aber doch sehr ruhig.

Ein erster Schritt, um dies zu ändern, war mein Einstieg beim Volleyball-Team der der UCT, der University of Cape Town. Volleyball war seit sechs Jahren mein Hauptsport zuhause in Deutschland und in all dem Durcheinander habe ich es nicht geschafft, mich hier darum zu kümmern, weiter zu spielen.

(Unnötige Info am Rande: Eine der Leiterinnen unseres Zwischenseminares in Durban ist die Verlobte des neuen Trainers meiner Mannschaft von zuhause! Diese Welt ist so klein…)

Also habe ich mich meiner Mitfreiwilligen Leonie am ersten Montag nach dem Seminar angeschlossen und bin mit ihr zum Campus gefahren, auf zu unserem ersten Training nach vielen Monaten.

Und es war wie das Wiedersehen mit einem Freund nach lange, langer Zeit. Das Gefühl des Balles in den Händen, das Pritschen und Baggern… nur wer einen Sport wirklich liebt und dann für einige Zeit nicht praktizieren konnte, wird verstehen, wovon ich rede.

Inzwischen gehe ich konsequent zwei Mal die Woche für zwei bis drei Stunden zum Training. Zu Beginn gibt es immer eine kleine Fitnesseinheit, meistens ein Lauf über das Uni-Gelände und durch die Umgebung mit kleinen Übungen und Drills. Ich kann nicht sagen, dass ich zufrieden mit meiner sportlerischen Leistung bin, aber ich merke, wie ich mit wieder verbessere, ein gutes Level erreiche und wie gut mir der Mannschafts- und Ballsport im Allgemeinen bringen. Es ist einfach doch etwas anderes, als ins Fitnessstudio zu gehen.

Auch in das Team habe ich mich (glaube ich) gut eingelebt. Die Namen sind zur Hälfte drin und das unangenehme Gefühl des „Neuen“ vom Beginn ist größtenteils verschwunden. Nur wenn es dann wirklich ans Spielen geht, wird es manchmal noch kompliziert, denn da hat jede Mannschaft ihre Eigenheiten, gerade wenn es um Positionen, Spielsysteme, Rufe und Ähnliches geht, aber das ist alles Übungssache.

Gemeinsam mit dem Frauenteam haben wir am achten März auch unser erstes so genanntes „Social“ veranstaltet. Unsere beiden Mannschaften haben an dem Abend zusammen Pizza gegessen, Musik gehört und getanzt, ein Quiz gespielt und sich besser kennengelernt. Es war nur eine kleine Sache, aber trotzdem etwas, das ich sehr schön fand, da solche Abende in meinen Augen viel zu selten stattfinden. Auch habe ich so einige Teamkollegen betrunken erleben dürfen: Es war ein Fest, sag‘ ich euch!

„This is me!“

Mich persönlich hat vor meiner Ausreise die Frage nach der Identität sehr beschäftigt. Wer bin ich eigentlich? Was ist eigentlich meine Bestimmung? Mein Ziel? Sicherlich große Fragen, auf die schon seit vielen Jahren Antworten gesucht werden, von diversen Menschen auf diesem Planeten. Und ich erinnere mich noch an eine Situation mit meiner Mutter beim Essen, als ich meinte, dass diese Erfahrung, die ich hier machen werde, bei der Selbstfindung eine ganz entscheidende Rolle spielen wird. Sie meinte darauf nur, dass ich der Letzte sei, der sich selbst finden müsse. Bis heute würde ich ihr da gerne widersprechen.

Ich bin mir nicht sicher, ob irgendwer jemals eine hundertprozentige Sicherheit über die eigne Person erlangen wird. Es wird immer offene Fragen geben. Und diese gilt es zu klären.

Für mich stachen bisher vor allem folgende Dinge diesbezüglich heraus:

Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen als Betreuer/Vertrauensperson/Berater/Lehrer gefällt mir. Ich habe sehr viel Spaß an meiner Arbeit, besonders wenn es darum geht, Einheit für die Kids vorzubereiten. Klar, die Anstrengung darf nicht vergessen werden. Es kommt nicht unbedingt selten vor, dass ich nach der Arbeit am liebsten tot ins Bett fallen würde. Doch dann laufen die Kinder am nächsten Tag schreiend und grinsend auf mich zu und wollen wir unbedingt eine Umarmung geben. Da ist jede Müdigkeit zumindest kurz vergessen. Darum kann ich mir vorstellen zumindest für eine Weile auch in Zukunft auf ähnliche Weise zu arbeiten.

Was mir nicht unbedingt neu war, aber doch eine kleine Wiederentdeckung war meine Liebe zum Schreiben. Nicht, dass ich inzwischen ganze Romane schreibe, schön wär’s. Aber es ist doch auffällig, wie beruhigend und entlastend es sich anfühlt ein paar Absätze zu tippen und die Worte aus den Fingern fließen zu lassen. Für mich hat das Ganze eine beinahe therapeutische Wirkung. Zumeist kommt dann nicht gerade das neuste Werk der Bestsellerlisten zustande, aber kleine Texte oder Passagen, die mir sonst tagelang durch den Geist wandern würden. Wäre da doch nur nicht Netflix, der ultimative Motivationsstopper, wenn es um produktive Arbeit geht.

Weiter vertiefen und entdecken konnte ich hier in Südafrika meine Liebe zur Natur und unserem Planeten. Langsam passe ich mein Leben einem nachhaltigeren Stil an, versuche bewusster zu leben und zu konsumieren. Beispielsweise esse ich daheim nur noch vegetarisch, außer es gibt einen wahren Anlass, doch mal wieder Fleisch zu servieren. Dazu kommen Dinge wie eine neue Bambuszahnbürste, der Verzicht auf herkömmliche Shampoos und Duschgels aus der Flasche oder selbst gemachte Aufstriche (danke, Mama, für das Rezept). Nebenbei bilde ich mich natürlich auch immer weiter, informiere mich über bestimmte Themen genauer, wie neulich bei einem Workshop über Zero Waste und versuche aktiv diese Entwicklung zu einem umweltschonenderen Leben weiter voranzutreiben. Das kann oft auch sehr frustrierend sein, zum Beispiel wenn man Leute beobachtet, die leere Chipstüten dem Wind überlassen oder ihren Müll am Strand auch auf Nachfrage einfach stehen lassen. Es würde sich ja schon wer drum kümmern. Aber auch diese Momente, in denen man an den positiven Auswirkungen des eigenen Engagements zweifelt, dürfen kein Grund sein, nicht mehr weiter zu kämpfen. Dafür mache ich mir viel zu viele Sorgen, besonders wenn ich daran denke, in was für einer Welt ich mein Kind aufwachsen sehen möchte.

Passend zu diesem letzten Thema habe ich auch meine vorläufige Zukunft gestaltet. Irgendwann im März habe ich meine Bewerbung für ein „kreatives Schreiben“-Praktikum hier in Kapstadt eingereicht, bei einer NGO, die sich mir Wiederaufforstung, Umweltbildung und Nachhaltigkeit beschäftigt, namentlich greenpop.

Wer jetzt noch einmal einen kurzen Blick auf die zwei vorherigen Absätze werfen mag wird feststellen: „Wow, das klingt doch nach einem Traumjob für dich!“

Genau das habe ich mir auch gedacht. Und jetzt warte ich nur noch auf eine Rückmeldung der Organisation, nachdem das erste Bewerbungsgespräch mit einer Frau der Vermittlungsagentur für greenpops Praktika sehr gut gelaufen war.

Wenn dann alles glatt läuft würde ich im Januar 2020 zurück nach Kapstadt kommen, hier für sechs Monate arbeiten und wahrscheinlich nie wieder nach Deutschland zurückkehren. Das ist jetzt vielleicht ein wenig übertrieben, aber ich liebe es hier wirklich sehr!

Meine Leidenschaft für die Rettung unseres Planeten durfte ich auch vor zwei Wochen sehr dreckig ausleben. Mitten im Nirgendwo in einem uralten Wald habe ich ein Wochenende lang gecampt, getanzt, gefeiert und… Bäume gepflanzt. Beim Reforest Fest im Platbos Forest kamen mehrere hundert Menschen zusammen, um an einem Tag 7.500 Bäume in die Erde zu setzen. Wer sich das jetzt vorstellt wie folgt: „Schaufel, Loch, Baum rein, Loch zu, fertig“, der liegt gehörig falsch.

Zuerst wurde in der Form eines Cs ein ein Meter langer Wall aufgeschüttet, sodass eventuell ablaufendes Wasser aufgefangen werden kann. Die Öffnung dieses Cs war dabei immer hangaufwärts gerichtet. In der Öffnung des Cs galt es dann ein rechteckiges Loch auszuheben und mit Mulch zu füllen. Danach konnten zwischen Mulch und Wall im Halbkreis fünf bis sechs Bäume gepflanzt werden.

Ich war glaube ich seit meiner Zeit im Waldkindergarten nicht mehr so dreckig.

Im Endeffekt hatte ich eines der schönsten, spannendsten und aufregendsten Wochenenden seit Langem!

Abgesehen natürlich vom ersten Märzwochenende.

Es war Pride.

(Wem das nichts sagt… … …)

Am Samstagnachmittag haben wir uns mit zwei Bekannten zusammengeschlossen und uns der Parade durch die Stadt angeschlossen. Für mich war es das erste Mal, die letzten Jahre habe ich es leider nie zum CSD nach Hamburg geschafft außer zur Afterparty 2018.

Um es kurz zusammenzufassen: Ein bunter, lauter, lustiger Nachmittag mit Musik, Tanz und (wer schon wollte) Alkohol. Nach ein paar Stunden im Greenpoint Park haben wir uns einen Uber nach Hause geleistet. Dort hieß es dann Umziehen im Eiltempo, alle nötigen Sachen packen und weiter ging’s, zurück in die Stadt zum Zer021, dem bekanntesten queeren Club der Stadt.

Und es war voll.

Und es war lustig.

Und es war einfach herrlich von so vielen LGBTIQ+-Menschen umgeben zu sein, besonders an einem Wochenende wie diesem. Ich glaube ich hatte selten so viel Spaß beim Feiern. Meine Mitbewohnerinnen haben nach ein paar Stunden dann auch recht zügig das Feld geräumt und sind nach Hause ins warme Bett geflüchtet, während ich bis halb fünf eine perfekte Nacht hatte.

Nach einer guten Dreiviertelstunde vorm Club wurde ich dann eingesammelt. Gemeinsam mit Leonie und ein paar Bekannten ging es in der Dunkelheit (und in meinem Fall ohne eine Minute Schlaf in den Knochen) den Lion’s Head hinauf.

Die Aussicht war unfassbar. Kapstadt ist sehr weitläufig. Sprich man hatte Ausblick auf einen Ozean aus flackernden Lichtern, während am Horizont langsam die Sonne über die Berge kletterte.

Oben angekommen habe ich erst einmal ein Nickerchen gemacht und den eigentlichen Sonnenaufgang verpennt, aber ich habe es echt nicht mehr ausgehalten…

Und ja. Ich lag zwei Tage danach krank im Bett. Aber gelohnt hat es sich trotzdem.

Ich denke, nach über sechs Seiten Getippe ist dann auch mal gut. Hier ist es jetzt 01:07 Uhr, am Samstagmorgen. Also technisch gesehen nicht mal mehr Freitag. Jetzt wollte ich eigentlich noch ein paar Bilder einfügen, aber warum das nicht geht, erzähle ich vielleicht beim nächsten Mal.

Nun brauche ich meinen wohl verdienten Schlaf. Ansonsten verpenne ich in ein paar Stunden noch die Landung, wenn meine Eltern und meine Schwester mich besuchen kommen,

hier,

auf der anderen Seite der Welt.

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