Update Wohnsituation & Arbeit im Projekt

Es ist wieder soweit: nach langer Zeit gibt es ein Update aus meinem Leben hier in Buenos Aires!

Die neue Wohnsituation

Nach zweieinhalb Monaten, Anfang November, bin ich endlich aus der Esmeralda-WG ausgezogen, und überraschenderweise und anders als geplant, ganz alleine. Der Freiwilligendienst nimmt für mich nun eine ganz neue Form an und es hat sich dadurch Einiges verändert, im positiven Sinne. Der Weg ins Projekt ist jetzt kürzer (sollte er zumindest eigentlich sein, aber die Züge fahren sehr unregelmäßig aus mehreren Gründen, das wird sich hoffentlich alles einpendeln), ich wohne jetzt nicht mehr in Capital Federal, sondern in der Provinz Buenos Aires in Ezpeleta, und hier ist alles viel ruhiger, vor allem, da hier viel weniger Verkehr und Menschen auf der Straße sind und das einzige, was man ab und zu hört, sind vereinzele Autos oder das verstummte Bellen eines Hundes in der Ferne – ich fühle mich viel wohler damit und habe nicht mehr das Gefühl, vom Großstadtleben „erdrückt“ zu werden. Außerdem komme ich – bis jetzt zumindest – sehr gut damit klar, alleine zu leben. Ich hatte anfangs zwar die Bedenken, mich alleine zu fühlen. Das Schöne ist, dass ich jetzt auch sehr herzliche liebe argentinische Nachbarn habe. Zwei Tage nach dem Einzug wurde ich direkt zum Essen eingeladen, es war ein richtig schöner Abend, und am Tag darauf wieder, und wieder, und wieder –und in den erste zwei Wochen musste ich mir nur einmal selbst Essen zubereiten, weil wir entweder immer gemeinsam kochen oder mir meine KollegInnen aus dem Projekt etwas für zuhause mitgeben, daran habe ich mich viel zu schnell gewöhnt ;).

Meine Nachbarn und ich verstehen uns wirklich sehr gut und verbringen dementsprechend auch viel Zeit miteinander, essen zusammen Abendessen, tauschen Musik aus, unterhalten uns und lachen gemeinsam und merken dann plötzlich, es sind schon fünf Uhr morgens, die Zeit vergeht wie im Fluge! Oder es klopft jemand am Fenster und ruft: „Sophi, komm rüber, lass uns zusammen Mate trinken!“. Ich bin super glücklich hier und dankbar dafür, so liebe Menschen so nah um mich herum zu haben. Außerdem ist es genau das, was ich mir die ganze Zeit gewünscht habe, nicht nur in der deutschen Blase gefangen zu sein, sondern die Menschen hier vor Ort kennenzulernen, Zeit zu verbringen und sich auszutauschen.

Außerdem möchte ich nochmal erwähnen, dass es anfangs und ab und zu weiterhin große Spannungen zwischen mir und meiner Freiwilligen gab, und das hat mich, zusammen im Allgemeinen mit der vorherigen Wohnsitation, in den ersten Wochen ziemlich belastet. Zum einen, weil wir sehr unterschiedliche Menschen sind und, zum anderen, weil es schwer sein kann, sich sowohl Zuhause als auch im Projekt den ganzen Tag gegenüber zu stehen, vor allem in der Eingewöhnungsphase. Über die Zeit haben wir beide gelernt, uns Freiräume zu schaffen und so mehr Abstand zueinander aufgebaut. Auch auf Arbeit hat es sich gebessert, da wir beide jetzt verschiedenen Bereichen zugeteilt sind, ich mit den Kindern und meine Mitfreiwillige mit den Jugendlichen arbeitet, und, für meinen Teil habe ich auch so die Möglichkeit bekommen, mich nochmal besser als Individuum zu zeigen. Jetzt ist deutlich weniger Spannung zwischen uns und auch der Abstand größer, was uns beiden bisher und in Blick auf die folgende Zeit des FWD gut tun wird.

Schwierige Situationen im Projekt

Nun zur Arbeit im Projekt: das muss ich einfach nochmal loswerden, es gefällt mir hier nach wie vor super! Und fast jeden Tag komme ich von der Arbeit mit einem Lächeln im Gesicht nach Hause, und abends vor dem Schlafengehen denke ich nochmal nach über all die schönen Geschehnisse und Begegnungen, die lustigen Momente und das laute Gelächter, die warmen und herzlichen Umarmungen der Kinder und meiner KollegInnen. Es gibt aber auch die Tage, an denen denkt man schon noch länger über die Geschichten der Kinder und Jugendlichen aus ihrem Alltag nach, was bei ihnen zuhause und auch außerhalb abgeht. Die TeilnehmerInnen im Projekt kommen aus teils sehr schwierigen Verhältnissen, geprägt von Missbrauch und Gewalt. Manchmal fällt es mir schwer, mich davon ausreichend zu distanzieren, die Geschichten der TeilnehmerInnen sind oft so überwältigend, dass ich mich im Gespräch sehr zusammenreißen muss, auch im Nachhinein beschäftigen sie mich. Ich bin dankbar dafür, zu einigen der Kinder und Jugendlichen nach kurzer Zeit schon dieses Vertrauen aufgebaut zu haben und dass auch ich, neben meinen KollegInnen, als Ansprech- und Vertrauensperson gesehen werde. Dennoch sind und bleiben es Gespräche, die mich als Freiwillige manchmal überwältigen, Gespräche, die viel Einfühlungsvermögen und Sensibilität verlangen. Man muss gar nicht immer danach suchen, das Richtige zu sagen, es reicht aus, dem Gegenüber ein offenes Ohr zu bieten und zuzuhören. Mir hilft es immer, mich im Nachhinein mit meinen KollegInnen darüber auszutauschen, auf diese kann ich mich immer verlassen, ich gebe die im Gespräch an die Oberfläche gekommenen Umstände der Kinder und Jugendlichen an sie weiter und in dynamischer Zusammenarbeit, auch mit anderen Institutionen wie beispielsweise den Schulen, dem Gesundheitszentrum (PsychologInnen) und den betroffenen Familien, wird dann nach Lösungen und möglichen Auswegen für die Kinder und Jugendlichen aus diesen schwierigen Situationen gesucht.

Un abrazo, Sophi

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